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Lügen der Lebensmittelindustrie: Von wegen „frei von“ – Wie Geschmacksverstärker versteckt werden

Vor allem Fertigsuppen werden oft mit dem Spruch „frei von Geschmacksverstärkern“ beworben. (Symbolbild: Getty Images)
Vor allem Fertigsuppen werden oft mit dem Spruch „frei von Geschmacksverstärkern“ beworben. (Symbolbild: Getty Images)

Auf vielen Produktverpackungen steht vorne groß drauf, worauf in dem Lebensmittel verzichtet wurde. Das soll die Verträglichkeit des Produktes bewerben und nicht wenige Verbraucher halten die oft teureren Nahrungsmittel dann auch für gesünder. Dabei nützt den meisten Menschen dieses „frei von“-Label gar nichts. Im Gegenteil.

„Frei von Glutamat“, „frei von Zucker“, „glutenfrei“, oder „laktosefrei“: Produkte mit Aufschriften wie diesen sind mittlerweile in jedem Supermarkt zu finden. „Frei von“-Nahrungsmittel erscheinen damit besonders gut verträglich und gesund – und deshalb greifen viele Menschen zu: Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa ergab, dass neun bis zwölf Prozent der Verbraucher Lebensmittel aufgrund von Laktose, Fruktose oder Gluten meiden. Ein gutes Geschäft für die Hersteller. „Frei-von“-Produkte sind in aller Regel wesentlich teurer als andere Lebensmittel.

Immer wieder finden sich verheißungsvolle Versprechen wie „zuckerfrei“ oder „glutenfrei“ auf Nahrungsmitteln, die ohnehin von Natur aus frei von diesen Inhaltstoffen sind. „Produkte, die mit dem Hinweis ,ohne Zuckerzusatz‘ beworben werden, enthalten trotzdem oft große Mengen Zucker – von Natur aus. „Einem Früchtemüsli mit diesem Claim wurde demnach kein Zucker zugesetzt, aber in den Trockenfrüchten steckt reichlich Zucker“, erklärt Ernährungsexpertin Sabrina Schulz von der Verbraucherzentrale Berlin. Sie rät dazu, in der Nährwerttabelle auf dem jeweiligen Produkt nach dem Zuckeranteil zu schauen, der unter Kohlenhydrate aufgeführt ist. Hilfreich sei gerade bei Säften und Smoothies auch der Hinweis „enthält von Natur aus Zucker“. Problematisch werden diese Verpackungsversprechen, wenn dadurch eine Zutat verschleiert wird.

Insbesondere den sogenannten Glutamaten haftet mittlerweile ein schlechter Ruf an. Die Salze der nicht-essenziellen Aminosäure Glutaminsäure können Unverträglichkeiten auslösen. Auf der Zutatenliste verstecken sie sich hinter den Bezeichnungen E 620 bis E 625, weiß die Ernährungsexpertin. Diese chemisch hergestellten Zusatzstoffe befinden sich vor allem in Fertigprodukten, Tütensuppen oder Soßenpülverchen. Viele Produkte, auf denen „ohne geschmacksverstärkende Zusatzstoffe“ oder „frei von künstlichen Geschmacksverstärkern“ prangt, beinhalten statt künstlicher Glutamate aber sehr wohl Hefeextrakt als Ersatz. Jedoch: „Bei Hefeextrakt handelt es sich nicht um einen Zusatzstoff und deshalb hat Hefeextrakt auch keine E-Nummer“, erklärt die Expertin weiter. Es sei ein Lebensmittel und dürfe deshalb auch Produkten bei der Herstellung als Zutat zugesetzt werden.

Das Problem: „Hefeextrakt enthält jedoch von Natur aus Glutamat und wirkt deshalb auch geschmacksverstärkend. Es wird in der Zutatenliste als Hefeextrakt oder Würze gekennzeichnet – ohne den Hinweis, dass es Glutamat enthält“, so Expertin Schulz. Das Extrakt wird aus frischer Hefe hergestellt, indem das Innere der Hefezellen durch das Entfernen der Zellwand extrahiert wird. Es hat einen würzigen Eigengeschmack – und wirkt damit geschmacksverstärkend. Nach Angaben der European Association for Specialty Yeast Products (EURASYP) beträgt der Anteil von Glutamat im Hefeextrakt rund fünf Prozent.

Somit sind Hersteller laut Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung nur dazu verpflichtet, Glutamat als Geschmacksverstärker aufzuführen, wenn es im Produkt als chemischer Zusatzstoff in Reinform vorkommt. Hefeextrakt muss nicht als solches gekennzeichnet werden, weil es nicht als Geschmacksverstärker gilt.


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