London bestellt wegen Drohungen gegen Journalisten iranischen Top-Diplomaten ein

London hat den ranghöchsten iranischen Diplomaten in dem Land wegen "ernsthafter Drohungen gegen im Vereinigten Königreich lebende Journalisten" einbestellt. Das britische Außenministerium habe den Geschäftsträger Mehdi Hosseini Matin am Montag einbestellt, "um klarzustellen, dass das Vereinigte Königreich Todesdrohungen und eine Bedrohung der Medienfreiheit nicht duldet", erklärte der britische Außenminister James Cleverly.

Großbritannien werde "sich immer gegen Länder wehren, welche die Grundwerte der Meinungs- und Medienfreiheit bedrohen", fügte Cleverly hinzu.

Am Samstag hatte der private Fernsehsender Iran International bekanntgegeben, dass er auf Anraten der britischen Polizei seine Studios in London schließt. Hintergrund sei die Zunahme der "staatlich unterstützten" Drohungen gegen den persisch-sprachigen Privatsender, der viel über die Proteste im Iran berichtet, teilte Iran International mit. Demnach sollen zwei Journalisten Morddrohungen erhalten haben.

Die britische Polizei hatte erklärt, sie habe "ernsthafte Bedenken wegen der Sicherheit der Menschen, die bei diesem Unternehmen arbeiten".

Menschenrechtsaktivisten kritisierten die Schließung des Unternehmens mit rund hundert Mitarbeitern in der britischen Hauptstadt. Großbritannien sei "bestimmt in der Lage, die Sicherheit von Iran International zu garantieren. Es ist eine Frage des politischen Willens", erklärte Mahmood Amiry-Moghaddam, Direktor der in Norwegen ansässigen Iran Human Rights Group, im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Der Sprecher von Premierminister Rishi Sunak wies die Vorwürfe zurück und betonte am Montag vor Journalisten, dass die Polizei "extrem hart" daran gearbeitet habe, die Mitarbeiter des Senders zu schützen, und dass diese Bemühungen weitergingen. Zwei andere Sender berichten weiterhin auf Persisch aus Großbritannien: BBC Persian und Manoto TV.

Großbritannien verhängte am Montag auch neue Sanktionen gegen drei iranische Richter, die die Todesstrafe gegen Demonstranten verhängt hatten, sowie gegen fünf Kommandeure der iranischen Revolutionsgarden. Die Sanktionen beinhalten das Einfrieren von Vermögenswerten und ein Visumsverbot.

Auch die Europäische Union verschärfte am Montag wegen des gewaltsamen Vorgehens gegen die Protestbewegung ihre Sanktionen gegen den Iran. Die EU-Außenminister belegten 32 weitere iranische Verantwortliche sowie zwei Organisationen mit Vermögens- und Einreisesperren, wie aus der im Amtsblatt veröffentlichten Sanktionsliste hervorgeht. Darunter sind die iranischen Minister für Kultur und Bildung, Mohammad Mehdi Esmaeili und Yousef Nouri.

Im Iran wird seit Monaten gegen die Regierung in Teheran demonstriert. Die Proteste waren durch den Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini im September ausgelöst worden. Sie war von der Sittenpolizei wegen angeblichen Verstoßes gegen die strikten islamischen Bekleidungsvorschriften festgenommen worden und kurze Zeit später in einem Krankenhaus gestorben. Aktivisten werfen den Behörden vor, Amini misshandelt zu haben. Bei den Protesten wurden bereits hunderte Menschen getötet und tausende verhaftet.

kbh/dja