Von der Lippe, Heinrich, Plasberg: Ist hier ein "Zimmer frei!"?

Eine neue WDR-Show will in die Fußstapfen des legendären Formats "Zimmer frei?" treten und dabei Peinlichkeiten auf den Grund gehen. Jürgen von der Lippe und Sabine Heinrich moderieren. Funktioniert das Ganze?

Seit im September 2016 die letzte Folge der legendären WDR-Unterhaltungsshow "Zimmer frei!" über den Bildschirm flimmerte, sucht der Kölner Sender nach einem Nachfolgeformat. Nun glaubt man es gefunden zu haben: "Nicht dein Ernst!" lautet der Name des späten Sonntagabend-Programms (Premierensendung: 26. Januar, 22.15 Uhr, WDR). Nicht nur der Sendeplatz erinnert am "Zimmer frei?", auch die Herangehensweise erscheint auf den ersten Blick ähnlich: Zwei dem schlagfertigen Humor verbundene Medienprofis, Jürgen von der Lippe und Sabine Heinrich, laden sich einen prominenten Gast ein (zum Debüt ist Frank Plasberg dabei), um mit ihm über peinliche Lebenssituationen zu parlieren, die jeweils einem bestimmten "Anwendungsbereich" enstammen. Zum Auftakt wird das Gebiet "Partys und Einladungen" abgegrast. Was tun wir, wenn man sich an ein seltsam vertraut auftretendes Gegenüber partout nicht erinnern kann? Wie geht man mit nervigen Gästen um, die alle volllabern? Ist es in bestimmten Situationen okay, wenn man sagt, dass einem das Essen nicht schmeckt?

Die 45-Minuten-Show, vor Publikum aufgezeichnet, will jedoch kein Knigge-Kurs mit Prominenten sein, sondern eher das, was "Zimmer frei!" mit Götz Alsmann und Christine Westermann über 20 Sendejahre immer wieder so souverän leistete: ein Format, in dem Promis auf intim-charmante Art privat werden, in dem Wortwitz und Schlagfertigkeit vorherrschen, in dem aber - trotz der Vorgabe, Unterhaltung abzuliefern - auch eine gewisse "Druckbefreitheit" herrscht. Nach dem Motto: Wir können hier lustig sein, müssen es aber nicht. Vielleicht wird es auch nur eine gemütliche Plauderei. Damit die Sendung "Nicht dein Ernst!", die mit dem Untertitel "Die Dilemma-Show" antritt, bloß nichts schiefgeht, bietet der WDR zur ersten von acht Sendungen drei absolute Showprofis auf: Neben den fixen Gastgebern Jürgen von der Lippe (71) und Sabine Heinrich (43) muss Frank Plasberg (62) aus seinem und dem Party-Nähkästchen seiner Frau Anne Gesthuysen plaudern.

Zu wenig Charme und Chaos

Und Plasberg, der derzeit bei seinem ARD-Talk "Hart aber fair" aufgrund einer Erkrankung pausieren muss, liefert in der aufgezeichneten Show: Er erzählt von einem Etepetete-Dinner, zu dem man aus Unkenntnis in schluffigen Klamotten antrat und warum er nicht eifersüchtig ist, wenn seine Frau mal alleine abends unterwegs sei. Auch die Gastgeber packen ein bisschen Stoff aus ihrem Leben aus, das gehört zum intimen Dreier-Plausch dieser Art dazu. Einspieler mit Schauspielern, die bestimmte Situationen, wie "den nervigen Gast" oder Allergie- und Diätprobleme bei einem Abendessen launig verdeutlichen sollen, sind ebenfalls Teil der von WDR in Zusammenarbeit mit SEO Entertainment ("Laura Karasek - Zart am Limit") produzierten Show.

Nach Ansicht der ersten 45 Minuten muss man sagen: Das Konzept geht durchaus auf. Natürlich funktionieren die drei erfahrenen Medienprofis von der Lippe, Heinrich und Plasberg vor der Kamera. Die Gags sitzen, ein paar Geständnisse und Plaudereien aus dem Privatleben erscheinen neu, die Atmosphäre ist wohlwollend und dem Leichten zugewandt. Was "Nicht dein Ernst!" jedoch fehlt, sind Charme und Chaos. Etwas Überraschendes, das die Gäste - wie während der Spiele und Gesangseinlagen in "Zimmer frei!" - auch mal in die Bredouille bringt. Ein wenig zu gleichförmig reitet das "Nicht dein Ernst!"-Trio in der ersten Sendung durch sein virtuelles Party-Programm. Echte Überraschungen? Fehlanzeige!

An den folgenden Sonntagen, jeweils um 22.15 Uhr, folgen weitere Versuche gelebter Leichtigkeit auf der WDR-Showbühne. Mit folgenden Themen und Gästen: Sex & Partnerschaft (Janine Kunze, 2. 2.), Körper (Meltem Kaptan, 9.2.), Eine neue Liebe (Sven Lorig, 16.2.), Kinder (Elena Uhlig, 1.3.), Social Media (Jana Ina Zarrella, 8.3.), Geld (Michael Kessler, 15.3.) und Unter Leuten (Khalid Bounouar, 22.3.). Bleibt zu hoffen, dass es in einer der sieben Nachfolge-Sendungen auch mal so richtig turbulant oder auch mal peinlich wird. Warum denn nicht. Nur durch echte Irritation, man könnte auch sagen: durch Wagemut, werden Unterhaltungskonzepte der Marke "Nicht dein Ernst!" im Fernsehen zu etwas Besonderem.