Linken-Chef Schirdewan befürchtet Unterwanderung der Friedensbewegung von rechts

Linken-Parteichef Martin Schirdewan hat vor einer Unterwanderung der Friedensbewegung durch extrem rechte Kräfte gewarnt. "Ich sehe mit Sorge, dass die extreme Rechte massiv zu mobilisieren scheint", sagte Schirdewan am Donnerstag dem Portal Zeit Online mit Blick auf die anstehenden Demonstrationen zum Jahrestag des Ukraine-Krieges. Auch das Bundesinnenministerium warnte vor einer Beeinflussung von Kundgebungen durch Rechtsextremisten. Die AfD-Spitze rief zur Teilnahme an den von ihr unterstützten Demonstrationen zum Jahrestag auf.

Schirdewan äußerte die Befürchtung, "dass die Friedensbewegung dadurch Schaden nimmt, dass die AfD versucht, bestimmte Positionen und auch Kundgebungen für sich zu vereinnahmen". Ausdrücklich kritisierte er in diesem Zusammenhang den Demonstrationsaufruf der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht: "Es muss eine klare Abgrenzung nach rechts geben. Die fehlt in dem Aufruf."

Wagenknecht hatte gemeinsam mit der Frauenrechtlerin Alice Schwarzer ein "Manifest für den Frieden" veröffentlicht. Beide haben zudem zu einer Großkundgebung am Samstag in Berlin aufgerufen. Diese wird auch von Gruppen der extremen Rechten beworben.

Das Bundesinnenministerium beobachtet eigenen Angaben zufolge verstärkte Mobilisierungsversuche von Extremisten infolge des Kriegs. "Rechtsextremisten gelingt es immer wieder, Versammlungen, die von einem heterogenen Spektrum besucht werden, sichtbar zu beeinflussen", erklärte das Ministerium am Donnerstag. Aktuell sei der Krieg mit der angekündigten Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine wieder "zu einem dominierenden Thema im rechtsextremistischen Spektrum" geworden.

Linken-Chef Schirdewan äußerte auch schwere Bedenken gegen die inhaltliche Ausrichtung des Wagenknecht-Schwarzer-Manifests. "Mir fehlt der Satz, dass die russische Armee in der Ukraine nichts zu suchen hat. Sie muss sich zurückziehen, das ist eine Voraussetzung für einen dauerhaften Frieden", sagte er. "Das Manifest von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer schweigt dazu bedauerlicherweise."

Das Manifest wurde inzwischen auch von führenden AfD-Politikern unterzeichnet, darunter Parteichef Tino Chrupalla. Dieser warb am Donnerstag für die Teilnahme an den von seiner Partei unterstützten Kundgebungen gegen den Krieg. "Wir sind die Friedenspartei", erklärte der AfD-Chef. Er forderte ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine.

Ko-Parteichefin Alice Weidel bemühte sich, den von der AfD geplanten Kundgebungen einen überparteilichen Anstrich zu geben. Jeder sei willkommen, "wir schließen niemanden aufgrund einer 'falschen' Parteizugehörigkeit aus", betonte sie am Donnerstag.

Zur Teilnahme an der Wagenknecht/Schwarzer-Kundgebung rief auch die Linken-Außenexpertin Sevim Dagdelen auf. "Die Bundesregierung muss die massiven Waffenlieferungen an die Ukraine, die Deutschland immer stärker am Krieg beteiligen, endlich stoppen", erklärte die Bundestagsabgeordnete. Deutschland müsse sich "jetzt für eine sofortige Waffenruhe ohne Vorbedingungen einsetzen".

Ein pro-ukrainisches Signal im Demonstrationsgeschehen will am Freitag unter anderem die exilukrainische Organisation Vitsche mit einer Großkundgebung in Berlin setzen. Zu den Mitorganisatoren und Unterstützern zählen das Zentrum liberale Moderne und die Organisation Campact.

"Der brandgefährlichen Allianz aus linken Putin-Verstehern und rechtsextremen Trittbrettfahrern dürfen wir nicht die Straße überlassen", sagte Campact-Geschäftsführer Christoph Bautz der Nachrichtenagentur AFP. "Wagenknecht und Schwarzer wollen die Solidarität Europas mit der Ukraine beenden und betreiben Putins Geschäft der Desinformation und Spaltung."

Vitsche-Geschäftsführerin Krista-Marija Läbe sagte: "Wir werden nie verstehen, warum Menschen wie Frau Wagenknecht der Ukraine das Recht auf Selbstverteidigung und Selbstbestimmung entziehen wollen." Sie finde es "grausam, dass sie das Datum um den Jahrestag nutzen, um gegen die Unterstützung der Ukraine zu mobilisieren".

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