Ein Leben für den Tod

In der zweiten Staffel des kanadischen Überraschungserfolgs schwingt sich Gerichtsmedizinerin Dr. Jenny Cooper bei 13th Street wieder zur Anwältin der Toten auf. Immer begleitet von Angstzuständen und privaten zwischenmenschlichen Problemen.

Auf der schwarzen Jacke prangt der Schriftzug "Coroner" - auf Deutsch: "Gerichtsmedizinerin". Dr. Jenny Cooper (Serinda Swan) steht in einer düsteren Rauchwolke und blickt fassungslos in die Flammen, die aus dem Häuserblock lodern. Ein panischer Mann winkt aus dem Fenster, eine schreiende Frau will das Haus stürmen, um ihr Baby zu retten, ehe Jenny sie zu Boden reißt. Jennys erster Einsatz in der zweiten Staffel der kanadischen CBC-Serie "Coroner - Fachgebiet Mord" (donnerstags in Doppelfolgen, ab 7. Mai, 20.13 Uhr, 13th Street) beginnt im wahrsten Sinne des Wortes mit einem Knall. Denn kurz darauf folgt eine Explosion, die die Gerichtsmedizinerin zu Boden reißt.

Wenngleich der Crime-Drama-Mix, dessen erste Staffel international zum Überraschungserfolg avancierte, sonst mehr auf eine ruhigere, charakterbasierte Erzählweise setzt, steht die beschriebene Sequenz sowie die folgenden Szenen doch stellvertretend für das zentrale Motiv des kanadischen Exports: den Tod. Die sehenswerte Serie beruht auf der Bestseller-Buchreihe von Matthew Hall und zieht ihre Inspiration aus realen, düsteren Fällen.

Egal ob Jenny mit ihrem Kollegen Donovan McAvoy (Roger Cross) im Anschluss an das Feuer durch die ausgebrannten Zimmer der Wohnung wandert oder im kalten, klinischen Labor-Licht eine Obduktion durchführt: Der Tod ist allgegenwärtig. In der ersten Staffel war das Ableben ihres Mannes der Grund, dass sie den Beruf als Notärztin aufgab, um Gerichtsmedizinerin zu werden. Der Tod bestimmt jedoch nicht nur Jennys Berufs-, sondern auch ihr Privatleben.

"Wir behandeln kanadische Themen"

Auch Jennys charakteristische Angstzustände resultieren aus einem persönlichen Drama mit tödlichem Ausgang. Diese werden von Serinda Swan eindrucksvoll in allen Facetten verkörpert. Das lähmende Gefühl, das hochsteigt, das tiefe Durchatmen gegen die sich zuschnürende Kehle und die Tränen, wenn doch alles zu viel wird. "Wenn ich einen Angstanfall gespielt habe, konnte ich nicht loslassen: Du verkörperst wirklich diese Emotionen und richtest die Aufmerksamkeit darauf", erinnert sich Serinda Swan, wie sehr sie die Darstellung dieser Angstattacken körperlich mitgenommen hat.

Das Setting in Toronto spielt für das Konzept der Serie eine entscheidende Rolle. "Wir behandeln kanadische Themen", stellt Hauptdarstellerin Serinda Swan klar. Dabei werden auch Aspekte der diversen kanadischen Gesellschaft beleuchtet: "In dieser Staffel gibt es eine Folge zur indigenen Jugend. Es ist wichtig, ihnen eine Stimme zu geben, da die indigene Bevölkerung ihre Geschichte in diesem Rahmen oft nicht erzählen kann", erklärt Swan.

Aufwachen mit dem Kopf im Kühlschrank

Dabei agiert Hauptfigur Jenny Cooper als Dreh- und Angelpunkt. Alle Handlungsstränge gehen von ihr aus oder beeinflussen sie direkt. Dementsprechend gibt es da noch eine Menge privater Probleme. Sowohl als Mutter als auch als Tochter sind Jennys zwischenmenschliche Fähigkeiten gefragt. Ihr homosexueller Sohn (Ehren Kassam) steht an der Schwelle zum Erwachsensein und muss bald auf eigenen Beinen stehen, ihr Vater (Nicholas Campbell) hat mit seiner fortschreitenden Demenzkrankheit zu kämpfen, und die Beziehung zu ihrem Freund Liam (Éric Bruneau) wird von ihren Ängsten überschattet.

Gegen ihre Angstzustände und Halluzinationen geht sie zum Therapeuten und schluckt im Akkord Tabletten. Teilweise versucht sie ihre Zustände geheimzuhalten. Doch wenn der erste Blick am Morgen auf ein Glas Oliven gerichtet ist, weil man mit dem Kopf im Kühlschrank geschlafen hat, ist die Lage bitterernst.