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Ich lebe und arbeite auf einer Yacht — so haben meine fünfköpfige Familie und ich gespart, um an Bord gehen zu können

PR-Agentin und Digitalnomadin Erin Carey
PR-Agentin und Digitalnomadin Erin Carey

Ich bin Gründerin und CEO von Roam Generation PR, einer Reise-PR-Firma. Seit Februar 2018 lebe ich an Bord einer Yacht – zusammen mit meinem Mann Dave und unseren drei Söhnen, dem 12-jährigen Hamish, dem 10-jährigen Jack und dem siebenjährigen Christian. Das Boot haben wir, ohne es vorher zu sehen, im Karibikstaat Grenada gekauft. Als wir auf der karibischen Insel ankamen, wussten wir nicht wirklich, was wir taten. Wir lernten jedoch nach und nach, machten auf dem Weg einige Fehler – und fühlten uns schließlich sicher genug, um nur 18 Monate später den Atlantik zu überqueren.

Unsere Inspiration war ein Film von Laura Dekker namens „Maidentrip“. Dekker ist der jüngste Mensch, der allein um die Welt gesegelt ist, und mein Mann und ich sahen ihren Dokumentarfilm ganz zufällig eines Abends nach einem langen Arbeitstag. Bis heute weiß ich nicht genau, was uns an der Dokumentation so tief berührt hat, aber als der Abspann lief, schauten wir uns beide mit funkelnden Augen an.

Was auch immer uns inspirierte, es war mächtig, denn es änderte vollständig die Marschroute unseres Lebens. Wir setzten uns sofort an den Computer und googelten „Familien, die um die Welt segeln“. Wir wussten nicht einmal, ob das mit Kindern möglich oder sicher ist. Aber als wir herausfanden, dass andere das bereits erfolgreich gemacht hatten, wurde unser Mantra: „Wenn sie es können, warum können wir es nicht?“ Innerhalb eines Monats erzählten wir unserer Familie und unseren Freunden, dass wir uns eine Yacht kaufen und auf ein zweijähriges Sabbatical gehen würden, um einen Teil der Welt zu umsegeln. Sie dachten, wir wären verrückt.

Als wir auf die Idee kamen, waren wir finanziell nicht in der Lage, eine Yacht zu kaufen und loszusegeln.

Familie Carey auf ihrem Boot, der „Roam“.
Familie Carey auf ihrem Boot, der „Roam“.

Wir hatten eine mittelgroße Hypothek, Kreditkartenschulden und wenig Ersparnisse. Wir beschlossen, rückwärts zu arbeiten. Also berechneten wir, wie viel Geld wir unserer Meinung nach brauchen würden, um ein Boot zu kaufen und zwei Jahre unbezahlten Urlaub von unseren Jobs zu nehmen. Dann haben wir uns überlegt, wie wir diesen Betrag einsparen können. Wir reduzierten sofort unsere Ausgaben, indem wir unsere Gewohnheiten einschränkten – das bedeutete, keine Mittagessen oder Abendessen außer Haus mehr und auch keine Designerkleidung, Taschen, Schuhe oder Sonnenbrillen.

Wir nahmen unsere Kinder von der Privatschule und schickten sie auf eine öffentliche Schule. Wir vermieteten ein freies Zimmer in unserem Haus an internationale Studenten. Wir verkauften unser Hab und Gut und fingen an, Kreditkartenpunkte für unsere Flüge nach Übersee zu sammeln. Außerdem bewarben wir uns für Beförderungen und bekamen sie schließlich. Zuletzt kündigten wir unsere private Krankenversicherung (in Australien ist es nicht so wichtig, eine Krankenversicherung zu haben, wie in den USA oder Deutschland), wechselten unsere Stromanbieter und strukturierten unsere Hypothek um. Im Grunde sparten wir jeden Cent, den wir konnten, um unseren Traum zu verwirklichen.

Wir waren erstaunt, wie viel wir sparen konnten, wenn wir uns wirklich anstrengten. Und je mehr wir sparten, desto entschlossener wurden wir. Nach zwei Jahren und zwei Monaten hatten wir schließlich genug Geld zusammen, um unser Boot zu kaufen, das 90.000 Dollar kostete. Mein Mann ist von Beruf Flugzeugtechniker, daher hatten wir Vertrauen in seine Fähigkeiten, die Yacht zu warten.

In den zwei Jahren vor unserer Abreise kauften wir außerdem einen gut 6 Meter langen Trailersegler, um das Segeln zu lernen. Mein Vater war ein ehemaliger Segellehrer, also brachte er uns die Grundlagen bei. Wir nahmen auch an Überlebenskursen auf See sowie Erste-Hilfe- und Seemannskursen teil und machten unsere Bootsführerscheine.

Nach monatelanger Recherche und dem Scrollen durch endlose Bootsanzeigen habe ich unser Boot tatsächlich auf Facebook gefunden. Es befand sich in Grenada – buchstäblich auf der anderen Seite der Welt. Wir haben das Boot von zwei unabhängigen Personen begutachten lassen, bevor wir uns für den Kauf entschieden. Dadurch brauchten wir nicht selbst auf die andere Seite der Welt zu fliegen und das Boot zu inspizieren. Mein Mann ging ohnehin nicht davon aus, den Gutachten irgendetwas hinzufügen zu können.

Wir arrangierten die Überweisung über eine ausländische Transfergesellschaft, die das Geld für uns auf einem Treuhandkonto verwahrte, bis der Papierkram erledigt war. Es war eine nervenaufreibende Erfahrung, aber im Nachhinein eigentlich relativ einfach. Das Boot lag da und wartete auf uns, bis wir uns drei Monate später ohne Rückflugticket in die Karibik aufmachten. Und wir hatten Glück: Die Yacht war genau, wie beschrieben. Wir waren extrem glücklich mit unserem Kauf – und sind es heute noch immer.

Unternehmens-Gründung auf der Yacht

Nach zwölf Monaten des Insel-Hoppings gründete ich eine PR-Agentur für die Unternehmen und Marken, die wir unterwegs entdeckten. Vor unserem Sabbatical arbeitete ich als Staatsbedienstete für die australische Regierung. In dieser Funktion war ich für die Befragung und Beurteilung von Personen für ihre Sicherheitsfreigabe verantwortlich. Ich sage gerne, dass ich mein Unternehmen vom Cockpit meiner Yacht aus aufgebaut habe – aber in Wirklichkeit saß ich die meiste Zeit in unserer Heckkabine. Stundenlang habe ich an dem Projekt gearbeitet, durch das wir unsere Auszeit in einen Vollzeit-Lebensstil verwandeln wollten.

Roam Generation arbeitet mit Reise- und Lifestyle-Marken und vertritt den Lebensstil, den wir selbst verkörpern. Das Leben auf einem Boot ermöglicht es uns, die Welt zu bereisen, während wir jede Nacht in unserem eigenen Bett schlafen. Wir legen an einigen der begehrtesten Orte der Welt an, treffen auf die Reichen und Berühmten und sehen den Sonnenuntergang wie Menschen von ihren millionenschweren Superyachten und Wassergrundstücken.

Eine Agentur vom Boot aus zu leiten, ist nicht wirklich anders als vom Land aus – abgesehen von gelegentlichen Einbrüchen der Internetverbindung. In vielen Punkten hatte ich im Vergleich zu einem stationären Büro keine Einschränkungen auf meiner Yacht. Meine Kunden befanden sich immer schon an verschiedenen Orten auf der ganzen Welt. Also haben wir immer per E-Mail und Zoom kommuniziert, Verträge über DocuSign unterzeichnet und Gelder über Wise, Stripe und PayPal gesendet. Meine Auftragnehmer haben auch immer aus der Ferne gearbeitet.

Ich habe einen virtuellen Assistenten in Australien, Texter in Amerika und Thailand sowie PR-Berater in mehreren US-Bundesstaaten, insgesamt also sechs Auftragnehmer. Es gibt Vorteile für Reise- und Lifestyle-Marken, die mit einer Remote-PR-Agentur zusammenarbeiten. Wir verstehen die Branche sehr gut, weil wir genau den Lebensstil leben, für den wir werben. Wir treffen immer neue Leute und unsere Reichweite ist wirklich global, weil wir Remote-Mitarbeiter auf der ganzen Welt haben – ganz zu schweigen davon, dass unsere Betriebskosten niedrig sind. Diese Einsparungen können wir direkt an unsere Kunden weitergeben.

Carey bei der Arbeit
Carey bei der Arbeit

Meine technische Ausrüstung besteht aus einem 16-Zoll-MacBook Pro und einem 24-Zoll-Monitor, der über einen schwenkbaren Arm an der Wand befestigt ist. In jedem Land, das wir besuchen, kaufen wir zwei bis drei SIM-Karten mit so vielen Daten wie möglich und betreiben dann Hotspots für unsere Geräte. Wir setzen eine dieser SIM-Karten in einen Digital Yacht 4G Pro Connect Router ein, der in unserem Boot installiert ist. Dieser nutzt die neueste MIMO-Technologie für einen schnellen, weitreichenden Zugang und beinhaltet einen vollwertigen WiFi-Router, sodass mehrere Geräte drahtlos verbunden werden können. Er verfügt auch über einen kabelgebundenen LAN-Port und einen WAN-Port.

Meine gesamte Ausrüstung wird entweder mit Solar- oder Windenergie betrieben, denn unsere Yacht ist autark und ermöglicht es uns, Ozeane zu überqueren und wochen- oder monatelang auf See zu bleiben.

"Ich fühle mich frei"

Der Trend zum digitalen Nomadentum wird weiter wachsen und darauf freue ich mich. Ich möchte, dass andere das erleben, was wir erleben, denn diese Erfahrung hat uns grundlegend verändert. Vorher habe ich in einem Büro gearbeitet und ich kann euch sagen, dass es mich seelisch erdrückt hat. Hier draußen fühle ich mich frei. Ich bin viel produktiver, viel inspirierter und viel glücklicher.

Zwar mache ich mir oft Sorgen, dass meine Agentur als weniger professionell wahrgenommen werden könnte, weil ich meine Geschäfte vom Boot aus betreibe und nicht in einem Bürogebäude. Ich denke jedoch, dass die Pandemie dazu beiträgt, die Wahrnehmung der Menschen in dieser Hinsicht zu verändern.

"Eine der größten Herausforderungen ist die Work-Life-Balance"

Eine internationale PR-Agentur mit Kunden auf der ganzen Welt zu leiten, bedeutet, dass ich schlafen gehe, wenn die andere Hälfte der Welt gerade aufwacht. Nach dem Aufstehen warten also immer schon wichtige Mails auf mich. Es bedeutet auch, dass mein Arbeitstag sehr lang sein kann, wenn ich nicht darauf achte, abzuschalten. Wenn Amerika schläft, kann ich Australien anrufen und umgekehrt.

Natürlich geht es auch in die andere Richtung. Die Verlockung einer neuen Stadt oder eines tropischen Strandes liegt immer direkt vor meiner Tür und manchmal kostet es mich all meine Kraft, den Computer nicht einfach auszuschalten und mich auf ein Abenteuer einzulassen.

Mit der Zeit habe ich Strategien entwickelt, um mich besser im Gleichgewicht zu halten, zum Beispiel E-Mails nicht nach dem Abendessen oder vor dem Frühstück zu beantworten (es gibt immer Ausnahmen – das gehört zum Job einer Publizistin). Ich gehe jeden Tag in die Natur, mache ein paar Mal pro Woche Sport und natürlich verbringe ich jeden Nachmittag Zeit mit meinen Kindern. Und da ich mein eigenes Unternehmen leite, können wir uns auch immer mal ein paar Tage freinehmen und zur Erholung Kurs auf eine abgelegene Insel nehmen.

"Nichts ist einfach"

Auf einem Boot zu leben und ständig zu reisen, ist dadurch unglaublich arbeitsintensiv und kann eine extreme Herausforderung darstellen. Selbst die Entscheidung, wohin man segeln will, kann nach einer Weile ermüdend sein. Nichts ist einfach.

Wenn wir zu einem neuen Ziel segeln wollen, müssen wir das in Übereinstimmung mit dem Wetter, den Zollbestimmungen und jetzt auch noch den Coronavirus-Bestimmungen tun. Das bedeutet einen enormen Rechercheaufwand, der zusätzlich zu einem ohnehin schon komplizierten Lebensstil viel Zeit in Anspruch nimmt.

Schließlich sind da noch die offensichtlichen Dinge, wie Platzmangel und drei tobende Kinder auf einer 14-Meter-Yacht. Außerdem besitzen wir kein Auto, brauchen für Einkäufe also gut und gerne mehr als einen halben Tag. Als wir vor der Pandemie in der Karibik segelten, war die soziale Community unglaublich. An fast jedem Ankerplatz gab es Familien auf Booten und für die Kinder war es wie ein großes Sommercamp. Wir schlossen mit vielen Leuten enge Freundschaften – meist durch gemeinsame Nöte wie kaputte Bootsteile oder die Suche nach Reparateuren. Einige dieser Freundschaften gehören zu den besten, die wir je hatten.

Während der Pandemie hatten wir das Glück, unsere Heimat Australien besuchen zu können. Wir hörten Geschichten von Familien, die monatelang auf Booten festsaßen und die ganze Zeit über keinen Fuß an Land setzen durften. Durch den Festlandurlaub hatten wir die Gelegenheit, noch einmal gründlich überlegen zu können, welches Leben wir bevorzugen.

Mein Mann muss nicht mehr arbeiten - er ist Kapitän und Lehrer der Kinder

Ende 2020 entschieden wir uns für das Boot. Also verkauften wir unser Haus und all unser Hab und Gut und machten das Wasser zu unserem dauerhaften Zuhause.

Bevor wir unser Boot gekauft hatten, lebten wir in einem Haus in Strandnähe mit drei Schlafzimmern, zwei Bädern und zwei Wohnbereichen. Als wir das erste Mal in See stachen, haben wir unser Haus zunächst vermietet und die notwendigen Rechnungen bezahlt.

Unsere Entscheidung für das Boot bedeutete für uns die totale Freiheit und die Möglichkeit, wirklich die Welt bereisen zu können – ohne Stress mit den Mietern oder eine Hypothek. Der Verkauf unseres Hauses bedeutete auch, dass mein Mann nicht mehr arbeiten musste. Er ist jetzt der Kapitän unserer Yacht und unterrichtet die Kinder zu Hause. Ich weiß definitiv, wessen Job härter ist (Kleiner Tipp: Es ist seiner!).

Jetzt sind wir schuldenfrei und besitzen unser Boot uneingeschränkt – ganz zu schweigen davon, dass wir ein Sicherheitsnetz auf der Bank haben, sollten wir es jemals brauchen. Ich bin mir sicher, dass wir eines Tages wieder ein Haus kaufen werden, wer weiß wo. Aber im Moment sind wir ziemlich glücklich, Roam (unser Boot) unser Zuhause zu nennen.

50.000 bis 60.000 Dollar pro Jahr für das Leben auf der Yacht

Die Lebenshaltungskosten auf einem Boot sind geringer.

Allein unsere Hypothek kostet die Hälfte unseres derzeitigen Budgets. Zugegeben, wir haben kein wertsteigerndes Objekt, aber wir haben auch keine Ausgaben für Fahrzeuge, Versicherungen, Stromrechnungen, Hypothekenzinsen oder andere Kosten, die mit dem Landleben verbunden sind.

Außerdem können wir an wunderschönen Orten auf der ganzen Welt leben. Und wenn uns unsere Nachbarn nicht gefallen, können wir den Anker lichten und umziehen. Wir schätzen, dass unser Budget für das Leben auf dem Boot etwa 50.000 bis 60.000 Dollar pro Jahr beträgt. Damit können wir ein paar Mal pro Woche auswärts essen gehen, ein Auto mieten, wenn wir eins brauchen, und ab und zu an Touren und Ausflügen teilnehmen.

Als wir Anfang 2021 auf unser Boot zurückkehrten, war das Leben definitiv anders.

In den letzten Monaten haben wir kaum Freunde oder andere Boote mit Kindern getroffen. Das mag an der Pandemie liegen, aber wir segeln auch in einem anderen Teil der Welt (dem Mittelmeer), der dafür bekannt ist, dass es weniger Familien auf Booten gibt.

Das hat unsere Zeit an Bord definitiv ein wenig schwieriger gemacht. Aber wie immer beim Bootsleben wissen wir, dass bessere Zeiten kommen werden und unsere neuen besten Freunde gleich um die Ecke sein könnten. Zum Glück ist die Community auch online extrem vernetzt. So konnten wir uns mit anderen segelnden Familien zu einem Treffen auf den Balearen verabreden.

Die größte Lektion bisher ist wohl, dass wir alle so viel mehr können, als wir uns selbst zutrauen.

Familie Carey, zur Abwechslung mal an Land
Familie Carey, zur Abwechslung mal an Land

Nach diesem Schritt glaube ich wirklich, dass noch größere Dinge auf uns zukommen werden. Wenn man große, beängstigende Dinge tut, gibt es kein Zurück mehr zu der Person, die man einmal war. Ich für meinen Teil glaube, dass das Leben zum Leben da ist. Und unser Bootsleben ist erst der Anfang.

Ich habe den Eindruck, dass digitale Nomaden oft als Social-Media-Influencer wahrgenommen werden, die mit ihrem Laptop am Strand sitzen und Cocktails aus Kokosnüssen schlürfen. Die Leute fragen mich immer noch, wie unser „Urlaub“ läuft.

Wenn die nur wüssten. Auf einem Boot zu leben und um die Welt zu segeln, während man gleichzeitig ein Geschäft führt und drei Kinder zu Hause unterrichtet, ist extrem harte Arbeit. Ja, ab und zu sieht unser Leben wie ein Urlaub aus – aber was Instagram nicht zeigt, sind die Stunden, die ich unten in meiner Kajüte mit Arbeiten verbracht habe. Oder die viele Arbeit, die Dave leistet, um dieses Leben am Laufen zu halten.

Ich glaube ehrlich gesagt, dass dies der Weg der Zukunft ist. Meine Kinder werden nicht den ganzen Tag in einem Büro sitzen – nicht nur, weil sie auf einem Boot aufwachsen, sondern weil die meisten Jobs aus der Ferne erledigt werden, während die Menschen die Welt bereisen. Ich hoffe, dass meine Kinder im Vorteil sein werden, weil sie gesehen haben, wie Mama und Papa das machen.

Dieser Artikel wurde von Steffen Bosse aus dem Englischen übersetzt. Das Original findet ihr hier.