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Lauterbachs Ministerium stoppt Nackt-Werbespots für Corona-Impfung aus Rücksicht auf ukrainische Flüchtlinge

Die alte offizielle Kampagne zur Covid-19-Impfung, für die die Bundesregierung viel Hohn einstecken musste: Viele Betrachter wurden an die Werbung für Klos auf Autobahnraststätten erinnert.
Die alte offizielle Kampagne zur Covid-19-Impfung, für die die Bundesregierung viel Hohn einstecken musste: Viele Betrachter wurden an die Werbung für Klos auf Autobahnraststätten erinnert.

Die Impfkampagnen der Bundesregierung waren seit Beginn der Corona-Pandemie eher ein Reinfall: Für die „Ärmel hoch“-Werbespots gab es Kritik, da einige der gebuchten Promis überhaupt nicht geimpft werden konnten und die Botschaft der Kurzfilme die Zielgruppe nicht erreichte. Noch mehr zerrissen wurde die blau-grüne Plakatwerbung: langweilig, wenig informativ, einige fühlten sich an das Logo eines Raststätten-Toilettenanbieters erinnert. Neidisch blickten die Deutschen auf die sexy Werbung der europäischen Nachbarn. Doch jetzt wollte auch die Bundesregierung Ungeimpfte mit nackten Tatsachen an die Nadel holen.

Wie Business Insider erfuhr, wurde in Berlin im Februar eine ganze Serie von kurzen Sequenzen abgedreht, in denen ein Teil der Darsteller nackt war. In jeder Einzelszene, die hinterher zu einem Kurzfilm zusammengefügt werden sollen, gibt es gut gekleidete und unbekleidete Schauspieler. Letztere sind völlig ohne schützende Garderobe Wind und Wetter ausgesetzt und stellen anscheinend die Ungeimpften dar. In den Szenen bringt beispielsweise ein Taxifahrer eine ältere, gut angezogene Dame zu ihrem Ziel und hilft ihr beim Aussteigen; auch mit unbekleideten Basketballern, die ihre Fans – in Trikots der Heimmannschaft angezogen – abklatschen, wurde gefilmt. Eine Werbekampagne zum Schmunzeln also, die die Schutzlosigkeit der Ungeimpften sehr plastisch greifbar macht.

Eigentlich sollten die Filmchen im Juni/Juli dieses Jahres im Fernsehen ausgestrahlt werden. Doch daraus wird nichts. Aus Regierungskreisen erfuhr Business Insider, dass man sich im Bundesgesundheitsministerium entschieden hat, die Impfwerbespots zurückzustellen. Auf Rückfragen zu dem Werbedreh mauert das Ministerium. Offiziell heißt es: „Die Neuauflage der Impfkampagne befindet sich derzeit in der strategischen Planung.“ Man könne zu konkreten Inhalten leider noch keine Angaben machen. Ein Ministeriumssprecher will die Frage nach den Kosten für den Filmdreh und die Konzeption – denn die Schauspieler, Kameraleute, Tontechniker und der Regisseur wurden ja für ihre Arbeit bereits bezahlt – nicht beantworten.

Business Insider erfuhr aus Regierungskreisen den Grund, warum die Ausstrahlung aufgeschoben wird: angeblich aus Rücksicht auf ukrainische Flüchtlinge. „Die aus dem Krieg in der Ukraine Geflüchteten könnten sich von den Filmsequenzen getriggert fühlen“, heißt es. Möglicherweise fänden die Filme später einmal Verwendung, aber man bekommt den Eindruck, dass das Ministerium von den Filmen nichts mehr wissen will.

Dabei wäre ein Anschub für die Impfkampagne dringend notwendig: Aktuell werden laut Impfdashboard des Robert-Koch-Instituts täglich nur 45.000 Dosen verimpft. Dennoch kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Mitte dieser Woche an, für 830 Millionen Euro weiteren Impfstoff einzukaufen. Man wolle „auf einen erneuten Corona-Ausbruch im Herbst vorbereitet sein“, begründete der Minister das Handeln der Bundesregierung. „Ich muss so viel Impfstoff haben, dass ich im Notfall so viel habe, dass ich alle impfen lassen kann“, sagte Lauterbach.

Zusammen mit einer Lieferung, die Ende Mai/Anfang Juni eintreffen wird, steigen die Bestände auf 110 Millionen Impfdosen für maximal 69 Millionen Impffähige im Land. Für Kinder steht weiterhin kein Impfstoff zur Verfügung. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Antworten der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Das Dokument liegt Business Insider vor. Demnach war die Ende Januar gestartete Impfkampagne („Impfen hilft“) der Ampelregierung nur wenig effektiv: seitdem gab es nur 900.413 Erstimpfungen. Gekostet hat die Kampagne bisher 31 Millionen Euro. Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der Union, kritisierte deshalb: „Kosten und Nutzen stehen in keinerlei Verhältnis.“

Mitte dieser Woche gab Lauterbach ebenfalls bekannt, dass sein Ministerium an einer neuen Impfkampagne für den Herbst arbeite. Allen, die es bräuchten oder wünschten, solle auch eine vierte Impfung angeboten werden können. Auf die witzigen Werbespots mit Nackten setzt der Minister dabei offensichtlich nicht.