Die Kunst der Verwandlung

Noch vor Weihnachten hatte der Kölner Galerist Martin Kampmann die Ausstellung „Hunnikate“ eröffnet. Dem Titel entsprechend ist die Idee, Kunst-Unikate zu präsentieren, die ausnahmslos einhundert Euro das Stück kosten sollen. Weihnachten ist zwar vorbei, doch die schöne Ausstellung hängt noch bis Ende Januar an den Wänden der kleinen Galerie kurz vor der Bahnunterführung am Ende der Lindenstraße. Und kurioserweise sind noch nicht alle Bilder verkauft. Für Sammler und lediglich neugierige Kunstliebhaber lohnt der Weg gleichermaßen dorthin. Denn was in Ausstellungen mit ausgesprochen preiswerten Kunstwerken selten gelingt, ist hier geschafft. Man hat nicht das Gefühl, dass es sich bei den Werken der insgesamt sechzehn Künstlerinnen um einfache, schnelle Produktionen handelt. Es sind nicht einmal ausnahmslos kleine Formate, die preisgünstig abgegeben werden, als hätten sich Galerist und Künstlerin entschlossen, nicht den Verkauf in den Vordergrund zu stellen, sondern in der ganzen Breite der bildnerischen Möglichkeiten ganz grundsätzliche für die Lust an der Kunst zu werben. So bestechen alle ausgestellten Werke in ihrer konzentrierten Motivwahl und in der Sorgfalt der malerisch-zeichnerischen Ausführung. Das beginnt mit einem abstrakt-expressiven Liniengewirr von Isa Wozniak-Szymanski, in dem die Fantasie sich verfängt. Und es endet mit realistisch-expressiven Studien zur Natur, in denen Andrea Bryan ebenso die poetische wie die forschende Seite der Kunst zum Ausdruck bringt. Dazwischen liegen besondere Experimente zur Poesie des Materialen von Beate Hagmeier, konstruktive Formbewegungen auf kupferfarbenem Grund von Claudin Brackhagen und die hintergründige Druckgraphik mit Sarg und Baum von Krystiane Vajda. Dinah Frank zeugt mit Schellack überzogene Fotos. Die erzählerische Dimension wird in der Ausstellung genauso angesprochen wie die Belebung namenloser Erfahrungskomplexe im Zeichen des Paradoxen. Birgit Richter-Trautmann zeigt etwa das Geheimnis des Lebens in floralen Fantasien. So kriechen kleine menschliche Figuren wie Insekten durch die Blüte einer mysteriösen Pflanze. Die unscheinbare Poesie unserer ganz banalen Stadtumgebung wird von Renate Geiter in feinen Aquarellen ins Bild gebracht. Liebevoll erfasst die leichthändige Zeichnerin allerhand Details, um gleichermaßen mit dynamischer Kraft der Flüchtigkeit unserer Erfahrung bildnerisch Rechnung zu tragen. Auf die hintergründige Kraft der Fluxus-Kunst setzt Julja Schneider, wenn sie mit ein, zwei mit Schreibmaschine getippten Wörtern in der weißen Papierfläche einen Gedanken- und Imaginationsraum öffnet. Eine große Abteilung in der Ausstellung bilden zeichnerisch überarbeite Schallplatten-Cover von Kane Kampmann. Den Porträt-Fotos auf den Hüllen bekannter Langspielplatten hat sie mit gewitzten zeichnerischen Interventionen ein neues Gesicht gegeben. So hat man Simon und Garfunkel, die Beach Boys, Jacques Brel und Michael Jackson noch nie gesehen. Kunst heißt Verwandlung. Und Kunst heißt, die Materialität von Gestaltungsprozessen zu spüren. Der Kaufpreis dieser Hunnikate ermöglicht, für wenig Geld ein künstlerisches Unikat erwerben zu können. Und wer eines besitzt, der lernt in der täglichen Wahrnehmung sehr schnell den Unterschied kennen zu den vielen, trotz ihrer Motivunterschiede ziemlich gleichen massenhaften Reproduktionsbildern. Galerie daneben an der Lindenstraße 99, geöffnet freitags 18 bis 20 Uhr, samstags 16 bis 18 Uhr, bis 25. Januar...Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta