Kulturschaffende solidarisieren sich mit WDR-Moderatorin Nemi El-Hassan

Der WDR setzte den geplanten Start von Nemi El-Hassan als Moderatorin des Wissensmagazins "Quarks" vorerst aus. Nun haben sich Hunderte Kulturschaffende mit der Journalistin solidarisiert. (Bild: WDR / Tilman Schenk)
Der WDR setzte den geplanten Start von Nemi El-Hassan als Moderatorin des Wissensmagazins "Quarks" vorerst aus. Nun haben sich Hunderte Kulturschaffende mit der Journalistin solidarisiert. (Bild: WDR / Tilman Schenk)

Hunderte Kulturschaffende haben sich in einem offenen Brief mit Nemi El-Hassan solidarisiert und ihre Weiterbeschäftigung gefordert. Der WDR hatte die Zusammenarbeit mit der Moderatorin ausgesetzt, nachdem ihre Teilnahme an einer Demonstration vor sieben Jahren bekannt geworden war.

Eigentlich hätte Nemi El-Hassan die Moderation des WDR-Wissenschaftsmagazins "Quarks" übernehmen sollen. Nachdem jedoch durch einen Bericht von "Bild" bekannt wurde, dass die TV-Journalistin vor sieben Jahren am Al-Kuds-Marsch durch Berlin teilnahm, setzte der Westdeutsche Rundfunk die geplante Zusammenarbeit aus. Nun haben sich 385 Kulturschaffende mit Nemi El-Hassan solidarisiert. In einem offenen Brief an den WDR zeigten sich die Unterzeichner "entsetzt über die diffamierende und denunziatorische Art, in der diese Diskussion geführt wird".

El-Hassan habe sich "deutlich zu den Fehlern ihrer Vergangenheit bekannt" und "glaubhaft ihren Wandel dargelegt". Nun erlebe man "eine Debatte, die jegliches Maß und Mitte verloren hat". Weiter heißt es in dem Schreiben, die 27-Jährige werde "aufgrund ihrer palästinensischen Herkunft und ihrer muslimischen Identität zur Zielscheibe von Hass und Hetze". Unter anderem kritisieren die Autoren, dass in der medialen Berichterstattung auf Fotos zurückgegriffen werde, auf denen El-Hassan mit Kopftuch zu sehen ist, obwohl sie dieses schon lange nicht mehr trage.

Wiederaufnahme der Zusammenarbeit gefordert

Zu den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern des offenen Briefs gehören Publizisten wie Jakob Augstein, Carolin Emcke, die Autorinnen Alice Hasters und Eva Menasse, der Pianist Igor Levit, die Musikerin Inga Humpe, der Schauspieler Devid Striesow, die Kabarettistin Idil Baydar sowie zahlreiche Wissenschaftler, Juristinnen und Kulturschaffende unterschiedlicher Bereiche. Gemeinsam fordern sie die Programmverantwortlichen auf, "die Zusammenarbeit mit Nemi El-Hassan wie ursprünglich geplant wieder aufzunehmen". Eine Reaktion des WDR auf das Schreiben liegt bislang nicht vor.

Der öffentlich-rechtliche Sender hatte vor einer Woche bekannt gemacht, dass Nemi El-Hassan vorerst nicht das Magazin "Quarks" moderieren werde. In einer Pressemitteilung hieß es: "Die Vorwürfe gegen sie wiegen schwer. Es wiegt aber auch schwer, einer jungen Journalistin eine berufliche Entwicklung zu verwehren. Deshalb ist eine sorgfältige Prüfung geboten."

Nemi El-Hassan: "Ich schäme mich für diese Zeit"

Zuvor hatte El-Hassan die Teilnahme in einem Statement als Fehler bezeichnet und sich von dem Marsch distanziert. "Keinesfalls habe ich während der Demo antisemitische Parolen von mir gegeben, noch Menschen jüdischen Glaubens körperlich angegriffen", erklärte die Moderatorin gegenüber der dpa. Im Interview mit dem "Spiegel" sagte sie: "Ich war seit 2014 auf keiner Al-Quds-Demo mehr. Ich hasse Israel nicht." Dass sie sich damals in einem Umfeld engagiert habe, in dem antisemitische Parolen verbreitet wurden, sei im Rückblick eine schmerzhafte Erkenntnis: "Ich schäme mich für diese Zeit."

Als Journalistin, Medienmacherin und Ärztin ist El-Hassan seit 2016 Teil des Onlineportals "funk" von ARD und ZDF, wo sie mit dem von ihr mitbegründeten satirischen YouTube-Kanal "Datteltäter" über den Islam aufklärt. Im Jahr 2018 wurde sie für ihre journalistische Arbeit mit dem Europäischen CIVIS Online Medienpreis ausgezeichnet.