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Kolumne: Reiche Erben fordern nur deshalb eine höhere Vermögenssteuer, weil sie selbst keine Unternehmer sind

Christian von Bechtolsheim verwaltet große Vermögen namhafter Unternehmerfamilien und Stiftungen.
Christian von Bechtolsheim verwaltet große Vermögen namhafter Unternehmerfamilien und Stiftungen.

Seit einigen Jahren erscheint der Armutsbericht der Organisation Oxfam zeitgleich mit dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Der Zeitpunkt ist gut gewählt, kann man sich doch beim Treffen der mächtigen Finanz-Akteure – wenn auch dieses Jahr nur online – der Aufmerksamkeit der Presse sicher sein. Flankiert wurde der Appell durch eine Gruppe von 100 sehr reichen Personen, die sich unter dem Label Taxmenow oder auch Patriotic Millionaires, ebenfalls mit dem Hinweis auf die Ungerechtigkeiten des Wirtschafts- und Finanz-Systems zu Wort melden.

Weltweit sind über 160 Millionen Menschen im vergangenen Jahr durch Corona in den Bereich der Armut abgerutscht. Die Schere zwischen Arm und Reich ist nochmals weiter auseinandergedriftet. „10 reichste Männer verdoppeln ihr Vermögen“ titelt Oxfam oder auch, dass die Pandemie für die Superreichen einem Goldrausch gleiche, ist dort zu lesen.

Im Kapitalismus komme es immer wieder zu „erschreckenden Auswüchsen“

Auf Deutschland und Österreich bezogen argumentieren die Protagonisten von Taxmenow, der Pharma-Erbe Antonis Schwarz und Marlene Engelhorn, die Nachfahrin des BASF-Gründers Friedrich Engelhorn, dass die Einführung einer Vermögenssteuer notwendig sei, um die marode Infrastruktur sowie das Bildungswesen zu sanieren. Auch empfinden sie es als ungerecht, dass Vermögen deutlich geringer besteuert würde als Arbeit, und dass eine drastische Vermögenskonzentration bei einigen eine erhebliche Unwucht in der Möglichkeit zur politischen Einflussnahme bedeutet. Dies sei mit demokratisch verfasstem Gemeinwesen nicht vereinbar.

Ergo: Umverteilung durch Substanzsteuer tut Not.

Viele der hier angesprochenen Punkte haben einen wahren Kern und es steht außer Frage, dass es in unserem weltweiten kapitalistischen System immer wieder zu erschreckenden Auswüchsen kommt.

Hinsichtlich der globalen Entwicklung möchte ich festhalten, auf was auch Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Fratelli Tutti“ hinweist: Jeder Christenmensch und jeder, der ein Herz im Leibe hat, leidet mit den Ärmsten der Armen, die sich kaum das tägliche Brot leisten können.

Gleichzeitig hat sich der Anteil der Weltbevölkerung, der unterhalb der Armutsgrenze leben muss, von über 40 Prozent in den 1980er Jahren auf rund 10 Prozent jetzt reduziert. Diese Entwicklung ist gerade der kapitalistischen Globalisierung zu verdanken. Viele der ärmsten Länder heute hatten vor dem Fall des „eisernen Vorhangs“ sozialistische Regierungen.

Die wirklich Reichen in Deutschland sind mittelständische Unternehmer

Die sogenannten Super-Reichen, deren Vermögen laut Oxfam so angewachsen sind, entstammen alle dem Sektor der Online-Dienste, der Tech-Firmen sowie der Pharmabranche. Diese Unternehmen konnten – auch Pandemie-bedingt – im Aktienkurs astronomische Höhen erreichen. Es bleiben Ausnahmeunternehmer, die keinesfalls repräsentativ für die Gesamtwirtschaft sind.

Daher möchte ich hier auch auf Taxmenow eingehen und deren Forderung nach einer Vermögenssteuer. Die Argumente dafür hatte ich eingangs benannt und auch mir persönlich ist es ein Anliegen, dass es möglichst gerecht und solidarisch in unserem Land zugeht.

Ist aber die Einführung einer Vermögenssteuer der richtige Weg? Eine Analyse zeige Oxfam zufolge, dass durch eine Vermögenssteuer, bei Millionären mit zwei Prozent pro Jahr und bei Milliardären fünf Prozent, weltweit 2,52 Billionen US-Dollar jährlich eingenommen werden könnten. Klingt gut! Was macht es dem Besitzer von 100 Millionen Euro auf dem Konto aus, wenn er davon zwei Millionen jährlich abgibt? Sein Lebensstil wird davon kaum berührt. Reisen nach St. Moritz und auf die Seychellen bleiben jederzeit möglich.

Der Hund liegt aber woanders begraben, denn unsere wirklich Reichen in Deutschland sind mittelständische Unternehmer, deren wesentliches Vermögen im Unternehmen gebunden ist.

Unternehmer steuerlich bestrafen, wenn sie ihre Firme jedes Jahr wertvoller machen?

Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) investieren diese Unternehmer jährlich rund 65 Prozent ihres Gewinns auch wieder in das Unternehmen. Sei es für Forschung und Entwicklung oder für sonstige Wachstumsoptionen.

Damit bleiben die Unternehmen eigenkapitalstark und erhalten Arbeitsplätze, lokal und international. Unsere sogenannten Mittelständler sind oftmals Weltmarktführer in ihren Branchen und tragen daher auch global zum Wohlstand bei.

Der in die Schweiz ausgewanderte Hersteller von Milchprodukten Theo Müller sagte einmal, dass er doch nicht steuerlich dafür bestraft werden möchte, dass er sein Unternehmen jedes Jahr wertvoller macht, statt das Geld einfach auszugeben.

Es kommt noch hinzu, dass die Nullzinspolitik der letzten Jahre den Buchwert dieser Unternehmen durch die Decke gehen ließ. Eine jährliche Ausschüttung nach Eigenkapital-Steuer aus dem Unternehmen, dürfte kaum die fällige Vermögenssteuer abdecken können.

Reiche Erben sollten lieber Unternehmen gründen

Da die Eigentümer solcher Unternehmen in der Regel also privat nicht über genug Barmittel verfügen, um erhöhte Erbschaftssteuern oder Vermögenssteuern bezahlen zu können, müssten sie dem Unternehmen Eigenkapital entziehen. Das schwächt nicht nur die Investitionsbasis des Unternehmens, sondern macht es auch anfällig in wirtschaftlich schlechten Zeiten.

Die Alternative wäre in vielen Fällen die Umwandlung in eine börsennotierte Kapitalgesellschaft, womit die Einflussnahme oft hervorragender Eigner sehr beschränkt würde oder aber die Hereinnahme eines Private Equity Fonds (von Müntefering, ehemals SPD-Vizekanzler, als „Heuschrecke“ apostrophiert). Damit würden wir einem Manchesterkapitalismus erst recht Tür und Tor öffnen.

Es fällt bei den Forderungen reicher Erben, wie sie sich bei Taxmenow tummeln, auf, dass diese keine Unternehmer sind, sondern häufig ihr Vermögen durch einen Verkauf erhalten haben und daher weit von dem entfernt sind, was einen echten Unternehmer plagt. Antonis Schwarz hat sein Vermögen durch den Verkauf von Schwarz Pharma erhalten. 2006 veräußerte die Familie ihre Arzneimittelfirma für rund 4,4 Milliarden Euro an den belgischen Konkurrenten UCB. Engelhorns Vermögen stammt aus den Aktienpaketen bei BASF und aus dem Verkauf von Boehringer Mannheim.

Man möchte diesen jungen Enthusiasten zurufen: Nehmt Euer Vermögen und gründet Unternehmen, schafft Arbeitsplätze, engagiert Euch sozial, aber gebt Euch nicht der Hybris hin, die Welt ändern zu wollen.

*Christian Freiherr von Bechtolsheim ist Gründungspartner der Focam AG. Er verwaltet große Vermögen namhafter Unternehmerfamilien und Stiftungen. Zudem ist er Co-Autor des Buches „Vermögen bedeutet Verantwortung“. Für Business Insider schreibt von Bechtolsheim die Finanzkolumne „Geld & Werte“.