Kinos sollen smartphone-freundlicher werden

Die US-Kinokette AMC ist eine der größten der Welt und besonders deshalb Vorreiter in vielen Dingen: Film-Abos à la Netflix sollen die jüngeren Kunden von ihren PC-Bildschirmen weg und in die Kinosäle bringen, die modernsten Leinwände machen jeden Kinobesuch zum Erlebnis. Die Filmbranche versucht also verzweifelt, das Konzept Kino am Leben zu halten – und das ist keine einfache Aufgabe.

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Kinosäle sind kaum noch voll zu bekommen. Der Grund: Immer kürzere Abstände zwischen Kinoausstrahlung und DVD-Veröffentlichung. Viele Filme werden auch direkt auf Streaming-Diensten wie Netflix und Watchever hochgeladen. Wer den Zehner im Monat nicht ausgeben will, schaut sich auf semi-legalen Seiten verwackelte Streams an, bis sich der Anwalt meldet.

Wo früher die Menschen ins Kino gingen, um dem realen Leben und ihrer Arbeit zu entkommen (Eskapismus), lungert heute die süße Versuchung der Ablenkung überall, und zwar zum Dumping-Preis: Facebook, Blogs, Free-TV: Für die Entertainment-Branche heißt es, umzudenken.

Der neueste Clou: AMC denkt darüber nach, seine Kinos smartphone-freundlicher zu gestalten. Wer kennt das nicht: Eigentlich sind Handys im Kino tabu. Trotzdem schaut man – vorausgesetzt, der Film zieht einen nicht absolut in seinen Bann – ab und an aufs Handy, weil man noch auf eine Nachricht wartet. Wäre da nicht der schlechte Empfang…

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Eigentlich ist es dasselbe Problem wie im Flugzeug: Viele, besonders jüngere oder vielbeschäftigte Passagiere würden gerne weiterhin erreichbar sein und Telefonate annehmen. Andere Passagiere fühlen sich gestört, wenn alle um sie herum telefonieren – war das Flugzeug doch einer der letzten Orte, an denen man seine Ruhe hat. Dazu sei gesagt: Deutsche Kinos sind im internationalen Vergleich noch extrem ruhig: Waren Sie schon mal in England oder Amerika im Kino? Hier verlassen besonders Jugendliche im Minutentakt das Kino, um Anrufe anzunehmen.

Laut eines Interviews mit AMC-Chef steht genau dieses Problem zur Debatte, wenn es darum geht, ein Konzept zu schaffen, das alle Kinogänger gleichermaßen zufriedenstellt. Adam Aron sagte dazu, einem 22-jährigen im Kino die Benutzung seines Smartphones zu verbieten, sei in etwa wie ihn darum zu bitten, seinen Unterarm abzuschneiden. Hier geht es nicht ums Telefonieren, sondern darum, Nachrichten schreiben zu können.

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Trotzdem gebe es die Werbeclips, die die Besucher darum bitten, ihre Handys auszuschalten, nicht ohne Grund. Das helle Licht störe Menschen, die im Publikum neben und hinter dem Handybenutzer sitzen. Doch dieses Problem gehen auch Apple und Co. gerade an, indem neueste Modelle im sogenannten Nachtmodus das blaue Licht filtern und so in der Dunkelheit freundlicher für die Augen sind.

Man darf gespannt sein, wie sich die Lage entwickelt. Andere Kinokettenbesitzer meldeten sich bereits zu Wort und kritisierten die Idee scharf. Tim League, Chef der Kinokette Alamo Drafthouse, sagte zu Arons Vorschlag: „Nur über meine Leiche. Es ist unser Job, den Leuten verständlich zu machen, dass die Regeln im Kino anders sind.“.

Bilder: Thinkstock