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Keine Steuererhöhung, moderner Staat, mehr Klimaschutz und Wahlrecht ab 16: Darauf haben sich SPD, Grüne und FDP geeinigt

Am Freitag präsentierten die Spitzen von Grünen, SPD und FDP die Ergebnisse der Sondierungen
Am Freitag präsentierten die Spitzen von Grünen, SPD und FDP die Ergebnisse der Sondierungen

SPD, Grüne und FDP wollen Koalitionsverhandlungen aufnehmen. Das teilten die Spitzen der Parteien am Freitag in Berlin mit. Erste Projekte haben sie bereits in einem Papier festgehalten. Darin nennen sie ihr mögliches Bündnis eine "Fortschrittskoalition". Business Insider gibt einen Überblick über die auf den zwölf Seiten festgehaltenen Vorhaben.

Moderner Staat: Das erste Kapitel heißt "moderner Staat und digitaler Aufbruch". Darin steht etwa: "Um Deutschland zügig zu modernisieren, sind schnelle Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren zentrale Voraussetzung." Die Planungsdauer soll mindestens halbiert werden. Darüber hinaus soll die Verwaltung digitaler und agiler werden. Gute Lebensbedingungen soll es für Menschen in der Stadt und auf dem Land geben. Künftig sollen auch Bürgerräte mit in politische Entscheidungen einbezogen werden.

Klimaschutz: Für den Klimaschutz soll es 2022 ein Sofortprogramm geben. Der Ausbau Erneuerbarer Energien soll "drastisch" beschleunigt werden, insgesamt soll an Land zwei Prozent der Fläche Deutschlands für die Windkraft zur Verfügung gestellt werden. Aus der Kohleausstieg soll "idealerweise" bereits auf 2030 vorgezogen werden. Ursprünglich ist er für 2038 geplant. Außerdem heißt es: "Wir wollen Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität machen und dafür den Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur massiv beschleunigen." Ein generelles Tempolimit werde es nicht geben, heißt es im Papier.

Arbeitswelt: In der Arbeitswelt soll es künftig mehr Flexibilität geben, etwa bei der täglichen Höchstarbeitsdauer. Wie von SPD und Grünen gewünscht, soll der Mindestlohn auf zwölf Euro pro Stunde steigen. Die Grenze für Minijobs soll auf 520 Euro und für Midijobs auf 1600 Euro steigen. Selbstständige und Gründer sollen gefördert werden, aber auch sozial besser abgesichert.

Soziale Sicherheit: Hartz IV soll durch ein Bürgergeld ersetzt werden, dies soll die Hilfe zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt ins Zentrum stellen. Das Rentenniveau soll bei 48 Prozent festgeschrieben werden. Gleichzeitig soll die gesetzliche Rentenversicherung künftig zu einem Teil kapitalgedeckt sein. Das ist der Einstieg in eine Aktienrente. Bereits ab dem kommenden Jahr sollen zehn Milliarden Euro dafür aus dem Haushalt bereitgestellt werden. Der Sparerpauschbetrag steigt von 801 auf 1000 Euro für Singles. Pflegekräfte sollen besser bezahlt werden und zusätzlich aus dem Ausland angeworben werden.

Kinder und Familie: Die Ampel-Parteien wollen eine Kindergrundsicherung einführen, damit weniger Kinder in Armut aufwachsen. Kinderrechte sollen zudem auch im Grundgesetz verankert werden. Zusätzlich soll es in Schulen mehr Ganztagsangebote geben, die Digitalisierung im Bildungswesen vorangetrieben werden. Das Bafög soll künftig weniger vom Einkommen der Eltern abhängen.

Innovation und Wettbewerbsfähigkeit: SPD, Grüne und FDP bekennen sich dazu, dass Deutschland ein wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandort bleiben soll. Dies sei die Grundlage für nachhaltiges Wachstum. Dazu sollen Startups gefördert werden, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sollen auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen.

Bezahlbares Wohnen: Pro Jahr sollen 400.000 neue Wohnungen gebaut werden, davon 100.000 öffentlich geförderte Sozialwohnungen. "Hierzu werden wir zu einem 'Bündnis bezahlbarer Wohnraum' mit allen wichtigen Akteuren einladen", heißt es in dem Papier. In Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt können Instrumente wie die Mietpreisbremse aktiv bleiben. Geldwäsche und Steuerschlupflöcher beim Immobilienkauf sollen ein Ende haben.

Sicherheit und Gleichstellung: Die drei Parteien betonen, dass Deutschland ein vielfältiges Land sei. „Wir wollen unsere Rechtsordnung der gesellschaftlichen Realität anpassen.“ Beim Staatsangehörigkeitsrecht, dem Transsexuellengesetz und dem Familienrecht soll es daher Reformen geben. Man bekennt sich zudem dazu, Einwanderungsland zu sein, das Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll umgestaltet werden. Das Wahlalter soll auf 16 Jahre herabgesetzt werden.

Zudem soll Deutschland sicherer werden, insbesondere im Internet. Jegliche Form des Extremismus soll bekämpft werden, ein Demokratiefördergesetz soll hier Positives bewirken.

Investitionen und Finanzen: Private und öffentliche Investitionen wollen die drei Parteien in den kommenden Jahren deutlich erhöhen. Als Felder werden hier insbesondere Klimaschutz, Digitalisierung, Infrastruktur sowie Bildung und Forschung genannt. Dabei will man sich aber an die Schuldenbremse halten. Eine Vermögenssteuer wird es nicht geben, hier setzte sich die FDP durch. Auch Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer sollen nicht steigen. Mit sogenannten Superabschreibungen können Unternehmen leichter Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung von der Steuer absetzen. Alle Subventionen sollen zudem auf den Prüfstand, besonders wenn sie möglicherweise klimaschädlich sind.

Außenpolitik: Im außenpolitischen Kapitel des Sondierungspapiers gibt es keine Überraschungen: Die Parteien schreiben, man wolle die EU stärken, die Zusammenarbeit mit Partnern wie den USA, Israel oder der Nato vertiefen. Die Evakuierungsmission aus Afghanistan soll in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss evaluiert werden. Zudem soll eine nationale Sicherheitsstrategie erarbeitet werden.

Das vollständige Sondierungspapier lest ihr hier.