Israels Präsident stellt sich gegen von Regierung geplante Justizreform
Im Streit um die geplante Gesetzgebung zur Justiz in Israel hat Präsident Isaac Herzog die Regierung mit ungewöhnlich scharfen Worten aufgefordert, das Projekt zu stoppen. Die Regierungspläne seien "eine Gefahr für die Grundfesten unserer Demokratie" und müsse zurückgenommen werden, sagte der Staatschef. Auch Bundespräsident Frank Frank-Walter Steinmeier äußerte sich am Freitag beunruhigt über den "geplanten Umbau des Rechtsstaates" in Israel. Derweil erschütterte neue Gewalt Israel und das Westjordanland.
Die geplante Gesetzgebung sei "falsch" und bedrohe die "Grundlagen der Demokratie", sagte Herzog am Donnerstag in einer Fernsehansprache. Sie müsse daher zugunsten eines "gemeinsamen Projekts" zurückgezogen werden. Gegen die von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu angestrebte Justizreform gibt es seit zwei Monaten heftige Proteste. Nach Ansicht der Demonstranten gefährdet das von der rechts-religiösen Regierung geplante Gesetz die Demokratie im Land.
Das neue Gesetz würde es dem Parlament unter anderem erlauben, Entscheidungen des Obersten Gerichts mit einer einfachen Mehrheit zu widerrufen - und damit dessen Befugnis zur rechtlichen Überprüfung von Gesetzen fast vollständig abschaffen. Es würde der Regierung zudem die Kontrolle über die Ernennung der Obersten Richter übertragen - derzeit stimmt darüber ein Gremium aus Politikern, Richtern und Mitgliedern der Anwaltskammern ab.
Auch Bundespräsident Steinmeier äußerte sich beunruhigt über die Pläne der israelischen Regierung. "Sorge bereitet uns auch der von der Regierung geplante Umbau des Rechtsstaates", sagte Steinmeier laut vorab verbreitetem Redetext bei einem Empfang zum 50-jährigen Bestehen der Universität Haifa am Freitag in Berlin.
Er sei "in regelmäßigem Austausch mit meinem Freund und Amtskollegen Isaac Herzog" in Israel, sagte Steinmeier weiter. Er setze "auf seine kluge und ausgleichende Stimme in der israelischen Debatte". Diejenigen, die sich für Verständigung und Entspannung, für Dialog einsetzten, verdienten "all unsere Unterstützung".
Inmitten der verschärften innenpolitischen Spannungen in Israel dauerte auch die Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern weiter an. Am Freitag wurde nach Angaben der israelischen Armee ein 21-jähriger Palästinenser in der Siedlung Dorot Illit im besetzten Westjordanland von einem israelischen Siedler getötet. Der "mit Messern und Sprengsätzen bewaffnete Terrorist" sei in ein Grundstück eingedrungen, erklärte die Armee zu dem 21-Jährigen. Der Besitzer des Grundstücks habe den Angreifer daraufhin entdeckt und erschossen.
Am Abend zuvor hatte ein Palästinenser bei einem Angriff im Zentrum von Tel Aviv drei Menschen in einem Café durch Schüsse verletzt. Nach Armeeangaben handelte es sich bei dem anschließend von Polizisten getöteten Angreifer um ein 23-jähriges Mitglied des bewaffneten Arms der radikalislamischen Hamas. Zwei seiner Angehörigen wurden demnach festgenommen.
"Ich habe Schüsse gehört und sah Menschen weglaufen", sagte der Polizist David Friedmann der Nachrichtenagentur AFP. Er sei hingegen "zum Tatort" gerannt und habe auf den Angreifer geschossen. Der israelische Verteidigungsminister Joav Galant teilte derweil mit, er habe die Zerstörung des Hauses des Attentäters im Dorf Nilin im Westjordanland angeordnet.
Sowohl die im Gazastreifen herrschende Hamas als auch die mit ihr konkurrierende militante Palästinensergruppe Islamischer Dschihad schworen Rache für die getöteten Palästinenser.
Im israelisch-palästinensischen Konflikt eskaliert seit Wochen die Gewalt, wobei die israelische Armee vor allem im Westjordanland gegen militante Palästinenser vorgeht. Seit Jahresbeginn wurden in dem Konflikt 77 Palästinenser getötet, unter ihnen Militante und Zivilisten. 13 Israelis wurden getötet, unter ihnen bewaffnete Sicherheitskräfte und Zivilisten.
kas/ju