Israel: Netanjahus Schicksalswahl
In Israel finden vorgezogene Neuwahlen zur Knesset statt – mal wieder. Es ist die fünfte Parlamentswahl seit 2019. Gescheitert ist eine Acht-Parteien-Koalition unter dem liberalen Jair Lapid, die sich unter grossen Schwierigkeiten gegen Ex-Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gebildet hatte. Getragen wurde die im April geplatzte Koalition allein von dem Wunsch, Netanjahu zu verhindern.
Im April 2022 erklärte die bisherige Mehrheitsführerin der Regierungskoalition Idit Silman ihren Rückzug aus dem Bündnis. Sie begründete dies mit religiösen Motiven: Es gab innerhalb der Regierung einen Streit darüber, ob Krankenhäuser zulassen dürfen, dass Patienten zum Pessach-Fest gesäuerte Lebensmittel gebracht werden, wie es das oberste israelische Gericht beschlossen hatte. Mit Silmans Rücktritt hatte die Koalition ihre Mehrheit im Parlament verloren.
In den aktuellen Umfragen liegt das rechts-konservative Lager derzeit leicht vorne. Unklar bleibt, ob die Wahl regierungsfähige Mehrheiten zustanden bringen wird.
Netanjahus Schicksalswahl
Wie bei den vorangegangenen Wahlen ist die Person von Benjamin Netanjahu das Kernthema im Wahlkampf. Der konservative Netanjahu war insgesamt 15 Jahre Ministerpräsident, er ist hoch umstritten, es laufen mehrere Prozesse wegen Korruptionsvorwürfen gegen ihn. Für ihn entscheidet diese Wahl darüber, ob ihm ein politisches Comeback gelingt.
Netanjahu verhindern allein bringt keine Stabilität
Womöglich begünstigt die Zersplitterung der israelischen Parteienlandschaft die Rückkehr Netanjahus an die Macht. Der Mitte-Links Spitzenkandidat Jair Lapid muss diese Wahl nicht gewinnen, um - zumindest kommissarisch - im Amt zu bleiben. Ihm würde reichen, wenn Netanjahu keine Regierungsmehrheit bekommt. Dann stünden aller Wahrscheinlichkeit nach schnell wieder Neuwahlen an.