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Nach Innogy-Verkauf – so sieht der deutsche Energiemarkt künftig aus

Der Paukenschlag kam mitten in der Nacht: Eon will den Konkurrenten Innogy übernehmen. Der Deal wird die komplette deutsche Energiewirtschaft umkrempeln. Ein Spieler verschwindet – und sogar Verkäufer RWE richtet sich neu aus. Hier ein Überblick, wie die großen Energiekonzerne künftig dastehen werden.

Eon

Eon will mit der Übernahme des Konkurrenten zu „einem fokussierten, kundenorientierten Energieunternehmen, das sich auf Energienetze sowie Kundenlösungen konzentriert“, werden. Eon übernimmt bei dem Deal den lukrativsten Teil von Innogy: die Verteilnetze und Millionen an Kunden. Im Gegenzug gibt Eon aber auch ein wichtiges Geschäft zu einem großen Teil auf: Die Stromproduktion mit erneuerbaren Energien. Die eigenen Aktivitäten und die von Innogy soll RWE bekommen.

Eon wird sich also auf die kundennahen Teile der Energiewende konzentrieren – und neue Produkte und Dienstleistungen für seine Kunden entwickeln. Die Verteilnetze gelten als Schlüssel für den Erfolg der Energiewende. Sie sollen intelligent werden, um Angebot an grünem Strom und Nachfrage in Einklang zu bringen.

Es ist schon das zweite Mal, dass Eon-Chef Johannes Teyssen die Energiebranche durcheinanderwirbelt. Ende 2014 hatte er schon mit der Ankündigung überrascht als erster der angeschlagenen Energieriesen Deutschlands Nummer eins aufzuspalten – in Eon und Uniper.

2016 gliederte Eon dann das alte Kerngeschäft, die konventionelle Stromerzeugung und den Großhandel, in das neue Unternehmen Uniper aus. Im Herbst brachte der Konzern die ersten gut 53 Prozent an die Börse - und jetzt ist er dabei, sich auch komplett zu trennen. Er hat eine Offerte des finnischen Fortum-Konzerns angenommen. Eon konzentrierte sich seit der Aufspaltung auf die Sparten Vertrieb, Netze und bislang eben auch erneuerbare Energien.

Der Neustart war aber holprig. Die Aufspaltung brachte die Bilanz an die Belastungsgrenze. Durch hohe Abschreibungen hatte Eon 2016 einen Fehlbetrag von 15 Milliarden Euro ausgewiesen. Dank der Rückzahlung der Atomsteuer und des Verkaufs der Uniper-Aktien hat Teyssen jetzt aber endlich die Kraft, in der neuen Energiewelt anzugreifen.

RWE

Keine Frage, Deutschlands größter Stromproduzent ist inzwischen das Feindbild Nummer eins für Umweltschützer. Regelmäßig stören Aktivisten die Hauptversammlung oder die Produktion.

RWE ist schließlich nicht nur der größte Produzent von Kohlestrom in Deutschland, sondern fördert im rheinischen Revier auch noch selbst im großen Stil Braunkohle. Europaweit stößt kein anderes Unternehmen so viel des klimaschädlichen CO2 aus wie RWE.

Seit der Konzern sich 2016 aufgespalten und das Geschäft mit der Energiewende abgegeben hat, ist die konventionelle Stromproduktion neben dem Großhandel das einzige operative Geschäft. Die Tochter Innogy, die die „grünen“ Sparten Vertrieb, Netze und erneuerbare Energien übernommen hatte, wurde nur noch als Finanzbeteiligung geführt.

Der Verkauf der restlichen 76,8 Prozent an Innogy wird aber auch RWE neu ausrichten. Deutschlands größter Stromproduzent, der auch in Europa zu den größten Anbietern gehört, wird sich selbst wieder in der regenerativen Stromerzeugung engagieren. RWE übernimmt nicht nur die erneuerbaren Energien von Innogy, sondern auch weitgehend die Aktivitäten von Eon.

RWE-Chef Rolf Martin Schmitz hält aber auch an den Kohle- und Gaskraftwerken fest. Schmitz ist überzeugt, dass Kohle- und Gaskraftwerke auch langfristig noch zur Absicherung der Stromversorgung gebraucht werden - weil Wind- und Solarstrom bei Flauten oder Dunkelheit nicht zuverlässig zur Verfügung steht.

Innogy

Für Innogy bedeutete der Mega-Deal das Ende des kurzen Intermezzos auf dem deutschen Energiemarkt. Das Unternehmen wird zerschlagen und in Eon integriert.

Dabei sollte die Aufspaltung von RWE auch für Innogy der Befreiungsschlag sein. Das neue Unternehmen übernahm die Geschäfte, die wegen der Energiewende Geld verdienen: Vertrieb, Netze und erneuerbare Energien. Das Kalkül: Befreit von den Lasten des Mutterkonzerns, der jahrelang im Sparmodus verharrte, sollte sich der grüne Bereich endlich entfalten.

Tatsächlich ging das Kalkül auch zunächst auf. Der Börsengang im Oktober 2016 war ein voller Erfolg. Die Investoren nahmen die Aktien zum Höchstpreis ab – und das Unternehmen wurde aus dem Stand zum wertvollsten deutschen Energiekonzern. Innogy strich durch eine Kapitalerhöhung selbst zwei Milliarden ein, die das Management investieren darf.

Der Höhenflug endete im Dezember aber jäh. Zuerst schockte der Konzern mit einer Gewinnwarnung die Anleger. Die Kernbotschaft: Auch 2018, also im dritten Jahr seit der Gründung, wird das Ergebnis stagnieren. Dann wurde Vorstandschef Peter Terium gefeuert. Er konnte schlicht die großen Wachstumsversprechen nicht einlösen.

Der Aufsichtsrat verordnete dem Konzern „Kostendisziplin“ und forderte vom Rest-Vorstand Sparmaßnahmen ein. Die wollte Interimschef Uwe Tigges am Montag auf der Bilanz-Pressekonferenz präsentieren. Jetzt muss er darlegen, wie Innogy mit den Plänen des Mutterkonzerns umgehen wird.

Uniper

Der Stromproduzent erlebt schon seit Monaten, was Innogy jetzt bevorsteht: Er ist von den Plänen des ehemaligen Mutterkonzerns Eon abhängig – und damit nicht glücklich. Uniper war 2016 bei der Aufspaltung Eons gegründet worden. Uniper übernahm das Geschäft mit den Kohle- und Gaskraftwerken sowie den Großhandel.

Uniper startete unter vielen Vorbehalten, weil die konventionellen Kraftwerke seit Jahren unter der Energiewende leiden. Vorstandschef Klaus Schäfer schaffte es aber, Schulden und Kosten in den Griff zu bekommen – und das Unternehmen erfolgreich an der Börse etablieren.

Im Herbst wurde Schäfer dann aber von Eons Plänen überrascht, das restliche Paket von knapp 47 Prozent an den finnischen Fortum-Konzern zu verkaufen. Seither fürchtet Uniper um die Eigenständigkeit. Bei der Offerte konnte Schäfer zwar verhindern, das Fortum viel mehr Aktien erhält als die von Eon und so die Mehrheit verfehlte. Sollte der Deal von den Kartellbehörden freigegeben werden, muss sich Schäfer aber mit dem neuen Großaktionär arrangieren.

EnBW

Früher setzte der Energiekonzern aus Süddeutschland wie kein zweiter auf Atomenergie. Konzernchef Frank Mastiaux richtet die EnBW, die mit 22 000 Mitarbeitern 19 Milliarden Euro im Jahr umsetzt, aber schon seit seinem Amtsantritt 2012 auf die Energiewende aus. In der aktualisierten Strategie „EnBW 2025“ spielt die konventionelle Stromerzeugung keine Rolle mehr.

Mastiaux will das Unternehmen vielmehr als „nachhaltiger und innovativer Infrastrukturpartner“ für Groß- und Privatkunden positionieren. Als solcher soll er mit Windparks, Transport- und Verteilnetzen sowie intelligenten Angeboten für seine Kunden Geld verdienen.

Der Konzern will dabei sein Know-how beim Managen systemrelevanter Systeme, das er beim Betrieb von Atomkraftwerken oder bei den Stromleitungen nachgewiesen hat, nutzen, um auch in andere Infrastrukturbereiche vorzustoßen. Dazu gehören etwa der Breitbandausbau oder die Elektromobilität.

EnBW setzt aber auch bei den erneuerbaren Energien Zeichen. In Deutschland will der Konzern den ersten Offshore-Windpark bauen, der ohne Subventionen auskommt. Und sein Know-how will er jetzt sogar nach Asien exportieren.

Vattenfall

Der schwedische Energiekonzern Vattenfall hat sich öffentlich zum Klimaschutz verpflichtet: Bis 2050 will er Klimaneutralität zu erlangen – in Skandinavien will er das sogar schon bis 2030 schaffen. Dazu will der Vattenfall-Konzern, seine fossile Stromproduktion schrittweise zurück fahren und in erneuerbare Energien investieren, setzt aber weiter auch auch auf die umstrittene, aber CO2-freie Kernenergie.

Im vergangenen Jahr machte der Konzern in Deutschland, seinem größten Markt, einen entscheidenden Schritt: Er trennte sich von seinem Engagement in der Braunkohle. Vattenfall verkaufte die Förderung in der Lausitz und die dazu gehörigen Braunkohlekraftwerke an den tschechischen EPH-Konzern. Vattenfall betreibt zwar in Hamburg noch ein großes Kohlekraftwerk - das würden die Schweden aber am liebsten auch loswerden.

Vattenfall hat in Deutschland zudem ein umfangreiches Vertriebsgeschäft. Das Unternehmen versorgt vor allem in Hamburg und Berlin Kunden – ist aber auch bundesweit aktiv. Vattenfall isvestiert jedoch auch in erneuerbare Energien und baut beispielsweise Offshore-Windparks – unter anderem in Deutschland.