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Immer mehr Menschen verschicken im Halbschlaf Nachrichten und vergessen es dann wieder

Immer mehr Menschen tippen im Halbschlaf Nachrichten – und haben es am nächsten Morgen vergessen. (Symbolbild: Getty Images)
Immer mehr Menschen tippen im Halbschlaf Nachrichten – und haben es am nächsten Morgen vergessen. (Symbolbild: Getty Images)

Viele Menschen haben bereits Erfahrung mit nächtlicher Aktivität gemacht, von der man am nächsten Morgen nichts mehr weiß: Schlafwandeln oder im Schlaf reden. Doch neben diesen bereits bekannten nächtlichen Vorkommnissen gehört nun ein weiteres Phänomen dazu, das im Schlaf passieren kann: das Nachrichtenschreiben auf dem Handy.

Bei einer Befragung von 372 Studierenden zweier unterschiedlicher Universitäten der Villanova University in Pennsylvania im Jahr 2013 wurde die Schlafqualität und die Handynutzung in der Nacht untersucht. Die Forscher fanden dabei heraus, dass jeder vierte Nutzer demnach im Halbschlaf Nachrichten versendet – vor allem Frauen sind davon betroffen.

72 Prozent vergessen die Nachrichten

Die Ergebnisse, die im “Journal of American College Health” im August dieses Jahres veröffentlicht wurden, zeigen, dass 25 Prozent der Befragten gelegentlich im Halbschlaf Nachrichten versenden – 72 Prozent können sich daran allerdings nicht mehr erinnern. Erst ein Blick aufs Handy am nächsten Morgen verrät das nächtliche Tippen. Die Studierenden gaben allerdings auch an, insgesamt einen unruhigen Schlafrhythmus zu haben und ihr Mobiltelefon nachts stets griffbereit neben oder sogar im Bett zu haben.

Fäustlinge als Maßnahme

Die Forscher befragten die Studierenden auch zu Möglichkeiten, das Handy nicht mehr in der Nähe des Bettes zu haben – für viele unvorstellbar. Ein Student greife demnach zu Fäustlingen, da “es nicht möglich ist, das Telefon, statt es in meinem Bett liegen zu haben, neben das Bett zu legen. Ich muss mein Telefon bei mir haben.”

Für die Leiterin der Studie, Elizabeth Dowdell, ist “Sleep Texting” ein interessantes Ereignis, von dem sie erst durch ihre Studierenden erfahren habe, wie sie Yahoo gegenüber sagte. “Der Großteil von ihnen will ihr Telefon nachts einfach nicht abschalten. Einige Studierende sagen sogar, dass dieses Verhalten bereits in der High School angefangen hat”, erklärte Dowdell.

Darum werden die Nachrichten vergessen

Für die Tatsache, dass die Nachrichtenschreiber ihre Texte am nächsten Morgen bereits wieder vergessen haben, gibt es laut dem US-Neurologen für Schlafmedizin W. Christopher Winter eine einfache Erklärung: “Ein kleiner Prozentsatz dieser Menschen hat wahrscheinlich eine Parasomnie, die im Tiefschlaf ein ungewöhnliches Aufwachen darstellt. Aber anstatt zu gehen oder Dinge zu essen, an die sie sich nicht mehr erinnern, schreiben sie Nachrichten.”

Menschen können, so Winter zu Yahoo, nicht sofort Erinnerungen bilden, wenn sie aus einem tiefen Schlaf wach werden. Allerdings könne sich ein “automatisches Verhalten” entwickeln. “Deshalb können Sie mitten in der Nacht ein Gespräch mit ihrem Partner führen, sich nicht an den ersten Teil erinnern und aufwachen, wenn Sie gerade in das Gespräch einsteigen”, erklärte Winter. Alkohol könne das Verhalten im Schlaf oder auch “die Art der Amnesie, für das, was Sie tun, beeinflussen”, so der Wissenschaftler.

Mittel gegen “Sleep Texting”

Für Winter gebe es demnach nur eine Lösung, um einen störungsfreien Schlaf zu gewährleisten: Das Handy sollte nicht in der Nähe des Bettes liegen. Kann man allerdings nicht darauf verzichten, sollte es zumindest so weit weg wie möglich vom Bett liegen. Um die Gefahr zu reduzieren, im Halbschlaf zum Handy zu greifen, sollte der Ruhemodus aktiviert werden. Außerdem gibt es Sperrmuster, die das Smartphone nur freigeben, wenn vorher beispielsweise eine Matheaufgabe gelöst wurde.

“Wer kontrolliert die Technologie? Wir kontrollieren sie. Wir sind es, die sie einschalten und sind diejenigen, die sie ausschalten. Wenn Sie es nicht deaktivieren können, ziehen Sie es in Betracht, einige Grenzen zu ziehen”, forderte Winter.

Der Grund für “Sleep Texting”

Der australische Forscher David Cunnington vom Sleep Disorder Center in Melbourne erklärte im Interview mit “Daily Mail” einen möglichen Grund für das nächtliche Texten: Viele Menschen widmen sich demnach tagsüber vielen beruflichen und privaten Tätigkeiten, daher bestehe auch nachts der Drang, immer erreichbar zu sein. Laut Cunnington werden nicht nur mehr Nachrichten im Halbschlaf verschickt, auch “Sleep Emailing” wird seit 2008 immer häufiger beobachtet.

Handyfreie Zone im Schlafzimmer

Das helle Licht des Displays kann das Einschlafen erschweren. (Symboldbild: Getty Images)
Das helle Licht des Displays kann das Einschlafen erschweren. (Symboldbild: Getty Images)

Cunnington geht deshalb noch einen Schritt weiter als sein amerikanischer Kollege Winter: Das Handy sollte komplett aus dem Schlafzimmer verbannt und außerdem bereits eine Stunde vor dem Schlafengehen ausgeschaltet werden. Laut Cunnington hemme das helle Licht des Displays die Produktion des schlaffördernden Hormons Melatonin – dieses wird am besten in der Dunkelheit hergestellt. Wer abends aber nicht auf sein Smartphone verzichten kann und dennoch gut schlafen will, für den gibt es mittlerweile auch Blaulichtfilter-Apps, die dafür sorgen, dass die Augen geschont werden und beim guten Einschlafen helfen sollen.

“Der entscheidende Punkt ist, dass Menschen wieder ihren Schlaf respektieren und sich einen Ruck geben müssen, das Handy nachts auszuschalten”, appellierte Cunnington in dem Interview.