Heath Ledgers Erben

Seine Performance als Joker in Christopher Nolans “The Dark Knight" war genial, und nicht wenige behaupten, Heath Ledger hätte damit die Figur des Bösewichts neu definiert. Jetzt versuchen durchaus begabte Kollegen, diese Leistung zu toppen. Doch wie soll man etwas, das an Perfektionismus gleicht, überbieten?


Über sieben Jahre sind bereits ins Land gegangen, seitdem uns mit Heath Ledger einer der beeindruckendsten Schauspieler des modernen Kinos viel zu früh - gerade einmal 27-jährig - verlassen hat. Noch heute werden allen Ortes seine darstellerischen Leistungen gepriesen - ob als ungestümer Sohn von Mel Gibson in dem Bürgerkriegs-Actiondrama “Der Patriot”,

als rockender Junker in dem Mittelalterspektakel “Ritter aus Leidenschaft” oder als homosexueller Cowboy in “Brokeback Mountain”, jedes Mal hat Heath einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Unsterblich gemacht haben ihn aber nicht die Rollen des jugendlichen strahlenden Helden, sondern ein ganz hundsgemeiner Fiesling, ein unsagbar niederträchtiger Bösewicht:

die Figur des Jokers in Christopher Nolans grandioser Comic-Adaption “The Dark Knight”. Nun könnte man behaupten, sein früher Tod hätte zu Ledgers Legendenbildung beigetragen und zu einer Verklärung seiner Leistungen vor der Kamera geführt - verstärkt noch durch die posthume Verleihung des Golden Globe und des Oscars, jeweils in der Kategorie Bester Nebendarsteller. Doch Fakt ist, dass sich der gebürtige Australier mit seiner letzten Rolle (vor “Das Kabinett des Dr. Parnassus”, den Johnny Depp, Jude Law und Colin Farrell gemeinsam für ihn beendeten) als Schauspieler der schier unbegrenzten Möglichkeiten empfahl. Sein Joker ist ein wahrer Teufel hinter hässlicher Fratze, sein flüsterndes Raunen macht ebenso Angst wie das schrillende Gelächter, und wenn er - einer Echse gleich - seine Zunge pfeilschnell herausschießen lässt, hofft man inständig, nicht als hilfloses Insekt in seinen Dunstkreis zu geraten. Doch Ledgers Joker zu entkommen, ist sowieso schlichtweg unmöglich. Seine Lust am Töten ist so pervers, dass er lieber mit dem Messer als mit der Schusswaffe mordet, um seinem Opfer möglichst nahe zu sein, um es in der Stunde seines Todes besser kennenzulernen. Seine Performance als Batmans Nemesis war letztlich so subtil und heimtückisch, so infernalisch satanisch, dass selbst Jack Nicholson um seine Vormachtstellung als Paradebösewicht bangen musste.

Der inzwischen 78-jährige Hollywood-Veteran, der mit legendären Leinwandauftritten wie in “Einer flog über das Kuckucksnest”, “Chinatown” oder “Departed - Unter Feinden” zur Kino-Ikone wurde, spielte den Joker bereits 1989 in Tim Burtons “Batman”-Version. Als genial diabolischer Schwerverbrecher macht er dem etwas neurotischen Batman (Michael Keaton) und ganz Gotham City die Hölle heiß, um zum Schluss durch einen spektakulären Sturz von einer altehrwürdigen Kathedrale den verdienten Tod zu finden. Nicholsons Leistung war großartig, furchteinflößend, nachhaltig erschreckend - doch Ledgers Interpretation war anders, innovativer, origineller - und deshalb irgendwie auch besser. Sämtliche Schauspielgenerationen, die nach ihm kommen, werden sich an seiner Vorgabe die Zähne ausbeißen bzw. sie tun es schon jetzt.

Wie beispielsweise Jesse Eisenberg, ebenfalls ein begnadeter Akteur - siehe “Zombieland”, siehe “The Social Network”. Er spielt in “Batman v Superman: Dawn of Justice” Supermans Gegenpart Lex Luthor, und er tut es so gut, dass er dabei Ben Affleck und Henry Cavill (in den Superheldenrollen) förmlich an die Wand spielt. Muss er auch, schließlich wurde Lex Luthor in der Vergangenheit bereits von den schauspielerischen Schwergewichten Gene Hackman und Kevin Spacey verkörpert. Dass er aber in punkto Mimik, Gestik und Stimmlage ebenso Erinnerungen an Ledgers Joker wachruft wie bei der Darstellung psychotischen Irrsinns und schrulliger Egomanie, darf auch als Hommage an den verstorbenen Kollegen gewertet werden.

Diese Ehrerweisung hat zweifellos auch Oscar-Preisträger Jared Leto (“Dallas Buyers Club”) im Sinn. Als bekannt wurde, dass er den Joker in David Ayers “Suicide Squad”, einem Comic-Abenteuer um eine aus Bösewichten bestehende Elitetruppe, geben wird, postete er auf Instagram eine Fotomontage mit Heath Ledger und Jack Nicholson im Joker-Outfit mit folgendem Text:

“Leto wird uns stolz machen”. Ob dem wirklich so ist, darf ernsthaft bezweifelt werden, wenn man die ersten Bilder und Trailer zu Rate zieht. Da nämlich versteckt sich Leto mehr hinter Maske und Make-Up, nutzt Hilfsmittel wie grüne Haare, silbrig glänzende Zähne und Tattoos am durchtrainierten Oberkörper, um das Böse von innen nach außen zu kehren. Unheimlich ist das schon, wenn er seinem Gegenüber verspricht: “Ich werde dich nicht töten – ich werde dir nur sehr, sehr weh tun.” Doch ob dieses Versprechen genügt, um den unerreichbaren Heath Ledger an der Spitze der Liste der besten Schurken aller Zeiten abzulösen, kann erst am 18. August endgültig geklärt werden. Denn dann kommt “Suicide Squad” in die Kinos.


Bilder: ddpImages, Instagram

Autor: Thomas Lassonczyk