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Union und FDP bieten Abschaltung von zehn Kohlemeilern an

Nachdem die Grünen sich offen gezeigt haben, statt über konkrete Termine für das Abschalten von Kohlekraftwerken über CO2-Budgets zu verhandeln, bieten Union und FDP nun überraschend einen Kompromiss an: Sie wollen bis zu zehn größere Kohlekraftwerke sofort schließen. Zur Wahrung der Versorgungssicherheit könne die Kohleverstromung um höchstens drei bis fünf Gigawatt bis 2020 reduziert werden, heißt es in einem Dokument der Jamaika-Unterhändler, das der Nachrichtenagentur Reuters am Montag vorlag. Die Grünen dagegen verlangen in dem Papier einen Verzicht auf acht bis zehn Gigawatt, also etwa doppelt so viel. Einig ist man sich aber, dass für den Klimaschutz der Austausch alter Heizungen gefördert werden soll. Zudem soll die Industrie bei Investitionen in effizientere Anlagen Steuererleichterungen erhalten. Das Thema Klima und Energie ist zwischen den Unterhändlern besonders strittig, die darüber auch am Montag beraten.

Grünen-Chefin Simone Peter machte direkt klar, dass dieser Kompromiss den Grünen nicht reiche. Um die nationalen Klimaschutzziele 2020 zu erreichen, müssten 20 Kraftwerksblöcke abgeschaltet werden. Das entspreche einer CO2-Reduzierung um acht bis zehn Gigawatt.

Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) hatte den Budgetansatz nach Informationen aus Verhandlungskreisen Ende vergangener Woche in die Jamaika-Sondierungsgespräche eingebracht. Demnach würden den Kohlekraftwerken in Deutschland noch bestimmte CO2-Budgets zugewiesen. Sobald diese aufgebraucht wären, müssten die Anlagen abgeschaltet werden.

„Die Erreichung des Klimaschutzziels ist entscheidend“, sagte Krischer. Die Grünen hatten bislang darauf bestanden, möglichst umgehend die 20 ältesten Kohlekraftwerke stillzulegen. Union und FDP lehnen das ab.

„Was aber nötig ist, dass es jetzt wirklich mal losgeht. Wir brauchen konkrete Zwischenergebnisse, auf denen man aufbauen kann“, mahnte der Grünen-Politiker. Nach Überzeugung Krischers ließe sich das Ende alter Kraftwerke leicht beschließen: „Wenn man dem Bundesverfassungsgericht folgt, ist eine Abschaltung von Anlagen, die älter sind als 25 Jahre, gut und rechtssicher zu begründen.“

Alle Kompromissbereitschaft der Grünen nutzt den Verhandlern allerdings nicht, wenn sie sich noch nicht einmal auf die Höhe der nötigen CO2-Reduzierung einigen können. CDU, CSU und FDP beziffern die „Handlungslücke“ bei der Erreichung des Klimaschutzziels 2020 auf einen Wert „zwischen 32 und 66 Millionen Tonnen CO2“. Sie schlagen vor, diese Lücke „zur Hälfte durch die Reduzierung der Kohleverstromung“ zu schließen. Die Grünen dagegen sehen eine Handlungslücke im Umfang von 90 bis 120 Millionen Tonnen CO2. Das belegt ein Papier der Parteien vom Wochenende, das dem Handelsblatt vorliegt.

Hier verständigten sich die Unterhändler auf eine steuerliche Förderung der Gebäudedämmung. Zusätzlich soll der Ersatz alter Heizungen vorangetrieben werden: Wir legen ein unbürokratisches Förderprogramm für den Austausch alter Heizungen zugunsten klimafreundlicher Heizsysteme unter Einbeziehung erneuerbarer Energien auf“, heißt es in dem Papier. Steuervorteile beim Klimaschutz sollen zudem Industriebetriebe bekommen: Wer in mehr Energieeffizienz investiert, soll diese Ausgaben über eine degressive Abschreibung schneller absetzen können.

Weit auseinander liegen die Positionen außerdem bei der Zukunft des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Die Grünen fordern, „die gesetzliche Deckelung von Ökostrom zu streichen“. Die FPD hat die Formulierung eingebracht, man werde „die EEG-Umlage für Neuanlagen abschaffen“.

Übereinstimmung herrscht beim Thema Wärme: „Wir legen ein unbürokratisches Förderprogramm für den Austausch alter Heizungen zu Gunsten klimafreundlicher Heizsysteme unter Einbeziehung erneuerbarer Energien auf“, so die gemeinsame Formulierung von CDU, CSU, FDP und Grünen.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet rief die Parteien zur Sachlichkeit auf. Andere Länder wie Frankreich erreichten die CO2-Ziele mit Hilfe der Kernenergie, sagte der CDU-Politiker am Montag am Rande der Sondierungen von Union, FDP und Grünen zur Bildung einer Regierungskoalition. „Wir in Deutschland sagen: Wir bleiben beim Atomausstieg, und wollen gleichzeitig noch Kohle reduzieren und wollen gleichzeitig noch ein erfolgreiches Industrieland sein“, sagte der CDU-Politiker. „Und dies alles zu schultern, das braucht viel Sachlichkeit, viel Fachlichkeit, um die bemühen wir uns jetzt gerade.“

Gerade die Versorgungssicherheit mit Strom sei ein wichtiges Thema. Die Union könne keinem Modell zustimmen, wo man hierzulande Strom aus Kohlekraftwerken reduziere, aber dann aus Frankreich Atomstrom oder aus Polen Kohlestrom importiere, sagte Laschet. Der Ministerpräsident des Industrielands NRW ist bei den Gesprächen von Union, FDP und Grünen CDU-Verhandlungsführer für die Themen Energie, Klima, Umwelt und Verkehr.

Die Parteien stehen vor dem Endspurt in den Jamaika-Sondierungen, am Donnerstag sollen erste Ergebnisse vorgestellt werden. Am Montag ist Teilnehmerkreisen zufolge ein Treffen der Parteivorsitzenden geplant, bei dem je eine Stunde über die strittigen Themen Kommunen, Klima, Bildung, Innenpolitik und Familie gesprochen werden soll.