Good News des Tages: Bei diesem Barbier tanzen sogar seine Kunden im Pflegeheim

Der Barbier Lenny White tut mit Schere und Kamm Gutes. (Symbolbild: Getty Images)
Der Barbier Lenny White tut mit Schere und Kamm Gutes. (Symbolbild: Getty Images)

Es ist nur eine halbe Stunde, die Lenny White mit seinen Kunden verbringt. Doch bringt er ihnen damit ein Stück Lebensqualität und Würde zurück. Der Barbier stutzt demenzkranken Männern die Bärte und versetzt sie dabei mit einer Jukebox in ihre Jugend zurück.

Demenz ist eine Krankheit des Alters. Die meisten Betroffenen haben 80 Jahre schon überschritten, so schreibt es das Familienministerium auf einer Informationsseite. Und weiter: In einer immer älter werdenden Gesellschaft, werde auch die Zahl der Demenzkranken zunehmen. Eine Heilung gebe es bislang nicht. Deshalb sei es wichtig, den Umgang zu erlernen, damit Menschen mit Demenz so lange wie möglich am Leben in der Gesellschaft teilnehmen könnten.

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Wohlfühlprogramm bei Lenny White

Genau das hat sich Lenny White zu eigen gemacht. Zwar dauert seine Arbeit nur eine halbe Stunde, aber er weiß, seine Kunden “fühlen sich dann den restlichen Tag wohl”. White ist Barbier, er stutzt Bärte. Seine Kunden sind demenzkranke Männer, die in Pflegeeinrichtungen leben.

Als White 17 Jahre alt ist, arbeitet er das erste Mal in der Pflege, in seiner Heimat in Nordirland. Damals aber spült er Geschirr und serviert das Essen. Er bemerkt, dass er Talent hat, mit Demenz-Patienten zu sprechen. “Ich habe es geliebt, mit ihnen zu arbeiten und in ihre Welt einzutauchen”, sagte White vergangene Woche im Gespräch mit der “Washington Post”. Darin erinnert er sich, wie er seinen Patienten schon damals gut zureden musste. “Sie sagten: ‘Ich bin erst 30 Jahre alt’ oder ‘Ich will zu meiner Mama’.“ White habe ihnen dann gesagt, “deine Mama wird bald zurück sein”. Er konnte ihnen ja nicht sagen, dass ihre Mutter lange schon tot sei.

Männertag beim Barbier

Später schlägt White aber eine andere Karriere ein, die eines Marketingberaters. Erst nach zwanzig Jahren, er ist mittlerweile geschieden, ordnet er sein Leben neu und macht eine Ausbildung zum Barbier. Über einen Freund erfährt er von einer Pflegeeinrichtung, in der es zwar einen Friseur für die weiblichen Bewohner gibt, alles ist in rosa gehalten, aber nicht speziell für die Männer. Also beschließt White, einen Männertag einzuläuten.

Mit seinem ganzen Equipment, seiner Schürze, Zitronenduft und Musik von James Dean und Elvis Presley, bereitet er einen Raum vor. Er schneidet den Männern die Haare und sie “lieben es”. “Auch die Pflegekräfte bemerkten einen großen Unterschied.” Denn Whites Kundschaft öffnet sich, die Männer plaudern drauf los, entspannen sich, manche Füße fangen sogar unter den Friseurkutten an zu tanzen. Schnell verbreitet sich die Nachricht vom “Mobile Barber” aus dem nordirischen Bangor.

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Kameradschaft, Musik und ein Roboterhund

Das ist jetzt zwei Jahre her. Seither zieht White, mittlerweile nennt er eine Jukebox mit vielen Oldies und einen kleinen Roboterhund sein Eigen, durch das Vereinigte Königreich und bietet Männern mit Demenz heiße-Handtuch-Rasuren und Haarschnitte an. “Es ist einfach anders, wenn ein Mann dir den Bart stutzt. Du kannst dann ein Männergespräch führen”, sagt er. Der Roboterhund erinnere viele seiner Kunden dabei an Hunde aus ihrer Jugend.

Rhonda Robinson führt den South Eastern Health and Social Care Trust, zu dem auch zwei Demenzkliniken gehören. Sie sagt: “Die Behandlung ist eine multisensorische Erfahrung für die Patienten. Und deshalb sehr therapeutisch, auch für die Demenzkranken, die schon im fortgeschrittenen Stadium sind.”

Ein wenig Würde zurück

Das weiß White und bedient seine Kunden deshalb in Gruppen. Das ahme alte “Kameradschaft” nach, wie sie früher in echten Friseurläden herrschte. Die Behandlung bringe sie zurück, in “jüngere Tage”. Manchmal singen sie mit oder tanzen sogar zur Musik, während sie warten. Mit den Jahren hat White gelernt, auch schwierige Situationen zu deuten und mit ihnen umzugehen. Denn mit einer Demenzerkrankung gehen auch Momente der Verwirrung und Angst einher. Wenn seine Kunden sich zurückziehen oder erschrecken, dreht er sofort die Musik leiser, nimmt ihre Hand und sagt: “Ich bin’s, Lenny. Es ist alles in Ordnung, ich schneide dir nur die Haare.”

“Ich weiß, ich mache einen Unterschied in ihrem Leben”, sagt White dann, wenn er die Männer verlässt, mit getrimmten Augenbrauen, Nasen- und Ohrenhaaren, glatten und strahlenden Wangen. Dann bekommen sie ein wenig Würde zurück.

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