Golden Globe für "Aus dem Nichts": Das muss man über Fatih Akin wissen

Regisseur Fatih Akin hat den Golden Globe für seinen Film "Aus dem Nichts" gewonnen. So tickt der Hamburger hinter dem prämierten NSU-Drama.

Was "Toni Erdmann" von Maren Ade (41) im vergangenen Jahr leider nicht geschafft hat, hat Fatih Akin (44) vor wenigen Stunden mit "Aus dem Nichts" vollbracht. Der gebürtige Hamburger hat mit dem NSU-Drama den Golden Globe für den besten nicht-englischsprachigen Film eingeheimst. Der letzte deutschsprachige Film, der den Preis gewinnen konnte, war zuvor "Das weiße Band - Eine deutsche Kindergeschichte" von Michael Haneke (75) im Jahr 2010.

Mit der Auszeichnung gilt Akins Drama gleichzeitig auch als einer der heißesten Anwärter auf den diesjährigen Oscar in der Kategorie "Bester ausländischer Film". Die offiziellen Nominierungen werden allerdings erst am 23. Januar bekannt gegeben. Sollte der 44-Jährige auch den Oscar gewinnen, wären dieser und der Golden Globe zwar die renommiertesten Preise für Akin, doch bei weitem nicht die ersten.

Bereits in den 1990er Jahren veröffentlichte der gebürtige Hamburger und Sohn türkischer Einwanderer erste ausgezeichnete Kurz- und Spielfilme, darunter "Kurz und schmerzlos" (1998), für den Akin unter anderem mit dem Bayerischen Filmpreis geehrt wurde. Über die Jahre hinweg folgten zahlreiche weitere Auszeichnungen, etwa der Europäische Filmpreis, der Deutsche Filmpreis und der Preis für das beste Drehbuch bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes für "Auf der anderen Seite".

Darum geht es in seinen Filmen

Akin verarbeitet in seinen Werken - darunter auch "Gegen die Wand" mit "Game of Thrones"-Star Sibel Kekilli (37) und "Soul Kitchen" - häufig Themen wie Heimat und Integration oder auch Unterschiede zwischen den Kulturen. Nicht zuletzt deshalb wurde der Regisseur, der mit seiner Frau Monique und den beiden gemeinsamen Kindern in einer alten, umgebauten Fischfabrik in Hamburg-Altona leben soll, im Jahr 2010 mit dem Bundesverdienstkreuz für sein künstlerisches Schaffen ausgezeichnet.

"Ich hab viele Persönlichkeiten, die ich mit meinen Filmen ausleben kann", erklärte Akin einmal im Interview mit "Zeit Campus". "Ich lache viel und über den größten Quatsch, aber ich bin auch sehr nachdenklich oder heftig." Gerne würde er es alten Hollywood-Regisseuren wie Billy Wilder (1906-2002, "Manche mögen's heiß") gleichtun, die eine "irre Bandbreite" hatten und "abwechselnd Alkoholikerdramen und Parodien" drehten. "Ich will unberechenbar sein, wie David Bowie in der Musik, wie Bruce Lee im Kampfsport."

Rache aus dem Nichts

"Aus dem Nichts" ist angelehnt an die NSU-Morde und erzählt die Geschichte einer auf Rache sinnenden Mutter (Diane Kruger, 41), die ihren kurdischen Mann und den gemeinsamen Sohn bei einem Neonazi-Anschlag verloren hat. Für Akin, der in seiner Jugend einer Straßengang aus dem Linken-Milieu angehörte, steht allerdings nicht die politische Komponente im Vordergrund. Es gehe für ihn weniger um Rassismus, als vielmehr um Fragen wie "Was bleibt von einer Mutter übrig, wenn sie ihr Kind verliert? Wie viele Farben hat Schmerz? Wie wird Schmerz zu Hass und zu Gewalt?"

Gleichzeit sei Akin trotzdem wichtig, dass er mit "Aus dem Nichts" zeigen könne, "dass das Bedürfnis nach Rache nichts ist, was kulturell verordnet ist. Nichts, was nur Kanaken machen. Es war entscheidend, das Klischee zu brechen." Außerdem habe ihm dieses Bild gefallen: "Eine blonde Deutsche, eine Arierin wie aus einem Leni-Riefenstahl-Film, legt sich mit Nazis an. Arisch gegen völkisch."

"Damals konntest du den Feind sehen", erzählt Akin weiter. "Du wusstest, der hat Glatze und geht samstags zum HSV. Den konntest du hinterher am Stadion abfangen oder auf St. Pauli in seiner Kneipe zusammenhauen. Aber das war auch plump. Den Feind besiegst du ja nicht mit Gewalt. Den musst du mental besiegen." Und das geht mit Filmen - mit einem Streifen, "über den die Leute reden müssen, wenn sie aus dem Kino kommen. Das verändert die Welt nicht auf Anhieb, aber ist wie ein Stein im Schuh."

Foto(s): imago/UPI Photo