Historischer Streik bei drei Großkonzernen der US-Autoindustrie

Erstmals haben Beschäftigte der drei großen US-Autohersteller gleichzeitig ihre Arbeit niedergelegt. Ihre Gewerkschaft verlangt angesichts der Profite der Autobauer deutliche Lohnerhöhungen - eine Forderung, die US-Präsident Joe Biden unterstützt. (Matthew Hatcher)
Erstmals haben Beschäftigte der drei großen US-Autohersteller gleichzeitig ihre Arbeit niedergelegt. Ihre Gewerkschaft verlangt angesichts der Profite der Autobauer deutliche Lohnerhöhungen - eine Forderung, die US-Präsident Joe Biden unterstützt. (Matthew Hatcher)

Zum ersten Mal haben Beschäftigte der drei großen US-Autohersteller gleichzeitig ihre Arbeit niedergelegt. Nach Angaben der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) betreffen die Streiks Werke der "Big Three", General Motors, Ford und Stellantis mit der Marke Chrysler. Die Gewerkschaft verlangt angesichts der Profite der Autobauer deutliche Lohnerhöhungen - eine Forderung, die auch US-Präsident Joe Biden unterstützt.

Die Arbeitsniederlegungen begannen um Mitternacht (Ortszeit, 06.00 Uhr MESZ) in jeweils einem Werk der drei Konzerne, wie die UAW im Onlinedienst X (vormals Twitter) mitteilte. "Heute Nacht bestreiken wir zum ersten Mal in unserer Geschichte alle 'Big Three' gleichzeitig", sagte UAW-Präsident Shawn Fain in einer Videobotschaft kurz vor Ablauf einer Frist für Tarifverhandlungen um Mitternacht.

Demnach legten zunächst 12.700 der von der UAW vertretenen 150.000 Beschäftigten die Arbeit nieder. Betroffen sind ein General-Motors-Werk in Wentzville (Missouri), ein Stellantis-Werk in Toledo (Ohio) sowie eine Fabrik von Ford in Wayne (Michigan). Die Gewerkschaft drohte bereits mit einer Ausweitung der begrenzten Streiks.

Die UAW fordert Gehaltserhöhungen von rund 40 Prozent über vier Jahre. Nach ihren Angaben entspricht dies dem Einkommensanstieg der Top-Manager. Viele Arbeiter verweisen zudem auf die mageren Löhne und Leistungskürzungen, die sie nach der Finanzkrise im Jahr 2008 hinnehmen mussten, als General Motors und Chrysler Gläubigerschutz anmelden mussten. In den vergangenen Jahren erwirtschafteten die "Big Three" wieder hohe Gewinne.

Nach Angaben des Gewerkschaftschefs sind die Arbeitgeber in ihrem Angebot bislang nicht über 20 Prozent hinaus gegangen. Auch bei anderen Forderungen wie etwa zusätzliche Urlaubstage kommen die Verhandlungen nicht weiter.

"Dieses Unternehmen macht seit Jahren Profite auf unserem Rücken", erklärte der Ford-Angestellte Paul Sievert bei Protesten in der Nacht vor dem Werk in Michigan. "Es wird Zeit, dass sie uns etwas zurückgeben", sagte Sievert.

Ford nannte die Forderungen der Streikenden "unhaltbar". Stellantis erklärte, die UAW weigere sich, auf verantwortliche Weise an einer fairen Einigung zu arbeiten. Der dritte betroffene Autokonzern GM zeigte sich "enttäuscht" über den Streik, erklärte sich aber am Freitag zu weiteren Gesprächen bereit, "um so rasch wie möglich zu einer Einigung zu kommen".

Die Streiks in dem wichtigen Industriesektor bedrohen die US-Wirtschaft und damit auch die Aussicht Bidens auf seine Wiederwahl im nächsten Jahr. Dennoch unterstützte der US-Präsident die Forderung der Gewerkschaft.

Er könne den "Frust" der Arbeiter in der Automobilbranche verstehen, sagte Biden in einer vom Fernsehen übertragenen Rede im Weißen Haus. Sie hätten von den enormen Gewinnen der Branche nicht profitiert, sagte Biden: "Diese Rekord-Profite wurden nicht gerecht geteilt".

Die Unternehmen hätten zwar einige bedeutende Angebote unterbreitet, doch denke er, dass sie noch weitergehen könnten. Der Präsident kündigte die Entsendung zweier Vertreter nach Detroit an, um die Verhandlungen zu unterstützen.

Biden bemüht sich vor den Wahlen um die Unterstützung der Gewerkschaften. Im Gegensatz zu anderen führenden Gewerkschaften hat die UAW seine Kandidatur für die Wiederwahl im kommenden Jahr bisher nicht unterstützt.

ans/bfi