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Wie ein gefallener NFL-Star seine Karriere retten will

Wie ein gefallener NFL-Star seine Karriere retten will

Es war ein Paukenschlag, der die NFL am Donnerstag ereilte.

Quarterback Carson Wentz verlässt die Philadelphia Eagles und wechselt zu den Indianapolis Colts.

Dass sich die Wege des Spielmachers und der Franchise vermutlich trennen werden, war freilich kein Geheimnis mehr. Und doch ist es bemerkenswert, dass der als Franchise Quarterback eingeplante Wentz nur eineinhalb Jahre nach dem Unterzeichnen eines Mega-Vertrages das Team verlässt.

Wie konnte es soweit kommen? Und wie gut stehen die Chancen auf einen erfolgreichen Neustart bei den Colts?

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Eagles tradeten im Draft für Wentz hoch

Noch keine fünf Jahre ist es her, da waren die Verantwortlichen in Philadelphia von einem jungen Quarterback namens Carson Wentz vollends überzeugt. Und das, obwohl der Nachwuchsmann nicht einmal in der höchsten College-Liga gespielt hatte.

Doch das hielt Philly nicht davon ab, drei Top-100-Picks im Draft 2016, einen Erstrundenpick 2017 und einen Zweitrundenpick 2018 an die Browns abzutreten, um bis auf Position zwei hochzutraden und sich Wentz zu schnappen. An Vertrauen mangelte es also wahrlich nicht. (SERVICE: Ergebnisse und Spielplan der NFL)

Und der heute 28-Jährige zahlte direkt zurück. Nach einer durchwachsenen Rookie-Saison gelang ihm gleich in seinem zweiten Jahr eine MVP-würdige Darbietung. In der Spielzeit 2017 warf er 33 Touchdowns bei nur sieben Interceptions und die Eagles erreichten als bestes Team der NFC die Playoffs.

Kreuzbandriss in Super-Bowl-Saison

In Woche 14 allerdings nahm die Karriere von Wentz eine entscheidende Wendung. Der Quarterback, der sein Team bis dahin so überragend geführt hatte, zog sich einen Kreuzbandriss zu.

In der Postseason glänzte statt Wentz sein Backup Nick Foles und wurde nach einer legendären Leistung und dem 41:33-Sieg im Super Bowl gegen die New England Patriots um Tom Brady zum Super-Bowl-MVP gekürt.

Obwohl Wentz mit seiner Performance den Einzug in das NFL-Endspiel überhaupt erst möglich gemacht hatte, denken die Fans beim bis heute einzigen Super-Bowl-Sieg der Franchise nur an Foles und den legendären Spielzug "Philly Special", als der Quarterback sensationell selbst einen Touchdown fing.

Hurts für Wentz auf dem Spielfeld

Mit dem Kreuzbandriss veränderte sich auch die Richtung, in die die Karriere von Wentz ging: von oben nach unten. In den Spielzeiten 2018 und 2019 lieferte er zwar solide Leistungen, wurde aber auch erneut durch Verletzungen aus der Bahn geworfen. So zog er sich im Dezember 2018 beispielsweise eine Stressfraktur an der Wirbelsäule zu.

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So richtig schlimm wurde die Lage aber erst in der Saison 2020. Zwölf Spiele stand Wentz auf dem Feld. Schwachen 16 Touchdowns standen 15 Interceptions gegenüber. Eine Leistung, die Head Coach Doug Pederson – inzwischen selbst entlassen – dazu brachte, Wentz auf die Bank zu setzen und stattdessen den unerfahrenen Jalen Hurts aufzustellen.

Und obwohl sich Führungsspieler wie Fletcher Cox und Jason Kelce für Wentz eingesetzt hatten - einen Weg zurück gab es für den Spielmacher bei den Eagles nicht.

Neustart bei den Colts

Nun also versucht sich Wentz in Indianapolis und muss nicht weniger als seine Karriere retten.

Mit einem Drittrundenpick 2021 und einem Zweitrundenpick 2022 war der Preis für die Colts objektiv betrachtet nicht allzu hoch. Da sie aber auch den Monster-Vertrag des 28-Jährigen übernehmen müssen, bei dem noch fast 100 Millionen US-Dollar fällig sind, verwundert der verhältnismäßig niedrige Gegenwert kaum.

Aber kann die Verbindung Wentz/Colts gelingen?

Mit einer der Hauptgründe für die desaströse vergangenen Saison war die katastrophale O-Line in Philly. Unglaubliche 50 Sacks kassierte Wentz 2020 – und das, obwohl er nur zwölf Spiele auf dem Feld stand. Insgesamt ließ die Offensive Line ganze 65 Sacks zu, Höchstwert in der gesamten Liga.

Starke O-Line kann beschützen

Bei den Colts muss Wentz nun deutlich weniger Angst haben, dass ihn seine Bodyguards nicht beschützen können.

Mit nur 21 zugelassenen Sacks stellte das Team in der vergangenen Spielzeit die zweitbeste Reihe der Liga. Nur die Steelers passten noch besser auf ihren Quarterback auf.

Und auch auf der persönlichen Ebene sind die Colts ein Volltreffer. Bevor Frank Reich 2018 dort als Head Coach anheuerte, arbeitete er bei den Eagles als Offensive Coordinator. Er coachte Wentz in seiner MVP-würdigen Saison und schwärmte auch noch Jahre später von seinem Ex-Schützling.

Coach Reich schwärmt von seinem Quarterback

"Er ist ein echter Kämpfer, er ist ein Anführer, er weiß ganz genau, was er will. Er hat so viel Power, dass es fast schon unwirklich ist. Er ist ein Elite-Quarterback, der einfach nur gewinnen will."

Doch nicht nur die spielerischen Fähigkeiten, auch die persönliche Ebene stimmt. "Er bringt mich zum Lachen wie nur wenige Menschen. Ich kenne ihn sehr, sehr gut und weiß, dass er ein guter Kerl ist", schwärmte Reich.

Fox-Analyst Daryl Johnston erläuterte nach Bekanntwerden des Trades zudem noch eine weitere Komponente, warum diese neue alte Verbindung klappen könnte. "Es gab eine enge Bindung zwischen den beiden, die auch auf ihrem starken christlichen Glauben beruht. Das ging weit über das normale Verhältnis zwischen Trainer und Spieler hinaus."

Nach dem abrupten Karriereende von Andrew Luck und einem Jahr mit dem inzwischen zurückgetretenen Philip Rivers Oldie sehnen sich die Colts nach Stabilität auf der wichtigsten Position.

Verbleib von Hilton und Co. unsicher

Mit Wentz könnte dies möglich sein. Um ihm aber auch wirklich die besten Voraussetzungen zu bieten, an seine Top-Leistungen von früher anknüpfen zu können, bedarf es der Klärung einiger Personalien.

Während mit Running Back Jonathan Taylor eine der großen Entdeckungen der vergangenen Monate im Laufspiel für Entlastung sorgen kann, ist die Situation bei den Receivern ungeklärt. T.Y. Hilton kann als Unrestricted Free Agent zu jedem Team wechseln und selbst ein Verbleib von Restricted Free Agent Zach Pascal ist alles andere als sicher.

Und auch das Karriereende von Left Tackle Anthony Castonzo sorgt für Ungemach. So braucht Wentz nun einen neuen Beschützer für die Blind Side.

Dank der Tiefe bei Offensive Linemen dürfte sich jedoch auch diese Hürde beim Draft Ende April aus dem Weg räumen lassen und einem Neuanfang von Carson Wentz steht nichts mehr im Weg.