Furcht vor neuer Eskalation im Nahost-Konflikt nach neuen Angriffen in Israel und Gaza
Im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern hat sich die Spirale der Gewalt wieder beschleunigt. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza wurden bei israelischen Luftangriffen auf den Gazastreifen am Mittwoch fünf Menschen getötet, die Zahl der Todesopfer seit Dienstag stieg damit auf 20. Israelischen Angaben zufolge wurden mehr als 270 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert, auch in der Großstadt Tel Aviv gab es Luftalarm. Es ist die schlimmste Eskalation der Gewalt zwischen Israel und den Palästinensern seit August 2022.
Israel hatte angekündigt, Raketenabschussanlagen der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad im Gazastreifen anzugreifen. Kurz darauf war zu sehen, wie über dem dicht besiedelten Palästinensergebiet Rauch aufstieg. Wenige Minuten später sah ein AFP-Journalist dutzende Raketen, die von militanten Palästinensern in Richtung Israel abgefeuert wurden.
Ein ranghoher israelischer Sicherheitsbeamter hatte zuvor vor Journalisten gesagt, dass nach den tödlichen israelischen Angriffen auf das palästinensische Gebiet "mehr als 60 Raketen" aus dem Gazastreifen abgefeuert worden seien. Nach israelischen Armeeangaben wurden bei den Angriffen am Mittwoch zudem militante Palästinenser beschossen, die auf dem Weg zu einer Raketenabschussanlage in der Stadt Chan Junis im südlichen Gazastreifen gewesen seien.
Im Großraum Tel Aviv warnten Sirenen einer AFP-Journalistin zufolge vor aus dem Gazastreifen abgefeuerten Raketen. Nach Angaben der israelischen Armee lösten die Raketenangriffe zudem in grenznahen Städten Luftalarm aus, darunter in Aschkelon. Der israelische Rettungsdienst Magen David Adom teilte mit, ihm seien bislang keine Verletzte durch den Raketenbeschuss gemeldet worden.
Die Lage in Israel und den Palästinensergebieten ist seit Monaten angespannt und droht nach verstärkten Angriffen auf beiden Seiten weiter zu eskalieren. Erst am Dienstag waren bei einer Reihe israelischer Angriffe auf den Gazastreifen 15 Menschen getötet worden, drei Anführer des von Israel als Terrororganisation eingestuften Islamischen Dschihad und zwölf Zivilisten. Eine Woche zuvor hatte die israelische Armee mit Luftangriffen eigenen Angaben zufolge auf vorherigen Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen reagiert.
Nach den israelischen Angriffen am Dienstag hatte der Islamische Dschihad mit Vergeltung gedroht. Israel forderte daraufhin seine Einwohner in Grenznähe auf, sich in der Nähe von Luftschutzbunkern aufzuhalten.
Auch im Gazastreifen blieben die Geschäfte am Mittwoch geschlossen. Der Einwohner Monther Abdullah sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Menschen erwarteten "das Schlimmste". "Alle haben Angst, und die Leute sind nicht viel auf der Straße." Er habe "definitiv das Gefühl, dass ein Krieg bevorsteht, und es herrscht Spannung und Angst, ob hier oder dort (in Israel)", sagte er.
Zuletzt waren am frühen Mittwochmorgen bei einem Einsatz der israelischen Armee im besetzten Westjordanland zwei Palästinenser erschossen worden. Das palästinensische Gesundheitsministerium bestätigte den Tod der beiden Männer im Alter von 19 und 24 Jahren in dem Dorf Kabatija nahe Dschenin. Ein 17-Jähriger sei zudem schwer verletzt worden. Nach Angaben der israelischen Armee reagierten ihre Soldaten bei dem nächtlichen Einsatz in Kabatija auf vorherigen Beschuss "aus einem Auto heraus" und "töteten die beiden Angreifer".
Die Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern nimmt seit Januar deutlich zu. Die Zahl der seit Anfang des Jahres getöteten Palästinenser liegt nun bei mindestens 130, unter ihnen militante Aktivisten, aber auch Zivilisten und Kinder. 19 Israelis, eine Ukrainerin und ein Italiener wurden nach offiziellen israelischen und palästinensischen Angaben ebenfalls im selben Zeitraum getötet.
Am Donnerstag wollen in Berlin die Außenminister des sogenannten Münchner Formats über den Nahost-Konflikt beraten. Dazu empfängt Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ihre Kollegen aus Frankreich, Ägypten und Jordanien, Catherine Colonna, Samih Schukry und Ayman Safadi, im Auswärtigen Amt.
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