Putin: Prigoschin hat in seinem Leben "schwere Fehler" begangen

Der russische Präsident Wladimir Putin hat den mutmaßlich bei einem Flugzeugabsturz getöteten Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin einen "fähigen" Mann genannt, der "schwere Fehler" begangen habe. (Mikhail KLIMENTYEV)
Der russische Präsident Wladimir Putin hat den mutmaßlich bei einem Flugzeugabsturz getöteten Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin einen "fähigen" Mann genannt, der "schwere Fehler" begangen habe. (Mikhail KLIMENTYEV)

Nach dem mutmaßlichen Tod von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin bei einem Flugzeugabsturz in Russland hat Präsident Wladimir Putin "den Familien aller Opfer" sein Beileid ausgedrückt. Zugleich bezeichnete er Prigoschin am Donnerstag als einen "fähigen" Mann, der "schwere Fehler" begangen habe. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wies derweil eine Beteiligung seines Landes an dem Vorfall von sich.

Putin bezeichnete in einer im Fernsehen übertragenen Sitzung Prigoschin als einen "Mann mit einem komplizierten Schicksal, der in seinem Leben schwere Fehler begangen hat, aber die notwendigen Ergebnisse erzielte". Die bei dem Flugzeugabsturz vermutlich gestorbenen Mitglieder der Söldnergruppe Wagner hätten einen "bedeutenden Beitrag" zu der seit Februar 2022 laufenden Militäroffensive in der Ukraine geleistet. Die Ermittlungen zum tödlichen Absturz des Flugzeugs würden "bis zum Ende" geführt.

"Wir werden sehen, was die Ermittler in naher Zukunft sagen werden. Die Untersuchung ist im Gange, eine technische und genetische Untersuchung", sagte Putin weiter. Dies werde "einige Zeit" in Anspruch nehmen. Prigoschin, den Putin eigenen Angaben zufolge "seit Anfang der 1990er Jahre kannte", sei am Tag des Flugzeugabsturzes aus "Afrika zurückgekehrt", sagte der Kreml-Chef weiter.

Das Flugzeug war am Mittwochabend in der Region Twer nahe des Ortes Kuschenkino abgestürzt. Nach Angaben des Katastrophenschutzministeriums überlebte keiner der zehn Insassen. Die russische Luftfahrtbehörde Rosawiatsija bestätigte zeitgleich, dass sich Prigoschin an Bord des Flugzeugs auf dem Weg von Moskau nach St. Petersburg befunden habe. Die Behörden gaben den Tod des Wagner-Chefs jedoch nicht formell bekannt, die Leichen seien noch nicht identifiziert.

Über die anderen Passagiere war zunächst nur wenig bekannt, russischen Medien zufolge waren die meisten Wagner-Söldner. Unter den mutmaßlichen Toten war den Angaben von Rosawiatsija zufolge auch Prigoschins rechte Hand, Dmitri Utkin.

Eine in der Nähe von Kuschenkino wohnende Frau sagte, ihre Nachbarin habe Krach gehört und "Funken aus dem Flugzeug" gesehen, begleitet von Feuer. "Eine Nachbarin kam mit zitternden Händen auf mich zu, als wir zum Fenster gingen, sah ich nur einen Pilz, eine schwarze Wolke", sagte sie in einem von der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti veröffentlichten Video.

Das für schwere Straftaten zuständige russische Untersuchungskomitee leitete wegen des "Verstoßes gegen die Sicherheitsvorschriften im Luftverkehr" Ermittlungen ein. Seitdem äußerten sich die Ermittler jedoch nicht; es gibt Spekulationen um ein mögliches Attentat.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wies eine Beteiligung der Ukraine von sich. "Wir haben mit dieser Situation nichts zu tun, das ist sicher", sagte Selenskyj und ergänzte offenkundig mit Blick auf Putin: "Jeder weiß, wen das betrifft."

US-Präsident Joe Biden sagte: "Ich weiß nicht genau, was passiert ist. (...) In Russland passiert nicht viel, hinter dem Putin nicht steht." Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte, es sei "kein Zufall, dass die ganze Welt auf den Kreml schaut". Zahlreiche Kritiker der russischen Führung wurden ermordet oder waren Ziel von Mordversuchen. Der Kreml hat eine Beteiligung stets zurückgewiesen.

Vor dem Wagner-Hauptquartier in St. Petersburg legten Menschen unterdessen Blumen, Kerzen und Aufnäher mit dem Wagner-Logo nieder. "Es ist, als würde man einen Vater verlieren", sagte ein Mann.

In der Ukraine, wo Wagner-Truppen lange gekämpft hatten, herrschte hingegen Freude über den mutmaßlichen Tod Prigoschins. "Ich bin wirklich froh darüber, dass diese Person gestorben ist, wenn es stimmt", sagte eine Regierungsmitarbeiterin im Zentrum von Kiew. "Hoffen wir, dass es so ist."

Bis zu einer kurzzeitigen Rebellion im Juni vor zwei Monaten gegen die russische Armeeführung hatte die Wagner-Gruppe eine große Rolle für die russische Offensive in der Ukraine gespielt. Zugleich trat Prigoschins Konflikt mit den russischen Militärspitzen immer offener zutage. Am 23. Juni besetzten Wagner-Söldner dann militärische Einrichtungen im Süden Russlands und marschierten anschließend in Richtung Moskau. Den Aufstand blies Prigoschin zwar schon nach einem Tag wieder ab - mit der kurzzeitigen Rebellion stellte er aber auch die Autorität von Putin in Frage.

bur/mhe/jes