Filmkritik: "Vor ihren Augen" - Chiwetel Ejiofor und Julia Roberts in einem zähen Krimi

Es ist ein brisanter Fall, an dem die beiden FBI-Ermittler Ray Kasten (Chiwetel Ejiofor) und Jessica Cobb (Julia Roberts) sowie die Staatsanwältin Claire Sloane (Nicole Kidman) arbeiten. Unmittelbar nach den Terroranschlägen am 11. September 2011 sind die drei einer Terrorzelle auf der Spur, die in einer örtlichen Moschee aktiv ist. Mit Hilfe von Informanten hoffen die Ermittler, die Islamisten dingfest zu machen. Doch eine persönliche Tragödie wirft alle Beteiligten bald aus der Bahn.

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Zwischen Terroristen und Triebtätern

Cobbs Tochter Carolyn (Zoe Graham) wird auf brutale Weise ermordet. Kasten, dem das Schicksal seiner Kollegin und Freundin nahe geht, nimmt sich des Falles an, stößt mit seinen Recherchen jedoch bald auf den Widerstand von Seiten der FBI. Denn: Der Verdächtige gehört zu den Informanten der Behörde. Um die Jagd nach den Islamisten nicht zu gefährden, soll der Mann unangetastet bleiben. Es dauert 13 Jahre, bis Kasten eine neue Spur hat.

In Hollywood ist es seit je her üblich, erfolgreiche ausländische Produktionen nicht zu synchronisieren, sondern sie gleich neu zu verfilmen. Der Grund für diese Praxis ist - wie sollte es anders sein - vor allem ökonomischer Natur. Einerseits mag es aufwändiger und kostspieliger sein, die Vorlage komplett neu zu drehen. Mit Stars besetzt und die Originalgeschichte an die Erzähl-Standards Hollywoods angepasst, sehen sich die Zuschauer andererseits lieber die Neuauflage an als das Original mit seinen weniger bekannten Darstellern und Filmemachern.

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Zwischen Polit-Thriller und Melodram

Im Fall von “Vor ihren Augen” hätte man sich vielleicht doch lieber für eine Synchronisation des Originals entscheiden sollen. Denn der Thriller ist im Vergleich zu “In ihren Augen” nicht nur künstlerisch ziemlich plump geraten, sondern hat sich in den USA und darüber hinaus auch als finanzielles Fiasko erwiesen. Dabei ist Drehbuchautor und Regisseur Billy Ray (“Enttarnt - Verrat auf höchster Ebene”) durchaus ambitioniert zu Werke gegangen. Wie der Argentinier Juan José Campanella in seinem Oscar-gekrönten Meisterwerk lädt er die Kriminalgeschichte mit einem politischen Subtext auf. Die Suche nach dem Mörder entfaltet sich in einem gesellschaftlichen Klima der Paranoia und Angst in Gefolge des 11. September.

Doch so richtig will Rays Kritik an einem Rechtssystem, das die eigenen Gesetze für ein größeres politisches Ziel untergräbt, nicht greifen. Sie verpufft auch und vor allem angesichts einer zähen Inszenierung, die unentschlossen zwischen zwei Zeitebenen pendelt, hölzerner Dialoge und des plumpen Versuchs, den Kriminalplot mit einer gewollt zarten, jedoch platt geratenen Liebesgeschichte zu vermengen. Da können auch die Stars Chiwetel Ejiofor, Julia Roberts und Nicole Kidman, deren Spiel übrigens fast an Lustlosigkeit grenzt, den langweiligen Film nicht retten.

Kinostart: 6. Juni 2016

(Bilder: 1. “Vor ihren Augen”: Universal Pictures International, 2. “In ihren Augen”: EuroVideo Medien)