Filme zwischen Zeit und Raum

Manche Filme wollen nur perfekt unterhalten. Andere werfen gezielt oder ganz nebenbei große Fragen des Lebens auf: Was ist Realität, wie einzigartig sind wir, worin besteht der tiefere Sinn des Lebens? Diese drei Filme werfen ihre Helden zwischen Zeit und Raum, machen sie zu buchstäblich zu Weltenwanderern. Und bei einem Werk findet der Regisseur das ganz große Wunder in einem ganz normalen Leben.

Another Earth

Existenzialistischer als diese Prämisse geht es wohl kaum: Am Firmament ist eine zweite Erde aufgetaucht. Ein Wissenschaftler stellt die Theorie auf, dass dieser Zwillingsplanet eine Spiegelung unserer Welt ist, bevölkert von exakt denselben Menschen. Die junge Rhoda (Brit Marling) bewirbt sich für den ersten Raumflug zu dieser Welt. Sie hat die vergangenen vier Jahre im Gefängnis verbracht. Bei einem von ihr verursachten Verkehrsunfall wurden eine schwangere Frau und deren Sohn getötet. Die Tragödie hat Ehemann und Vater John (William Mapother) völlig aus der Bahn geworfen. Auf der Suche nach Wiedergutmachung nimmt Rhoda als Putzfrau getarnt Kontakt zu dem Witwer auf. Leben und Tod, Schuld und Sühne: Im Gewand eines Science-Fiction-Films erzählt Regisseur Mike Cahill eine ergreifende Geschichte zweier Menschen zwischen zwei Welten.

Matrix

Blaue Pille, rote Pille? Hacker Neo (Keanu Reeves) entscheidet sich gegen die bequeme Täuschung und stürzt sich in ein Abenteuer, das mit einer Wiedergeburt beginnt. Heerscharen von Zuschauern lief es 1999 eiskalt den Rücken herunter, als die Geschwister Andy und Lana (damals noch Larry) Wachowski ihre Vision ausbreiteten: Die Zukunft ist schon längst da und der Kampf der Menschheit fast verloren. Da konnte man beinahe verstehen, warum es einer der Rebellen vorzog, in die Traumwelt der Matrix zurückzukehren: Die Realität ist brutal und fordert – einmal erkannt – zum Handeln auf.

Boyhood

Epische Ausmaße, ganz große Themen, sehr einfache Geschichte. Regisseur Richard Linklater hat aus seinem simplen Film über das Aufwachsen eines Jungen in Texas etwas nie Dagewesenes gemacht. Anstatt seinen siebenjährigen Hauptdarsteller Ellar Coltrane durch einen älteren Schauspieler zu ersetzen, drehte Linklater einfach von 2002 an zwölf Jahre lang jeweils einige Tage. In Atem haltende Spannungsbögen bleiben dadurch aus – zum Glück. Die Zeit verrinnt, Kinder werden erwachsen, Eltern auch und der unerhörte Wagemut eines Filmemachers zahlt sich hundertfach aus.

Bilder: ddp images