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"Die Fernseh- und Streaming-Produktionen brummen"

In der ARD-Samstagskomödie "Wer einmal stirbt dem glaubt man nicht" spielt Heino Ferch einen Schriftsteller, dessen Frau - scheinbar - Selbstmord begangen hat. Im Interview verrät er seine Rezepte für ein langes Glücklichsein. (Bild: ARD Degeto / Torsten Jander )
In der ARD-Samstagskomödie "Wer einmal stirbt dem glaubt man nicht" spielt Heino Ferch einen Schriftsteller, dessen Frau - scheinbar - Selbstmord begangen hat. Im Interview verrät er seine Rezepte für ein langes Glücklichsein. (Bild: ARD Degeto / Torsten Jander )

Kaum ein Schauspieler ist zurzeit in so vielen neuen Hauptrollen zu sehen wie Heino Ferch. Der Schauspiel-Dauerbrenner über das Geheimnis langer Liebesbeziehungen, ein Jahr Corona-Drehs und das Versagen der Politik im Pandemie-Management.

Zwischen Ende März und Ende April war und ist Heino Ferch in gleich drei TV-Hauptrollen zu sehen: Als Martin Suters Dandy-Detektiv von Allmen, in einer neuen Folge der düsteren Psychiater-Reihe "Spuren des Bösen" (ZDF Mediathek) und nun zur ARD-Samstags-Primetime mit der stilisierten Liebeskomödie "Wer einmal stirbt dem glaubt man nicht" (Samstag, 24. April, 20.15 Uhr, Das Erste). Im Interview verrät der Star-Schauspieler ein Geheimnis für lang andauernde Liebesbeziehungen und berichtet, wie seine Branche auch nach mehr als einem Jahr Corona versucht, das Produktionspensum trotz hoher Inzidenzwerte an manchen Drehorten aufrechtzuerhalten. Einen Seitenhieb auf das derzeit wenig überzeugende Pandemie-Management der Politik kann sich der 57-Jährige dabei nicht verkneifen.

teleschau: "Wer einmal stirbt dem glaubt man nicht" ist ein recht überhöhtes Liebes-Verwirrspiel. Ist das erzählerischer Mumpitz oder eine Liebes-Analyse unterm Brennglas?

Heino Ferch: Der Autor Uli Brée, er hat ja auch "Vorstadtweiber" geschrieben, pflegt einen sehr eigenen Stil. Er kreiert tolle Szenen voller Dialogwitz. Dass das Ganze überhöht ist, mag sein. Realismus findet man in anderen Formaten. Trotzdem ist die Geschichte dadurch nicht weniger wahr. Das alte Billy Wilder-Prinzip, dass in allem Tragischen etwas Komisches steckt - und umgekehrt, wird in dieser Komödie sehr schön ausgeleuchtet, wie ich finde.

teleschau: Der Film erzählt von Menschen, die komplett aus ihrem alten Leben abhauen, um ein neues zu beginnen. Halten Sie so etwas für möglich?

Ferch: Ich glaube, dass Flucht niemals ein probates Mittel ist, um mit sich selbst ins Reine zu kommen. Ich denke, wer aus einer Lebenssituation flieht, muss die Bearbeitung oder Verarbeitung des Problems schon im Gepäck mit sich führen, sonst wird das nichts. Das Leben hat sein eigenes Tempo. Man muss Täler durchwandern und Berge überqueren, um durchzukommen - und das dauert einfach. Die schnelle Flucht als Lösungsidee ist fast immer ein Trugschluss.

Seit fast 25 Jahren gut im Film- und Fernsehgeschäft: Heino Ferch kann die Corona-Pandemie in seinem Beruf als Schauspieler anscheinend nichts anhaben. Bald hat er den 100. Coronatest absolviert, sagt er. (Bild: ZDF/ORF/aifilm/Petro Domenigg)
Seit fast 25 Jahren gut im Film- und Fernsehgeschäft: Heino Ferch kann die Corona-Pandemie in seinem Beruf als Schauspieler anscheinend nichts anhaben. Bald hat er den 100. Coronatest absolviert, sagt er. (Bild: ZDF/ORF/aifilm/Petro Domenigg)

"Ich bin nach wie vor Fan von allem Romantischen"

teleschau: Sind Sie in Liebesdingen eher Hals-über-Kopf unterwegs oder ein Beziehungsarbeiter?

Ferch: Ich bin auf jeden Fall ein Romantiker. Jeder, der einiges an Jahren auf dem Buckel hat, weiß, dass Liebe und Beziehung viel Arbeit bedeuten - was das Leben keineswegs schnöde oder pragmatisch macht. Man erkennt einfach mit der Zeit, dass zu jeder Entscheidung, zu jeder Reaktion zwei Personen gehören. Es ist auch nie einer allein an allem Schuld. Dies ist die Erkenntnis, aber auch die große Chance, die in erwachsenen Beziehungen liegt. Trotzdem bin ich nach wie vor Fan von allem Romantischen.

teleschau: Sie sind in diesen Wochen mit einem neuen "Allmen"-, einem neuen "Spuren des Bösen"-Film und "Wer einmal stirbt dem glaubt man nicht" in gleich drei Hauptrollen zu sehen. Ist es schöner, zu alten Rollen zurückzukehren - oder neue anzugehen?

Ferch: Beides hat seinen Reiz. "Spuren des Bösen" drehe ich nun seit zehn Jahren. Die letzten drei Filme waren eine Trilogie. Die Figur des Psychiaters Brock ist schon ziemlich depressiv, die Geschichten sehr hart und düster. Zudem haben wir in Wien zu einer Jahreszeit im letzten Herbst gedreht, als es um 16 Uhr dunkel wurde. Ich kann nicht sagen, dass so etwas in den Kleidern hängenbleibt, auch wenn man die Figur schon gut kennt. Im Gegensatz dazu sind die Martin Suter-Verfilmungen mit Johann Friedrich von Allmen ein spielerischer Genuss. Der hat zwar auch Midlife Crisis oder Alterswehmut, aber auch eine große Leichtigkeit und Anything-Goes-Attitüde. Es sind nicht so sehr vertraute oder neue Figuren, die mich beschäftigen, sondern das Wesen der Figur.

teleschau: Was macht Ihnen bei Ihrer Allmen-Figur besonderen Spaß?

Ferch: Oh, das sind eine Menge Dinge. Da ist zum einen die Lust an Verkleidung und exquisiter Sprache. Eine Poppermatte, die über die Stirn fällt, perfekt geschnittene Anzüge und schöne Frauen. Auch vertraute Muster, die man weiterentwickeln kann, machen Spaß. Insofern sind vertraute Rollen dann doch etwas leicht anderes. Bei "Wer einmal stirbt dem glaubt man nicht" hat mich die Eitelkeit der Figur gereizt. Und wie diese Eigenschaft mit der Realität und dem Drama kollidiert, das sich rund um sein scheinbar perfektes Leben entwickelt. Nicht zuletzt war die Arbeit mit Julia Koschitz, mit der ich schon zum vierten Mal drehen durfte, ein entscheidender Punkt. Julia ist eine Kollegin, die ich sehr schätze. Sie gibt immer alles und befindet sich dabei stets auf der Suche. Sie ist eine sehr kluge Frau und Schauspielerin.

Heino Ferch und Julia Koschitz in der ARD-Samstagskomödie "Wer einmal stirbt dem glaubt man nicht", die das Wesen der Liebe erforscht. (Bild: ARD Degeto / Torsten Jander )
Heino Ferch und Julia Koschitz in der ARD-Samstagskomödie "Wer einmal stirbt dem glaubt man nicht", die das Wesen der Liebe erforscht. (Bild: ARD Degeto / Torsten Jander )

"Bei Fernsehproduktionen ist mittlerweile eine Art Normalität eingekehrt"

teleschau: Ihr letzter "Spuren des Bösen"-Film wirkte ein bisschen wie ein Finale. War es das?

Ferch: Das Konzept mit den drei Filmen als "Trilogie" war auf jeden Fall bewusst so angelegt. In der Tat ist es unklar, ob wir weitermachen. Ich kann es zum jetzigen Zeitpunkt schlicht nicht sagen.

teleschau: Sind alle drei Filme, über die wir sprachen, in der Pandemie-Zeit entstanden?

Ferch: "Spuren des Bösen - Schuld" wurde vor der Corona-Krise gedreht, "Allmen" ist während der Pandemie entstanden. "Wer einmal stirbt ..." hatten wir kurz vor dem Frühjahrs-Lockdown 2020 angefangen, dann für etliche Wochen unterbrochen und im Sommer 2020 zu Ende gedreht. Eigentlich hätten wir nur noch eine Woche zu drehen gehabt, aber dann kam der Lockdown. Ich erinnere mich daran, dass wir fieberhaft versuchten, alle Szenen in der mondänen Hamburger Villa meines Charakters noch rechtzeitig fertigzubekommen. Das Haus war angemietet, sehr exquisit ausgestattet, und es wäre ein großer Aufwand gewesen, das alles noch mal genauso hinzubekommen.

teleschau: Insgesamt scheint es, als habe sich die Fernsehbranche an die Pandemie-Situation gewöhnt. Kann man sagen, es läuft fast alles wieder normal?

Ferch: Wenn man bedenkt, wie verunsichert wir alle waren, als die letzten Tage und Wochen vor dem Frühjahrs-Lockdown 2020 gedreht wurde, ist tatsächlich mittlerweile eine Art Normalität eingekehrt. Ich sage bewusst: bei Fernsehproduktionen, weil im Bereich Kino geht ja fast nichts - weil unklar ist, wann die Spielstätten wieder aufmachen. Während der Drehs ist es so, dass die meisten Produktionen sehr intensiv testen, um diese Arbeit überhaupt machen zu können. Insgesamt habe ich in der Covid-19-Zeit bisher fünf Filme gedreht. Ich weiß, dass das keineswegs normal ist und bin dankbar dafür, dass es so gut gelaufen ist.

Heino Ferch in der ARD-Komödie "Wer einmal stirbt dem glaubt man nicht". Der Schauspieler hat derzeit gut zu tun - auch wenn sich seine Branche den Bedingungen der Pandemie anpassen musste. Die brummende TV- und Streamingindustrie scheint Corona deutlich besser zu managen als die (deutsche) Politik, deutet der 57-Jährige an.

 (Bild: ARD Degeto / Torsten Jander)

"Wir befinden uns auf jeden Fall in einer sehr kritischen Situation"

teleschau: Würden Sie sagen, das Drehen ist sicher, wenn man sich an bestimmte Regeln hält?

Ferch: Sicher ist nichts in dieser Pandemie. Es kann immer mal überraschend eine Infektion auftreten, und es gibt auch regelmäßig Produktionen, die ihren Dreh wegen Infektionsfällen oder Quarantänen unterbrechen müssen. Natürlich spielt die Qualität der Schutzmaßnahmen eine große Rolle. Als wir den Allmen-Film in Tschechien drehten, war das eines der am stärksten von Covid-19 betroffenen Länder. Unser Produzent hat jeden Morgen 40 PCR-Tests machen lassen.

teleschau: Sie sagen, dass Sie während der Covid-Zeit bisher fünf Film-Projekte gedreht haben. Es ist doch erstaunlich, was Ihre Industrie hinbekommt - im Gegensatz zu anderen gesellschaftlichen Bereich, die versuchen, die Pandemie zu bändigen ...

Ferch: Ja, tatsächlich. Aktuell drehe ich bei Uli Edels "Friedrichstadt-Palast"-Projekt. Es geht eigentlich kontinuierlich weiter. Die Fernseh- und Streaming-Produktionen brummen. Ich glaube, ich habe bald den einhundertsten Corona-Test hinter mir.

teleschau: Glauben Sie, dass bald alles besser wird?

Ferch: Ja, natürlich, darauf hoffen wir ja alle. Ich war schon etwas geschockt, dass wir das mit dem Impfen in Deutschland bisher nicht besser hinbekommen haben. Und vor allem davon, dass alle lebensrettenden Maßnahmen mit viel zu viel Bürokratie verbunden sind.

teleschau: Agiert die Politik derzeit konzeptlos auf die Herausforderungen der Pandemie?

Ferch: Ja, so sieht es aus - auch, wenn man es kaum glauben mag. Unser Föderalismus, auf den wir im demokratischen Sinne immer stolz waren, zeigt sich derzeit nicht von seiner besten Seite. Jeder kocht sein eigenes Süppchen, blockiert sich gegenseitig, und damit droht die Situation komplett gegen die Wand zu fahren. Dazu kommt, dass wir ein Land mitten in Europa sind - mit vielen Außengrenzen, über die immer wieder neue Infektionen herüberkommen können, egal wie gut wir das hier national machen. Wir befinden uns auf jeden Fall in einer sehr kritischen Situation.

Mit "Schuld", dem dritte Film einer "Spuren des Bösen" Filmtrilogie, endet eine zusammenhängende Erzählung. War es der letzte Film der viel gelobten ZDF-Reihe nach zehn Jahren? Auch dazu äußert sich Heino Ferch im Interview. (Bild: ZDF / Petro Domenigg FILMSTILLS.AT KG)
Mit "Schuld", dem dritte Film einer "Spuren des Bösen" Filmtrilogie, endet eine zusammenhängende Erzählung. War es der letzte Film der viel gelobten ZDF-Reihe nach zehn Jahren? Auch dazu äußert sich Heino Ferch im Interview. (Bild: ZDF / Petro Domenigg FILMSTILLS.AT KG)