Ukraine-Krieg und Corona treiben Fälle politischer Kriminalität auf Höchststand
Der Ukraine-Krieg und Corona-Proteste haben die Fälle politisch motivierter Kriminalität in Deutschland im vergangenen Jahr auf einen neuen Höchststand gebracht. Die Gesamtzahl der Delikte stieg um gut sieben Prozent auf 58.916 Fälle, wie Bundesinnenministerium und Bundeskriminalamt (BKA) am Dienstag mitteilten. Ein deutlicher Anstieg wurde dabei auch bei Straf- und Gewalttaten durch Reichsbürger verzeichnet. Blockadeaktionen von Klimaaktivisten schlugen gleichfalls spürbar zu Buche.
Durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg von Russlands Präsident Wladimir Putin sei "auch für die innere Sicherheit in Deutschland eine Zeitenwende gefolgt", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei der Vorstellung der Daten. Im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg gab es demnach 5510 politisch motivierte Straftaten. Dies ging einher mit einem deutlichen Anstieg von Fällen, der dem Bereich "ausländische Ideologie" zugeordnet wurde. Sie erhöhten sich um 237 Prozent auf 3886 Fälle.
Stark war auch der Anstieg der Fälle im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Sie nahmen um 52 Prozent auf 13.988 zu. BKA-Präsident Holger Münch betonte aber, der Höhepunkt habe zu Beginn des Jahres 2022 gelegen. Die Fallzahl sei "mit der Aufhebung der staatlichen Restriktionen dann kontinuierlich" zurückgegangen.
Die Straftaten von Reichsbürgern und Selbstverwaltern stiegen um rund 40 Prozent auf 1865 Fälle. Schwerpunkt waren Nötigungen und Bedrohungen sowie Beleidigungen. Die Zahl der Gewaltdelikte in diesem Bereich erhöhte sich um gleichfalls 40 Prozent auf 333.
Der Staat werde weiter "mit aller Härte gegen Reichsbürger" vorgehen, sagte Faeser. Sie verwies auf die Großrazzia Ende vergangenen Jahres wegen eines mutmaßlichen Umsturzversuchs aus der Szene und mahnte den konsequenten Entzug von Waffen an. Faeser zufolge gibt es noch rund 400 Reichsbürger, die über mindestens eine waffenrechtliche Erlaubnis verfügen.
Faeser wie Münch betonten, Rechtsextremismus bleibe die größte Bedrohung für die Demokratie. In diesem Bereich stieg die Zahl der Fälle um sieben Prozent auf 23.493. Während die Zahl der Gewalttaten im linksextremistischen Bereich deutlich zurückging, erhöhten sich diese im rechten Spektrum um mehr als zwölf Prozent auf 1170. Über alle Bereiche hinweg stieg die Zahl der Gewalttaten um vier Prozent auf 4043. Dabei gab es 2386 Fälle von Körperverletzung.
Hass und Hetze seien oft Nährboden für Gewalt, sagte Faeser auf eine Frage zur Rolle der AfD in Ostdeutschland. "Aus Worten werden Taten." Die Behörden hätten deshalb Aufrufe bei Demonstrationen und Kundgebungen "sehr genau im Blick. Und da kommt natürlich auch der AfD eine besondere Rolle zu". Faeser verwies darauf, dass der Verfassungsschutz Ende April die AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft hatte.
Im Bereich Klima und Umweltschutz wurden 1716 politisch motivierte Straftaten registriert. Dies waren 72 Prozent mehr als im Vorjahr. "Ein großer Teil davon geht natürlich auf die Straftaten bei den Straßenblockaden und anderen Aktionen der Letzten Generation zurück", sagte Faeser. Für Vergehen in diesem Bereich habe sie "nicht das geringste Verständnis". Die Klimakrise müsse "demokratisch bekämpft werden".
BKA-Chef Münch rechnet mit einem "spürbaren" Rückgang der Gesamtfallzahlen im diesem Jahr. Er verwies insbesondere auf deutlich weniger Corona-Proteste. Allerdings habe er "keine Kristallkugel", sagte Münch, und in den vergangenen Jahren habe es immer wieder Herausforderungen gegeben, die nicht vorhersehbar gewesen seien.
mt/cne