EZB-Ausblick wird mit Strategiereview für Anleger zur Nebelbank

(Bloomberg) -- Während der Kampf gegen Corona in Europa Fortschritte macht, wird es für Anleger zunehmend schwierig, die Implikationen für die Stimulus-Politik der EZB abzuschätzen. Schließlich dürften die Gespräche über den Ausstieg aus den Krisenmaßnahmen im Jahresverlauf zusammenfallen mit einer möglichen Änderung des Inflationsziels.

Eine Unvorhersehbarkeit der Volatilität könnte die Kreditkosten erhöhen und ein solches “Taper Tantrum” könnte die Erholung untergraben. Bei der Pressekonferenz von EZB-Chefin Christine Lagarde am Donnerstag werden die Investoren achtgeben, ob die Notenbank dies auf dem Radarschirm hat.

Lagarde wird mit ziemlicher Sicherheit ihre Zusage bekräftigen, das Finanzierungsumfeld günstig zu halten, bis die Coronakrise vorbei ist. Damit ist jedoch nicht die Frage gelöst, wie sie die Anleihenotkäufe zurückfahren und den Übergang zu mehr Standardinstrumenten bewältigen will.

“In Bezug auf die Art und Weise, wie sie mit dem Asset-Kaufprogramm, den Reinvestitionen, den zukünftigen Überlegungen zum Tapering und dem tatsächlichen Anheben der Zinsen umgehen, kann man nur sehr schwache Überzeugungen haben”, sagt Richard Kelly, Leiter der globalen Strategie bei der Toronto Dominion Bank, mit Blick auf die EZB. “Nicht nur ist der Konjunkturausblick so unsicher wie nie, sondern es ist auch unklar, wie sie ihre Ziele ändern wollen.”

Die Neubewertung des EZB-Inflationsziels ist Teil der weitreichenden strategischen Überprüfung, die nach Pandemie-Verzögerung diesen Sommer abgeschlossen werden soll. Die Ergebnisse dürften dann im Herbst bekannt gegeben werden.

Die derzeitige Definition von Preisstabilität - mittelfristig eine Inflation von unter, aber nahe 2% - wird sich höchstwahrscheinlich zu einem symmetrischen Ziel wandeln, das ein gewisses Überschießen nach Jahren der Unterschreitung zulässt. Das würde an den Strategiewechsel der US-Notenbank im vergangenen Jahr erinnern.

Der belgische Notenbankchef Pierre Wunsch äußerte in diesem Monat die Hoffnung, dass die EZB die Ausstiegsgespräche “innerhalb eines vernünftigen Zeitrahmens” beginnen könne. Sein niederländischer Kollege Klaas Knot schlug vor, die Käufe ab dem dritten Quartal zu reduzieren.

Frankreichs Francois Villeroy de Galhau hat indessen einen Übergang von den Pandemie-Anleihekäufen zu einer “angepassten” Version eines älteren Kaufprogramms vorgeschlagen. Derweil sollten Negativzinsen, langfristige Bankkredite und eine explizite Guidance zur Inflationstoleranz beibehalten werden.

Wenn das Pandemieprogramm nicht verlängert wird, werden die Diskussionen darüber, wann und wie es beendet werden soll, wahrscheinlich parallel zum Abschluss der Strategie-Überprüfung stattfinden.

“In den Sitzungen im September, Oktober und Dezember müssen zwei wichtige Dinge besprochen werden: das Review, einschließlich des Instrumentariums, und die Zukunft des Pandemie-Notkaufprogramms”, sagt Piet Christiansen, Chefstratege der Danske Bank A/S. “Es wird schwierig sein, beides zu trennen.”

Eine Option wäre, dass die Überprüfung selbst zu einem politischen Instrument wird. Wenn ein Signal, dass die Pandemiekäufe im März aufhören sollen, die Investoren mehr verunsichert, als die EZB glaubt, könnte eine Zusage, die Inflation für einige Zeit über 2% laufen zu lassen, als Gegengewicht genutzt werden.

Das ist keine Debatte für Donnerstag, und wahrscheinlich auch nicht für Juni - obwohl dann neue Wirtschaftsprognosen veröffentlicht werden. Die Investoren könnten für eine Weile in der Schwebe gelassen werden.

“Es fühlt sich so an, als ob wir erst einmal die Lockdowns hinter uns lassen müssen, bevor die EZB stärkere Meinungen formulieren kann”, sagt Volkswirt Anatoli Annenkov von Societe Generale SA. “Es dürfte darum gehen, einen Punkt zu erreichen, an dem man sich einigermaßen klar über die Aussichten des Pandemieprogramms fühlt - vielleicht im September oder Oktober - und dann zu versuchen, die strategische Überprüfung als geldpolitisches Lockerungspolster zu nutzen.”

Überschrift des Artikels im Original:Investors Face ECB Fog as Policy Review Complicates Crisis Exit

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