Ex-"Super Nanny" Katia Saalfrank bei "Maybrit Illner": "Die Familien halten das nicht mehr lange durch!"

Kümmert sich die Politik in der Corona-Krise angemessen um die Bedürfnisse von Kindern und Eltern? Katia Saalfrank, Familienberaterin und ehemalige RTL-"Super Nanny" ließ bei "Maybrit Illner" kaum ein gutes Haar an der Politik von Familienministerin Franziska Giffey.

Es war ein Donnerstag der Entscheidungen - oder doch nicht? Nach ihrem Treffen mit den Ministerpräsidenten der Länder verkündete Bundeskanzlerin Angela Merkel eine ganze Reihe von Lockerungsmaßnahmen: Kinder dürfen wieder Spielplätze betreten, Museen und Zoos öffnen wieder, Gottesdienste dürfen wieder stattfinden - das alles natürlich unter Einhaltung strenger Hygiene- und der bekannten Abstandsregeln.

Doch was ist mit Kindergärten und Schulen, über deren Öffnung zuletzt verstärkt diskutiert wurde? Weitergehende Entscheidungen darüber wurden auf den 6. Mai vertagt. Welche Konsequenzen die Schließungen für Kinder und Familien haben, und ob die Politik deren Bedürfnisse der Krise bislang zu wenig beachtet hat, war einer der zentralen Diskussionspunkte in Maybrit Illners Sendung mit dem Titel "Die Politik macht auf - die Unsicherheit bleibt".

Teilweise unfreiwillig in die Defensive geriet dabei Familienministerin Franziska Giffey (SPD), die den bisherigen, eher zurückhaltenden Kurs der Bundesregierung verteidigen musste. Katia Saalfrank, Familienberaterin und bekannt als einstige RTL-"Super Nanny", monierte etwa, dass ihr die Ministerin "diese Woche zum ersten Mal überhaupt mit Sätzen zu den Familien" aufgefallen sei. Giffey hingegen machte deutlich, dass sie sich ganz persönlich für die Öffnung der Spielplätze eingesetzt und zahlreiche finanzielle Maßnahmen zur Unterstützung von Familien auf den Weg gebracht habe. Auch der von den Familienministern der Länder ausgearbeitete Vier-Stufen-Plan zur Öffnung der Kitas läge jetzt vor.

Eine Steilvorlage für FDP-Parteichef Christian Lindner, der bereits in zahlreichen Talkshows weitergehende Lockerungen forderte und sich sicher ist, dass es im Gegensatz zum Beginn der Krise inzwischen "intelligenter und freiheitsschonender gelingen kann, die Gesundheit zu schützen". Er könne nicht verstehe, warum angesichts der bereits vorliegenden Pläne "noch eine weitere Woche ins Land geht", bis über die Kita-Frage entschieden werde.

Saalfrank: "Kinder sind keine kleinen Kätzchen!"

Auch Saalfrank mahnte, dass der "Spagat zwischen Home Office und Home Schooling" schon zu lange andauere: "Das halten die Familien nicht mehr lange durch!" Auch Giffeys Einwurf, dass inzwischen mehr Eltern und berufstätige Alleinerziehenden eine Notbetreuung in Anspruch nehmen können, stellte die Ex-"Super Nanny" nicht zufrieden.

Das Angebot sei natürlich gut: "Es wäre mir aber auch wichtig, dass es dann auch wirklich genutzt werden kann", erklärte Saalfrank: "Ich habe viele Familien erlebt, die das versucht haben und bei denen es nicht funktioniert hat, weil die Kinder die Menschen nicht kennen, weil alle mit Schutzmasken rumlaufen und die Eltern nicht mit in die Räume reingehen durften. Kinder sind keine kleinen Kätzchen, die man irgendwo abgibt!"

In der Diskussion stehe, so Saalfrank, immer eher im Vordergrund, dass eine Kinderbetreuung es den Eltern ermöglicht, wieder zu arbeiten. Es müsse stattdessen vielmehr um die Qualität gehen, die Bedürfnisse der Kinder stärker berücksichtigt werden: "Erzieher, die Abstandsregeln einhalten müssen und Masken kriegen, das ist keine gute Situation für mein Kind. Ich würde gerne entscheiden, nehme ich diese Betreuung in Anspruch oder nicht? Und wenn ich sie nicht in Anspruch nehme, möchte ich gerne finanzielle Unterstützung haben", forderte die Diplom-Pädagogin.

Virologe Schmidt-Chanasit: Können nichts über die Infektionsgefahr bei Kindern sagen

Doch nicht nur die Qualität der Betreuungsmöglichkeiten beschäftigte die Talkrunde, sondern auch die Frage, wie gefährlich eine schnelle und umfassende Öffnung sein könnte. Schließlich hatten am Donnerstag die vorab veröffentlichen Ergebnisse einer Studie von Forschern um den Charité-Virologen Christian Drosten für Aufsehen gesorgt: Demnach können infizierte Kinder den Erreger genauso weitergeben wie ältere Menschen, die Zahl der Viren, die sich in den Atemwegen nachweisen lässt, unterscheide sich bei verschiedenen Altersgruppen nicht, so die Studie.

Christian Lindner blies in ein ähnliches Horn wie jüngst NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und Drosten vor, innerhalb kürzester Zeit völlig unterschiedliche Erkenntnisse zur Ansteckungsgefahr bei Kindern veröffentlicht zu haben. Der FDP-Chef wünscht sich ein "Konklave der Virologen", das für einen wissenschaftlichen Konsens und Klarheit sorgen solle. Wie Forscher mögen sich erst dann äußern, "wenn weißer Rauch aufsteigt". Jonas Schmidt-Chanasit wiegelte da ab. Der Virologe am Bernhard-Nocht-Institut der Universität Hamburg nahm seinen Kollegen in Schutz.

"Wir glauben nicht - wir wissen, dass wir sehr wenig wissen über das neue Virus", erklärte er wortgewandt. Momentan gebe es sehr viele Publikationen mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen, damit müsse man auch in der Politik umgehen. Ob von Kindern wirklich eine Infektionsgefahr ausgehe, könne man derzeit einfach nicht verlässlich sagen, so Schmidt-Chanasit.