Von der Leyen stimmt Abgeordnete auf Erweiterung der Staatengemeinschaft ein

Neun Monate vor der Europawahl hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor dem EU-Parlament eine Bilanz ihrer vierjährigen Amtszeit gezogen. (FREDERICK FLORIN)
Neun Monate vor der Europawahl hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor dem EU-Parlament eine Bilanz ihrer vierjährigen Amtszeit gezogen. (FREDERICK FLORIN)

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat vor dem EU-Parlament eine Bilanz ihrer bisherigen Amtszeit gezogen und den Blick auf ein Europa mit "mehr als 30 Staaten" gerichtet. Es sei an der Zeit, der Entschlossenheit der Ukraine und weiterer Beitrittskandidaten "gerecht zu werden", sagte sie am Mittwoch in ihrer Rede zur Lage der Union. Zudem lobte sie den Green Deal als wichtig im Kampf gegen den Klimawandel und warb für gemeinsame Asylregeln. Neun Monaten vor der Europawahl blieb ein Signal zu einer möglichen zweiten Amtszeit von ihr aber aus.

Bei der Erweiterung sollte die EU nicht auf eine Änderung ihrer Gründungsverträge warten, mahnte die EU-Kommissionspräsidentin. Sie forderte eine schnellere Anpassung der Union, ihrer Institutionen und ihres Haushalt an eine Staatengemeinschaft mit mehr als 30 Mitgliedern. Einen konkreten Zeitplan nannte sie jedoch nicht. "Ich glaube, dass Europa auch mit mehr als 30 Staaten funktioniert", betonte von der Leyen.

Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs hatte die EU der Ukraine im vergangenen Jahr den Status eines EU-Beitrittskandidaten verliehen. Auch das ukrainische Nachbarland Moldau sowie die fünf Westbalkanstaaten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien hoffen auf eine Aufnahme in die Staatengemeinschaft.

Von der Leyen erklärte in Richtung Kiew, die EU werde der Ukraine "so lange wie nötig" zur Seite stehen. Vier Millionen Ukrainer hätten seit Beginn des Krieges in der EU Zuflucht gefunden, sagte sie. Die Kommission werde nun den Mitgliedstaaten eine Verlängerung des Schutzstatus für die Ukrainerinnen und Ukraine in der EU vorschlagen.

Im Hinblick auf die künftige Asylpolitik zeigte sich von der Leyen überzeugt, dass eine Einigung "in greifbarer Nähe" liege. Gemeinsame Regeln der Mitgliedstaaten scheiterten bislang am Widerstand Polens und Ungarns. Die Kommissionspräsidentin warb für Partnerschaften mit afrikanischen Ländern nach dem Vorbild des kürzlich geschlossenen Migrationspakts mit Tunesien.

Von der Leyen bezeichnete das in ihrer Amtszeit verabschiedete EU-Klimaschutzpaket Green Deal als wichtige Errungenschaft auf dem Weg zur Klimaneutralität und kündigte eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen an. Die Umstellung auf erneuerbare Energien werde "fair und gerecht" für Landwirte und Unternehmen ablaufen. Die EU hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu sein.

Die Rede zur Lage der Union ist ein jährliches Ritual. Damit nehmen die EU-Kommissionschefs eine ähnliche Pose wie die US-Präsidenten mit ihren Reden an die Nation ein. Für von der Leyen, die seit 2019 im Amt ist, war es die vierte und vorerst letzte Ansprache dieser Art im Straßburger EU-Parlament.

Viele hatten erwartet, dass von der Leyen in der Rede auch ein Signal zu ihrer politischen Zukunft geben würde - dies blieb jedoch aus. Gerüchten zufolge könnte sie auch mit der Nachfolge von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg liebäugeln, der im Herbst 2024 aus dem Amt ausscheidet.

Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU), lobte die Kommissionspräsidentin. Von der Unterstützung für grüne Industrien bis zum Einsatz für die Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten habe von der Leyen als Kommissionschefin die "richtigen Entscheidungen" getroffen, sagte er.

Im kommenden Frühjahr muss die EVP entscheiden, ob sie die Deutsche von der Leyen zu ihrer Spitzenkandidatin für die Europawahl vom 6. bis zum 9. Juni 2024 ausruft.

lt/ju