EU-Gericht erklärt Brüsseler Genehmigung für Lufthansa-Rettung für nichtig

Das erstinstanzliche Gericht der Europäischen Union (EuG) hat die Genehmigung eines Großteils der staatlichen Corona-Hilfen für die Lufthansa durch die EU-Kommission als nichtig verworfen.
Das erstinstanzliche Gericht der Europäischen Union (EuG) hat die Genehmigung eines Großteils der staatlichen Corona-Hilfen für die Lufthansa durch die EU-Kommission als nichtig verworfen.

Das erstinstanzliche Gericht der Europäischen Union (EuG) hat die Genehmigung eines Großteils der staatlichen Corona-Hilfen für die Lufthansa durch die EU-Kommission als nichtig verworfen. Der Kommission seien bei ihrer Prüfung "mehrere Fehler unterlaufen", erklärte das Gericht am Mittwoch in Luxemburg. Konkurrenten der Lufthansa sei dadurch womöglich Schaden entstanden. (Az: T-34/21 und T-87/21)

Die Entscheidung betrifft einen Teil (sechs Milliarden Euro) des staatlichen Hilfspakets für die Fluggesellschaft in Gesamthöhe von neun Milliarden Euro. Die Kommission hatte dafür im Rahmen der Sonderregelung wegen der Pandemie ohne ein formelles Prüfverfahren grünes Licht gegeben. Die Konkurrenz-Airlines Ryanair und Condor klagten gegen diesen Beschluss.

Das EU-Gericht rügte nun, dass die Kommission mehrere in den Pandemie-Sonderregelungen für staatliche Beihilfen "vorgesehene Voraussetzungen und Anforderungen missachtet hat". Zugleich bestehe die Möglichkeit, dass die staatlichen Hilfen "die Wettbewerbsstellung der Klägerinnen auf dem Markt für Passagierluftverkehr spürbar“ beeinträchtigt haben.

Unter anderem habe die Kommission nicht ausreichend geprüft, ob die Lufthansa sich das Geld nicht auf den Kapitalmärkten hätte beschaffen können, erklärte das Gericht zur Begründung. Gar nicht untersucht habe die Kommission, ob dies zumindest für einen Teil des Geldes möglich war. Insbesondere Condor habe hier begründete Zweifel angemeldet.

Bei der Prüfung der Auswirkungen auf den Wettbewerb habe die Kommission eine "beträchtliche Marktmacht" der Lufthansa Group an den Flughäfen Düsseldorf und Wien ohne ausreichende Begründung verneint. Zudem habe die Kommission unzureichende Bedingungen akzeptiert, um die Auswirkungen der Staatsbeihilfen auf den Wettbewerb auszugleichen.

Zwar habe die Lufthansa in Frankfurt und München jeweils 24 Slots für Starts und Landungen abgeben müssen. Wettbewerber, die an den betreffenden Flughäfen bereits eine Basis haben, hätten darauf aber zunächst keinen Zugriff gehabt. Die Vormacht der Lufthansa an diesen Flughäfen sei so gefestigt worden. Warum dies notwendig gewesen sei, habe die Kommission nicht begründet. Auch sei nicht nachvollziehbar, warum die Lufthansa die Slots nicht kostenlos abgeben musste, sondern verkaufen durfte.

Schließlich sei auch nicht sichergestellt gewesen, dass die Lufthansa die staatlichen Beteiligungen so schnell wie möglich wieder zurückkauft, kritisierte das Gericht. Entsprechende Anreize, etwa eine zeitlich gestaffelte Vergütung seitens der Lufthansa an den deutschen Staat, hätten zumindest teilweise gefehlt.

Nach eigenen Angaben hatte die Lufthansa die bereitgestellten Finanzmittel allerdings ohnehin nicht vollständig abgerufen. Mit der Überweisung von einer Milliarde Euro an den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) der Bundesrepublik hatte sie im November 2021 alle Gelder früher als geplant zurückbezahlt. Nach Angaben der Lufthansa hat der Staat hierfür 92 Millionen Euro Zinsen erhalten. Der WSF habe das vom Bund erworbene Aktienpaket in Höhe von 300 Millionen Euro inzwischen verkauft.

Dennoch hob das EuG die Genehmigungsentscheidung der Kommission nun als nichtig auf. Die beklagte EU-Kommission und auch die als Streithelferin beigetretene Bundesrepublik Deutschland können hiergegen noch Rechtsmittel zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) einlegen. Bleibt es bei der Nichtigkeit der Entscheidung, muss die EU-Kommission entweder ihre Begründung nachbessern oder ganz neu entscheiden, was wohl zu nachträglich härteren Auflagen für die Lufthansa führen würde.

Auf eine weitere Klage von Ryanair erklärte das EuG auch Hilfen Dänemarks und Schwedens für die Stockholmer Fluglinie SAS Scandinavian Airlines in Höhe von einer Milliarde Euro für nichtig. Bereits im Mai 2021 hatte das Gericht die EU-Kommission beordert, im Fall von Hilfen für die portugiesische Airline TAP und die niederländische KLM ihre Genehmigungen besser zu begründen.

Ryanair begrüßte die Urteile zu SAS und Lufthansa. "Das Eingreifen des Gerichts ist ein Triumph für den fairen Wettbewerb und die Verbraucher in der gesamten EU", erklärte ein Sprecher in Dublin. Insgesamt seien während der Covid-19-Pandemie "diskriminierende staatliche Subventionen in Höhe von über 40 Milliarden Euro an EU-Fluggesellschaften vergeben" worden.

xmw/pe