EU-Erweiterung bis 2030? Ratspräsident Michel will mehr Tempo
BRÜSSEL (dpa-AFX) -Die EU sollte nach Ansicht von Ratspräsident Charles Michel zügig neue Mitglieder aufnehmen. Ziel müsse es sein, dass sowohl die Beitrittskandidaten als auch die EU bis 2030 für eine Erweiterung bereit seien, sagte der Belgier am Montag bei der Diskussionsveranstaltung Bled Strategic Forum in Slowenien. Um stärker und sicherer zu sein, müsse die EU mächtiger werden und das Thema Erweiterung angehen. Es gebe noch viel Arbeit zu erledigen, es sei aber an der Zeit, voranzuschreiten.
Welche Länder er für besonders aussichtsreiche Kandidaten für einen schnellen Beitritt hält, sage Michel nicht. Beitrittsverhandlungen führte die EU zuletzt mit den Balkanstaaten Montenegro, Albanien, Serbien, Bosnien-Herzegowina und Nordmazedonien. Zudem sind auch das Kosovo sowie die Ukraine, Moldau, Georgien und die Türkei Bewerberländer. Mit der Türkei gab es bereits lange Beitrittsverhandlungen, sie liegen allerdings seit Jahren wegen rechtsstaatlicher Defizite auf Eis.
Ratspräsident Michel betonte in seiner Rede, dass Fortschritte im Beitrittsprozess weiter von Reformanstrengungen der Bewerberländer abhängig seien und zwischenstaatliche Konflikte beigelegt werden müssten. Zudem sei es notwendig, dass sich auch die EU selbst mit Reformen bereit für die Aufnahme neuer Mitglieder mache - beispielsweise durch eine Beschleunigung von Entscheidungsprozessen.
"Die Integration neuer Mitglieder in unsere Union wird nicht einfach sein", sagte Michel. Dazu gehöre auch, dass es erhebliche finanzielle Mittel brauchen werde, um den Ländern beim Aufholen zu helfen. Die Wirtschaftskraft künftiger Mitgliedstaaten entspreche etwa 50 bis 70 Prozent der kleinsten EU-Wirtschaft, sagt er. Dies bedeute, dass diese Länder zunächst Nettoempfänger würden. Zugleich würden mehrere derzeitige Nettoempfänger zu Nettozahlern werden.
Wie die letztlich entscheidenden Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten Michels Vorstoß sehen, wird sich vermutlich in den kommenden Monaten zeigen. Das Thema Erweiterung soll unter anderem bei einem informellen EU-Gipfel Anfang Oktober diskutiert werden. Im Dezember soll entschieden werden, ob mit der Ukraine und Moldau Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden und ob Georgien den Status des Beitrittskandidaten bekommt.