Eskaliert die US-Außenpolitik, muss Deutschland vermitteln

Der US-Präsident scheint mit einer neuen militärischen Offensive in Afghanistan zu liebäugeln. Nach 16 Jahren im Krieg mit dem islamistischen Terrorismus in dem Land ist nichts in Sicht, was aus der Sicht der Regierung als ein Sieg gewertet und verkauft werden könnte. Das soll sich nach dem Willen von Herrn Trump ändern.

Im Umgang mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jung-un ist die Kriegsrhetorik auf beiden Seiten längst maximal entfesselt. Eine harte Gangart und Sprache hält der Präsident für angebracht und es ist eine ehrliche Frage an jeden Anti-Militaristen, wie man sonst auf die Horror-Nachrichten aus Pyongyang reagieren könnte. Eine Spirale der Gewalt droht in Bewegung gesetzt zu werden.

Der Bundesrepublik, einem Premium-Verbündeten der USA, wird in einem Eskalationsfall der US-Außenpolitik eine zentrale Rolle als Vermittler zukommen: Soft Power Deutschland. Wäre da nicht der Bundestagswahlkampf. In den letzten Wochen vor dem Wahltag Ende September versuchen sich alle Parteien, als reaktionsstark und regierungstauglich zu präsentieren, Leadership zu zeigen, wie es auf Neu-Deutsch heißt.

Und da in Deutschland der Unheimliche des Wahlkampfs Vladimir Putin heißt, wird es darum gehen zu zeigen, nicht in allem, schon gar nicht auf das Geheiß einer Regierung Trump, international vermittelnd tätig zu werden, quasi als Vorposten Washingtons zu agieren. Merkel-Herausforderer Martin Schulz hat schon vor einiger Zeit betont, im Wahlkampf durch Trump-Kritik auffallen zu wollen. Und durch die Parteien wie durch die deutsche Gesellschaft geht von jeher ein Graben, der die Menschen in Amerikafreunde und Russlandversteher einteilt.

Der Verfasser dieser Zeilen glaubt nicht an eine Äquidistanz Deutschlands zu Russland und zu den Vereinigten Staaten von Amerika. Die USA sind heute uneingeschränkt der Partner unseres Landes, so wie sie in der Vergangenheit der Garant seiner Freiheit wahren. Die Freiheit der Meinung, des Glaubens, der Rede und der Presse sind in den USA ebenso selbstverständlich zu hause wie in Deutschland - auch wenn viele Errungenschaften der Vereinigten Staaten durch Präsident Trump momentan auf dem Spiel stehen. Sich in einem Moment, in dem es einem langjährigen Partner und Freund innenpolitisch nicht so gut geht, sein Mütchen an seinem Geschick zu kühlen, wäre keine Art.

Es scheint, dass die USA in diesem Moment gute Freunde mehr den je brauchen. In jedem Fall brauchen sie sie mehr, als die Deutschen ein paar durchschaubare Winkelzüge im Wahlkampf bräuchten. Wir Deutsche sollten hier vielmehr mit Verlässlichkeit und Anstand vorangehen, dem amerikanischen Volk die Verbundenheit ausdrücken, nicht nur aus Treue - die Amerikaner kamen als Befreier und Besatzer und gingen als Freunde - sondern auch, weil es als Gebot der Stunde das richtige zu tun ist: das schlimmste verhindern helfen.

Die Versuchung würde groß sein, sollten Donald Trump und seine Unterstützer, Neo-Nazis und Judenhasser unter ihnen in nicht geringer Zahl, die USA in eine außenpolitische Katastrophe manövrieren, den Finger auszufahren und mit Spott und Häme über die Amerikaner herzufallen. Tatsächlich wäre aber in einer solchen Situation staatsmännische oder staatsfrauliche Größe gefragt. Es walte Gott, dass die Kandidaten im Bundestagswahlkampf diese Größe an den Tag legen.