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"Wir entzünden ein Strohfeuer nach dem anderen und frieren trotzdem weiter"

Schauspiel-Gigant Klaus Maria Brandauer ("Jenseits von Afrika") warnt vor der Komplett-Verflachung des gesellschaftlichen Diskurses. Passend dazu erzählt sein ARD-Filmexperiment "Ferdinand von Schirach: Feinde" am 3. Januar den gleichen Kriminalfall aus zwei unterschiedlichen Perspektiven.

Geschichten nach Ferdinand von Schirach, dem ehemaligen Strafverteidiger und Bestsellerautor, haben derzeit Hochkonjunktur im Fernsehen. Besonders ambitioniert ist das Filmexperiment "Feinde" (Sonntag, 3. Januar, 20.15 Uhr), hinter dem sich zwei Krimis verbergen, die parallel im Ersten und den Dritten Programmen laufen. Mit Bjarne Mädel als Kommissar (ARD) und Klaus Maria Brandauer (Dritte und ONE) erzählen die beiden 90-Minüter den gleichen Kriminalfall aus zwei Perspektiven.

Der jeweils nicht zur Primetime gezeigte Film wird auf dem entsprechenden Programm auch noch einmal im Anschluss um 21.45 Uhr ausgestrahlt. Es geht also um die Akzeptanz verschiedener Sichtweise auf ein Problem, auch, wie eigentlich immer bei von Schirach, um die Unterscheidung der Begriffe Recht und Gerechtigkeit. Für Schauspiel-Veteran Klaus Maria Brandauer, in den 80-ern als James Bond-Gegenspieler oder in "Jenseits von Afrika" einer der gefragtesten Weltstars, ist das ARD-Wagnis ein Diskussionsbeitrag zur rechten Zeit. "Es geht nicht ums schnelle Aufsuchen vorgeprägter Meinungen, und dann kommt ein großer Haken dahinter, sondern um ein Einlassen auf die Geschichte und ihre verschiedenen möglichen Blickwinkel - die man sich mehr oder weniger zu eigen machen könnte."

Angesprochen auf die Tatsache, dass der gesellschaftliche Diskurs in Deutschland und anderswo schon lange nicht mehr so hitzig und erbarmungslos wie heute geführt wurde, sagte der 77-jährige Brandauer im Interview mit der Agentur teleschau: "Wir leben zumindest in einer Zeit, in der hochkomplexe Fragen nur noch in kurzen, grellen Schnipseln dargestellt werden können - oder gar nicht mehr vorkommen. Es geht um Schlagworte, Deutungshoheiten, nicht um das bessere Konzept, um welches mit Argumenten gerungen wird. Wir entzünden ein Strohfeuer nach dem anderen und frieren trotzdem weiter. Es wäre zu einfach, die Schuld dafür der Politik oder den Medien zu geben. Wir haben alle unseren Anteil daran, weil wir immer gern demjenigen glauben, der zuletzt oder am lautesten gesprochen hat."