Emily Lloyd: Der Pechvogel Hollywoods?

Es gab eine Zeit in den 90er Jahren, in der Emily Lloyd auf dem besten Weg war, eine der größten Schauspielerinnen der britischen Filmbranche zu werden.

Mit 16 Jahren lag der Tochter von Roger Lloyd-Pack, Star aus der Sitcom ‚Only Fools and Horses‘, die Welt zu Füßen. Sie wurde für ihre überwältigende Performance als geplagter, promiskuitiver Teenager Lynda in ‚Ich wollte, du wärst hier‘ für einen BAFTA nominiert (allerdings ging dieser dann doch an Hollywood-Star Anne Bancroft).

image

Schauspielerisches Talent war ihr in die Wiege gelegt – ihr Vater kam aus der Branche, ihr Großvater war Theater- und Filmschauspieler Charles Lloyd-Pack, und ihre Mutter Sheila Hughes war Theateragentin von Harold Pinter.

Sie hatte die Schauspielerei im Blut und ihr Können in ‚Ich wollte, du wärst hier‘ wurde in der Filmwelt groß gelobt, gefolgt von vielen Angeboten auch aus Amerika.

image

Steven Spielberg, großer Fan dieses Filmes, hat sie in sein Studio bei Amblin Entertainment eingeladen und ihr geraten, sich nicht vom Filmgeschäft verschlingen zu lassen. „Sei ein Kind und besuche Disneyland“, sagte er ihr.

Trotzdem hat sie nach den Sternen gegriffen und hat 1989 angeblich über 5000 andere Schauspielerinnen, u.a. Jodie Foster, für die Hauptrolle in Nora Ephrons „Cookie – Die Tochter des Paten“ in den Schatten gestellt. So lebte sie mit 17 Jahren allein in Manhattan.

Und nachdem sie einige der großen Angebote angenommen hatte, musste sie aufgrund ihres Kampfes gegen Angstzustände, Depressionen und psychische Probleme – die ihren Berichten zufolge vielleicht auf sexuelle Misshandlungen zurückzuführen sind, die ihr als Kind von einem Freund der Familie zugefügt wurden – in der Filmbranche pausieren und schlitterte in ein persönliches Chaos hinein.

Ihr wurde die ikonische Hauptrolle in ‚Pretty Woman‘ angeboten, die danach an Julia Roberts ging, denn sie hatte sie abgelehnt, um neben Cher in ‚Meerjungfrauen küssen besser‘ zu spielen.

image

Als Cher sie dann allerdings am Set kennengelernt hatte, sagte sie, dass die Rolle ihrer Filmtochter nicht zu Lloyd passen würde.

2013 erzählte Lloyd der Daily Mail: „Ihr Ego ist genauso groß wie ihre Haare. Sie hat mich immer wieder und unendlich lange durch ihre lächerliche Sonnenbrille angestarrt und dann endlich gequietscht: ‚Du siehst nicht aus, als könntest du genetisch von mir sein‘.“

„Ich dachte mir, dass das alles ein bisschen zu viel war. Ich sah sie an und sagte: ‚Nun, du selbst siehst nicht aus, als könntest du genetisch von dir sein‘. Natürlich war es jetzt sehr unwahrscheinlich, dass wir eine Zusammenarbeit hätten aufbauen können.“

Anstelle von Lloyd wurde die Rolle dann mit Winona Ryder besetzt, aber Lloyd hat die Produzenten der Filmproduktion Orion Pictures dafür verklagt und eine Entschädigung in Höhe von 175.000 USD (158.000 EUR) erhalten.

Und obwohl andere Angebote existierten – ‚Chicago Joe and the Showgirl‘ mit Kiefer Sutherland und ‚Under The Hula Moon‘ mit Stephen Baldwin – sind nicht nur eine, sondern gleich zwei große Chancen auf einen Riesenerfolg auf einmal ins Wasser gefallen.

Und leider hatte sie in ihrer Karriere nicht nur hier Pech.

image

Am Set von ‚Zurück aus der Hölle‘ im Jahre 1989 zerstritt sie sich mit Bruce Willis, und 1992 verlor sie ihre Rolle in Woody Allens Film ‚Ehemänner und Ehefrauen‘, nachdem sie sich aufgrund von fehlendem Selbstvertrauen in ihrem Trailer verkrochen hatte, weil sie mit Allens sehr direktem Regie-Stil nicht umgehen konnte.

„Je länger gedreht wurde, desto weniger glaubte ich, dass ich das durchziehen konnte“, sagte sie. „Woody hat mich nicht in Ruhe gelassen. Er kritisierte, dass ich zu viel Zeit in meinem Trailer verbrachte. Er wusste nicht, dass ich mich zu dem Zeitpunkt selber zum Erbrechen gebracht hatte.“

Tatsächlich war ihr Privatleben ein großes Durcheinander. Sie hat versucht, sich ihr Leben zu nehmen, erlitt mehrere Zusammenbrüche und hat sich mehrmals selbst verletzt. Später wurden eine Zwangsneurose, milde Schizophrenie, Tourette-Syndrom und Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom diagnostiziert.

image

Trotzdem hielt sie noch einige Jahre durch. Sie spielte an der Seite von Brad Pitt in Robert Redfords ‚Aus der Mitte entspringt ein Fluss‘, während deren Dreharbeiten sie angeblich Pitts Annäherungsversuche stets ablehnen musste. Sie hatte außerdem eine Rolle in Michael Winterbottoms ‚Welcome to Sarajevo‘, wurde aber von ihrer Rolle als ‚Tank Girl‘ gefeuert.

Sie heiratete beinahe Danny Huston, Sohn von Schauspieler John Huston, und hatte Freunde wie Gwyneth Paltrow, aber tief im Inneren war sie immer noch instabil – außerdem hatte sie herausgefunden, dass einer ihrer Angestellten ihr zehntausende Dollar gestohlen hatte.

Mit wenig Perspektive zog sie nach London, wo ihr Tourette-Syndrom diagnostiziert wurde, und wo sie auch anfing, Drogen zu nehmen. Nachdem sie sich ihre Probleme eingestanden hatte, war sie sechs Monate lang in psychiatrischer Behandlung.

image

Andere Schauspielrollen kamen nur sporadisch – als ihr eine Rolle in der britischen TV-Serie ‚Casualty‘ angeboten wurde, ist sie nicht zu dem Dreharbeiten erschienen, weil es - wie sie meinte - ‚hoffnungslos‘ für sie war und hat sich stattdessen darauf konzentriert, sich zu erholen.

„Es gab Zeiten, da habe ich mich wie ein äußerer Beobachter der Licht- und Schattenseiten meines eigenen Lebens gefühlt, so, als geschähe alles einer anderen Person“, hat sie einmal gesagt.

„Ich bin bereit, wieder gesund zu werden. Mir ist klar, dass ich vielleicht nie wieder so erfolgreich sein werde, wie ich zu Beginn meiner Karriere war. Aber das ist okay. Vielleicht verbrenne ich mir dieses Mal nicht meine Finger.“

Bildnachweis: Rex Features/WENN

Ben Arnold