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Das sind die drängendsten Aufgaben der neuen Minister

Die neue Große Koalition will keine Zeit verlieren. Gleich nach der Vereidigung des Kabinetts von Angela Merkel am Mittwochmorgen soll regiert werden – schließlich bleiben Union und SPD nach der langen Findungsphase nur noch dreieinhalb Jahre Zeit, um den umfangreichen Koalitionsvertrag umzusetzen.

Scholz wird Kabinettskollegen enttäuschen müssen

Als neuer Bundesfinanzminister hat Olaf Scholz (SPD) keine Zeit zu verlieren. Schon am Mittwoch wird er seinen niederländischen Kollegen Wopke Hoekstra treffen, der in Berlin ist. Am Freitag will Scholz dann zum Antrittsbesuch beim französischen Finanzminister Bruno Le Maire nach Paris fliegen.

Die Weiterentwicklung der EU und der Währungsunion sei „das wichtigste nationale Anliegen“, sagte Scholz vor der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages. Und als Finanzminister wird er daran maßgeblich mitarbeiten.

In Brüssel liefen in den vergangenen Wochen schon die Vorverhandlungen, während in Berlin an einer Regierungsbildung gebastelt wurde. Insofern muss Scholz sich nun schnell einarbeiten, Position beziehen und versuchen, Allianzen zu schmieden – vor allem mit Frankreich. Bis zum Sommer wollen die Europäer erste Vereinbarungen treffen.

Eine weitere wichtige Aufgabe, die keinen Aufschub duldet: Scholz muss einen Bundeshaushalt aufstellen. Bisher können die Ministerien nur im Verfahren der vorläufigen Haushaltsführung das Geld ausgeben, das Vor-Vorgänger Wolfgang Schäuble vergangenen Sommer eingeplant hatte. Für die vielen neuen Projekte, welche die Koalition schnell anschieben will, braucht es einen Haushalt für dieses Jahr und einen Budgetentwurf für 2019.

Dabei steht Scholz vor einer Aufgabe, die ihn vier Jahre begleiten dürfte: Er hat sich noch einmal ausdrücklich zur schwarzen Null bekannt. Um diese zu erreichen, wird er Ausgabenwünsche abwehren müssen – auch welche von seinen sozialdemokratischen Kabinettskollegen.

Eine neue Führungsmannschaft für von der Leyen

Bereits als geschäftsführende Verteidigungsministerin hat Ursula von der Leyen (CDU) die Mandate für die Bundeswehr-Auslandseinsätze in den Bundestag eingebracht. Anderenfalls wären sie Ende des Monats ausgelaufen.

Verändert wird der Einsatz im Irak: Nicht mehr nur die kurdischen Peschmerga, sondern alle irakischen Streitkräfte sollen von der Bundeswehr ausgebildet werden. Und die Aufklärungstornados sollen weiter von Jordanien aus Verstecke von IS-Terroristen aufspüren. In Afghanistan sollen wieder mehr Soldaten für Sicherheit sorgen. Und in Mali, im Mittelmeer und im Südsudan gehen die Bundeswehreinsätze weiter.

In den nächsten Tagen und Wochen stehen Personalentscheidungen an: Rüstungsstaatssekretärin Katrin Suder verlässt das Ministerium, Generalinspekteur Volker Wieker geht in Ruhestand, das Beschaffungsamt in Koblenz soll neu aufgestellt werden und bekommt laut einem Bericht von „Capital“ mit Gabriele Korb eine neue Chefin.

Für die großen Aufgaben hat sich von der Leyen Geduld erbeten: Sie brauche mehr als drei Jahre Zeit, um die Lücken beim Personal und der Ausrüstung der Bundeswehr zu schließen, sagte sie am Montagabend in Berlin. Man habe die Bundeswehr seit der Wiedervereinigung 1990 „gekürzt, reduziert, geschrumpft“, sagte sie. „Das ging dann unter die Grasnarbe, das hat richtig von der Substanz gezehrt.“

Zudem brauche sie mehr Geld: Zu Zeiten der Wiedervereinigung habe man noch 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung investiert. Nun führe man erbitterte Debatten, ob es möglich sei, sich bis 2024 wieder langsam dem zwei Prozent-Ziel der Nato zu nähern, beklagte sie.

Seehofer baut das Innenministerium aus und um

Horst Seehofer (CSU) hat vieles vor im neuen Amt, das Innenministerium will er zum Heimatministerium umbauen, die Einwanderung begrenzen und besser steuern, Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern erleichtern. Eines aber, versichert Seehofer, werde er bestimmt nicht tun: „Außenpolitik aus dem Innenministerium betreiben.“

Das sollte beruhigend klingen: Die Kanzlerin hat nicht vergessen, dass Seehofer als bayerischer Ministerpräsident durchaus eigene außenpolitische Initiativen gestartet hat, gerade in der Flüchtlingskrise, als er den Schulterschluss mit Ungarn suchte. Die spannende Frage wird sein, wie lange Seehofer sein neues Prinzip der Nichteinmischung durchhält.

Eines der ersten Projekte, die Innen- und Heimatminister Horst Seehofer (CSU) im Baubereich auf den Weg bringen muss, ist das Baukindergeld. Spätestens im September soll das entsprechende Gesetz vorliegen.

Alle Regierungsparteien hatten im Wahlkampf angekündigt, die Eigentumsbildung für Familien finanziell unterstützen zu wollen. Dafür soll für den Ersterwerb von Neubau oder Bestand ein sogenanntes Baukindergeld in Höhe von 1200 Euro je Kind und pro Jahr eingeführt werden, das über zehn Jahre gezahlt wird. Voraussetzung ist, dass das zu versteuernde Einkommen der Eltern 75.000 Euro plus 15.000 Euro Freibetrag je Kind nicht übersteigt.

Pflegenotstand ist Spahns drängendstes Problem

Zwar schwimmt die gesetzliche Krankenversicherung derzeit in 30 Milliarden Euro Überschüssen. Doch der neue Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat keine Zeit, sich darauf auszuruhen. Er steht vielmehr unter Druck, so schnell wie möglich aus den problematischen Vorgaben des Koalitionsvertrags ein Konzept gegen den drohenden Pflegenotstand in Kliniken und Altenheimen auf die Beine zu stellen.

Mit den 8000 versprochenen zusätzlichen Pflegestellen in der Altenpflege wird es dabei nicht getan sein. Denn sie bedeuten umgerechnet auf 13.000 Pflegeheime nur einen Tropfen auf den heißen Stein.

20.000 Apotheker dringen jetzt schon auf Einlösung des Versprechens des Koalitionsvertrags, den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln nach Möglichkeit zu verbieten oder eine Ersatzlösung zu erarbeiten, die die Arzneimittelversorgung vor allem auf dem Land durch Präsenzapotheken sicherstellt.

Zudem stellt sich auch der auf den ersten Blick eindrucksvolle Überschuss bei den 110 Krankenkassen bei näherem Hinsehen als brüchig heraus. Das Geld entspricht gerade in etwa einer Monatsausgabe der Krankenkassen, und es ist wegen Fehlern im Finanzausgleich zwischen den Kassen sehr ungleich verteilt.

Trotz konjunkturbedingter Mehreinnahmen mussten daher acht Kassen zum 1. Januar sogar ihre Zusatzbeiträge erhöhen. Die Zusatzbeitragsspanne wuchs von 0,3 (AOK-Sachsen-Anhalt) bis 1,7 Prozent (Securvita BKK). Experten warnen vor einer drohenden Pleitewelle, sollte die Konjunktur in den kommenden Monaten einbrechen.

Maas will sich erst um Europas Zusammenhalt kümmern

Der bisherige Justizminister Heiko Maas (SPD) ist auf dem Parkett der Diplomatie nicht sonderlich erfahren. Doch viel Zeit, sich in sein neues Amt als Außenminister hinzufinden, hat er nicht. Die außenpolitischen Herausforderungen, vor denen Deutschland steht, sind so groß wie seit Jahrzehnten nicht.

Die Krise im transatlantischen Verhältnis, der drohende Handelskonflikt mit den USA, die Spannungen zu Russland, der Krieg in Syrien, der Brexit, der Aufstieg Chinas zur Weltmacht: mit all dem ist die Bundesregierung konfrontiert. Maas will sich zunächst um den Zusammenhalt Europas kümmern. Gleich nach seiner Amtsübernahme fliegt er am Mittwoch nach Paris – um damit zu zeigen, wie wichtig ihm die deutsch-französische Freundschaft ist.

Altmaier muss jahrelanges Problem binnen Monaten lösen

Der neue Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier (CDU) muss so schnell wie möglich eine Kommission ins Leben rufen, die bis zum Ende des Jahres ein Konzept für den Kohle-Ausstieg entwirft. So sieht es der Koalitionsvertrag vor. Auf dieser Basis soll dann im nächsten Jahr ein Gesetz verabschiedet werden, das das Ende der Kohle-Verstromung verbindlich regelt und Strukturhilfen für besonders betroffene Regionen festschreibt.

Die Kommission müsste also in kaum mehr als einem halben Jahr ein Problem lösen, über das seit vielen Jahren gestritten wird. Die Herausforderung ist immens.

Das Bundeswirtschaftsministerium muss sich mit dem Verbraucherschutzministerium auf eine gemeinsame Position bei der E-Privacy-Verordnung zum Datenschutz im Internet einigen. Die Einigung war aufgrund von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Ministerien bisher nicht zustande gekommen, sodass in Brüssel seit Monaten auf eine Positionierung der deutschen Bundesregierung gewartet wird.

Die Verordnung beinhaltet erhebliche Einschränkungen beim sogenannten Tracking von Internetnutzern. Unternehmen verfolgen die Besucher ihrer Seiten mithilfe spezieller Methoden wie etwa Cookies, um mehr über sie herauszufinden und ihnen personalisierte Werbung oder ähnliche Angebote zu zeigen. Verbraucherschützer begrüßen die Einschränkung dieser Methoden, Unternehmen fürchten jedoch um eine wichtige Einnahmequelle.

Ursprünglich sollte die neue E-Privacy-Verordnung zeitgleich mit der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) bereits im Mai dieses Jahres in Kraft treten, inzwischen hat sich das voraussichtliche Datum jedoch auf das kommende Jahr verschoben.

Rentenbeschlüsse als Heils Herausforderung

Ein Gesetz wird der SPD-Mann Hubertus Heil voraussichtlich schnell durch den Bundestag bringen können: das geplante Rückkehrrecht vom Teilzeit- auf den Vollzeitjob. Hier liegt noch ein Gesetzentwurf von seiner Vorgängerin Andrea Nahles in der Schublade, auf den Heil aufbauen kann. Union und SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag auf höhere Schwellenwerte für das Gesetz geeinigt, daran war das Vorhaben in der vergangenen Wahlperiode noch gescheitert.

Größere Probleme dürfte dem Sozialminister die Umsetzung der Rentenbeschlüsse aus dem Koalitionsvertrag machen. Allein die Ausweitung der Mütterrente schlägt mit 3,4 Milliarden Euro zu Buche, die Finanzierung ist noch ungeklärt. Auch über die Finanzierung der neuen Grundrente und der Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente dürften noch harte Verhandlungen mit Parteifreund Olaf Scholz im Finanzministerium anstehen.

Nicht zu lange warten kann der Sozialminister mit der Einberufung der vereinbarten Rentenkommission. Sie soll in zwei Jahren einen Bericht vorlegen, wie es mit der Alterssicherung nach 2025 weitergehen soll.

Von Heil wird zudem erwartet, einen sozialen Arbeitsmarkt zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit einzuführen, befristete Jobs einzuschränken, eine Weiterbildungsoffensive zu starten und den Tarifparteien mehr Spielraum bei der Arbeitszeitgestaltung zu geben.

NetzDG wird auch Barley begleiten

Mit der Übernahme des Justizressorts erbt Katarina Barley (SPD) diverse Gesetzesprojekte ihres Vorgängers Heiko Maas. Etwa die sogenannte Musterfeststellungsklage. In der vergangenen Legislaturperiode noch von der Union blockiert, soll nun spätestens zum 1. November ein Gesetz über neue Klagerechte für Fälle mit vielen Betroffenen wie beim Diesel-Skandal in Kraft treten. So steht es im Koalitionsvertrag.

Barley muss bei dem Thema nicht bei null anfangen: Sie kann an den Gesetzentwurf von Maas anknüpfen. Über die wenigen Details, die noch geändert werden müssen, waren sich die künftigen Regierungspartner in den Koalitionsgesprächen schon einig.

In diesem Jahr steht außerdem eine Evaluierung des heftig kritisierten Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) gegen Hassbotschaften in sozialen Medien an. Maas war wegen des Gesetzes von vielen Seiten schwer gescholten worden. Kritiker sehen durch das NetzDG die Meinungsfreiheit bedroht.

Auf Barley kommt nun die Aufgabe zu, das Gesetz auf seine Wirksamkeit hin zu überprüfen und gegebenenfalls Konsequenzen zu ziehen. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu, man werde die Berichte, zu denen die Plattformbetreiber verpflichtet sind, sorgfältig auswerten „und zum Anlass nehmen, um das Netzwerkdurchsetzungsgesetz insbesondere im Hinblick auf die freiwillige Selbstregulierung weiterzuentwickeln“.

Zudem ist zu erwarten, dass Barley sich als Gegenspielerin von Innen- und Heimatminister Horst Seehofer (CSU) in Szene setzen wird – vor allem mit Blick auf das Asylrecht und die Terrorbekämpfung.

Gleich mehrere Milliardenprojekte für Scheuer

Andreas Scheuer (CSU) kann zwar viele Milliarden Euro im Jahr ausgeben, von denen nicht wenige in Bayern landen werden. Aber es warten auch etliche Probleme auf den neuen Verkehrsminister.

Zuvorderst muss er eine Lösung finden, wie sich Fahrverbote in Städten vermeiden lassen – ohne eine blaue Plakette einzuführen. Die nämlich lehnt der passionierte Auto-Fan ab, obwohl selbst die Autobauer hinter den Kulissen für die Kennzeichnung sauberer Dieselautos werben.

Parallel dazu wird der 43-Jährige die Finanzierung der Infrastruktur sichern müssen: Die Ausschreibung der Geschäftsanteile vom Lkw-Mautbetreiber, der 2017 allein brutto 4,66 Milliarden Euro in die Staatskassen gespült hat, stockt. Ebenso kommt die Ausschreibung der allein von der CSU befürworteten Pkw-Maut für Ausländer nicht richtig voran, gegen die auch Staaten wie Österreich und die Niederlande vor dem Europäischen Gerichtshof klagen.

Darüber hinaus muss Scheuer den Aufbau einer Bundesautobahngesellschaft umsetzen. Sie soll künftig anstatt der Länder die Fernstraßen bauen und unterhalten. Da werden Erinnerungen wach, dass Scheuer als Staatssekretär im Verkehrsressort, der er von 2009 bis 2013 war, eine Spende über 2500 Euro vom Tankstellenbetreiber Tank und Rast für seinen eigenen Verein „Herzpartie“ annahm. Er fand es nicht verwerflich.

Doch nicht nur bei den Straßen steht der CSU-Minister vor großen Aufgaben: Er muss den Breitbandausbau voranbringen – und zwar den echten. Vorgänger Alexander Dobrindt setzte auf die Förderung schnellerer Kupferkabel der Telekom, künftig soll es nur noch Glasfaser sein, die der Bund fördert.

Auch über die Zukunft der Bahn wird zu reden sein: Der Koalitionsvertrag sieht die Rückkehr zur gemeinwohlorientierten Eisenbahn vor. Die Deutsche Bahn AG soll nicht mehr auf Gewinne schielen und das, obwohl sie schon hoch verschuldet ist.

Karliczek muss sich mit den Bundesländern anlegen

Hauptaufgabe der Newcomerin Anja Karliczek wird es im Ministerium für Bildung und Forschung zunächst sein, sich in ihrem Haus Respekt zu verschaffen und in der Öffentlichkeit einen Namen zu machen.

Die 46-Jährige, die seit 2013 für die CDU im Bundestag sitzt, hat zwar Erfahrung mit der Leitung eines Hotels, nicht aber eines Ministeriums mit rund 1000 Mitarbeitern. Hoffnungen auf eine schnelle Bafög-Reform hat die Ministerin bereits gedämpft. Zuerst will sie sich genau ansehen, warum die Zahl der geförderten Studenten so stark zurückgeht, und dann entscheiden.

Als eine der fünf Parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion war Karliczek bislang eher mit Finanzthemen befasst. Dennoch lasten hohe Erwartungen auf ihr: Bundeskanzlerin Angela Merkel, die schon vor Jahren die „Bildungsrepublik Deutschland“ ausgerufen hatte, hat mehrfach deutlich gemacht, wie wichtig ihr die Themen Bildung und Forschung in der laufenden Wahlperiode sind.

Hauptaufgabe der neuen Ressortchefin wird sein, dem Bund im deutschen Bildungsföderalismus ein stärkeres Gewicht zu verleihen. Das dürfte nicht ohne Reibereien mit den Ländern abgehen, auch wenn die neue Ministerin reichlich Geld verteilen kann.

So will der Bund laut Koalitionsvertrag für den Ausbau von Ganztagsschulen, die Bafög-Reform, einen neuen Hochschulpakt, die Steigerung der Forschungsausgaben und einen Digitalpakt in den Schulen bis 2021 knapp sechs Milliarden Euro zusätzlich ausgeben.

Fest steht schon, dass Karliczek viel Zeit in neuen Gremien verbringen wird. So sind etwa ein nationaler Bildungsrat für mehr Transparenz, Qualität und Vergleichbarkeit im Bildungswesen oder ein Berufsbildungspakt geplant. Messen lassen wird sich die Arbeit der künftigen Bildungsministerin auch daran, ob es gelingt, den Fachkräftemangel zu lindern.

Schulze ist auf Hilfe aus anderen Ministerien angewiesen

Auch wenn die Zuständigkeit für das Thema Bauen künftig nicht mehr beim Umwelt-, sondern beim Innenministerium liegt, bleibt für die neue Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) einiges zu tun. Eine ihrer wichtigsten Aufgaben ist es, die Handlungslücke zur Erreichung des Klimaziels 2020 so schnell wie möglich zu schließen.

Dabei ist sie auf die Zusammenarbeit vor allem mit ihren Kabinettskollegen aus dem Wirtschaftsministerium, dem Verkehrsministerium, dem Landwirtschaftsministerium und dem Innenministerium angewiesen.

Immens wichtig für Schulze ist, dass die im Koalitionsvertrag angekündigte Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ ihre Arbeit aufnimmt. Die Kommission soll noch in diesem Jahr ein Konzept für den Ausstieg aus der Kohleverstromung  entwickeln, als Basis für ein Gesetz, das die Einhaltung der Klimaschutzziele 2030 gewährleisten soll.

Direkt beschäftigen wird sich Schulze auch mit dem Thema Diesel, schließlich muss sich die Umweltministerin qua Amt für saubere Luft einsetzen. Bislang jedoch werden weiterhin EU-Grenzwerte bei gesundheitsschädlichen Stickoxiden überschritten, weiterhin droht eine Klage der EU-Kommission.

Enttäuscht Klöckner die Bauernverbände?

Julia Klöckner (CDU) hat als Nachfolgerin des eher farblosen Christian Schmidt (CSU) im Landwirtschaftsministerium nicht viel Zeit, sich einzuarbeiten. Bereits am Montag reist sie nach Brüssel zum Ministerrat, der sich mit der Neuordnung der europäischen Agrarsubventionen beschäftigt.

Der Bauernverband erwartet von Klöckner, dass sie sich für ein stabiles Budget für die deutschen Bauern einsetzt, was angesichts der Einnahmeausfälle durch den Brexit nicht einfach werden dürfte. Umweltverbände erwarten vor allem Klöckners Einsatz für ein Ende des Unkrautmittels Glyphosat und ein Umsteuern hin zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft.

Müller muss konkreteren „Marshallplan für Afrika“ liefern

Eilige Entscheidungen stehen im Entwicklungsministerium nicht an. Allerdings warten etliche Unternehmen seit einiger Zeit darauf, wie Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) seinen „Marshallplan mit Afrika“, der Wirtschaftsförderung mit Entwicklungshilfe verzahnen will, konkret umsetzen will.

Müller wird da vor allem seine neuen Kollegen, Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD), motivieren müssen, endlich die Hermes-Bürgschaften für Investitionen in den Partnerländern Ghana, Elfenbeinküste und Tunesien attraktiver auszugestalten.

Müller plant zudem als dringend umzusetzendes Projekt eine Kooperation mit dem neuen Innenminister Horst Seehofer (CSU): Nicht anerkannte Asylbewerber sollen schneller abgeschoben werden. Müller will ihnen mit einem Jobprogramm – etwa im Irak oder in Nordafrika – eine zuhause gesichtswahrende Rückkehr erleichtern.

Kampf gegen Kinderarmut bleibt an Giffey hängen

Mit 39 Jahren ist Familienministerin Franziska Giffey (SPD) das jüngste Mitglied im Bundeskabinett. Als ehemalige Bürgermeisterin des Berliner Problembezirks Neukölln kann sie aber auf einen konkreten Erfahrungsschatz zurückgreifen, wenn es um die Schwachen in der Gesellschaft geht.

Tatsächlich soll mit Giffey der Kampf gegen Kinderarmut verstärkt werden, nachdem die Familienpolitik in den vergangenen Jahren mit Elterngeld, Elterngeld Plus und Familienpflegezeit vor allem die Mittelschicht in den Blick genommen hatte.

Mehr Geld soll in den Kitaausbau fließen, die Kitagebühren sollen möglichst wegfallen. Bis 2025 soll es einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter geben. Sie wolle erreichen, dass die Herkunft eines Kindes nicht über seine Erfolgschancen im Leben entscheidet, sagte Giffey vor Amtsantritt. Migranten will sie mit Bildungsangeboten integrieren, ihnen aber auch klare Stoppzeichen setzen, wenn sie sich nicht an Regeln halten.

Die Wirtschaft dürfte die einzige Bundesministerin aus Ostdeutschland mit Argusaugen beobachten. Denn mit ihrer Zuständigkeit für Gleichstellung wird Giffey das Thema „Frauen in Führungspositionen“ weiter forcieren. Laut Koalitionsvertrag müssen börsennotierte oder mitbestimmungspflichtige Unternehmen künftig mit Bußgeldern bis zu zehn Millionen Euro rechnen, wenn sie sich keine Frauen-Zielgröße für Führungspositionen setzen oder sich eine Zielgröße „Null“ geben und das nicht begründen können.

Bär muss zunächst ihre Zuständigkeiten klären

Der Aufgabenzettel in der Digitalpolitik ist lang. In zentralen Bereichen hinkt Deutschland bei der Digitalisierung hinterher. Eigentlich dürfte die künftige Staatsministerin für Digitales, Dorothee Bär (CSU), im Kanzleramt also viel zu tun haben. Die Frage ist nur: Wofür wird sie überhaupt zuständig sein?

Die Digitalisierung der Verwaltung liegt beim Bundesinnenminister, die Digitalwirtschaft beim Bundeswirtschaftsminister, der Ausbau der digitalen Infrastruktur beim Bundesverkehrsminister, die digitale Arbeit beim Arbeitsminister. Die erste Aufgabe wird für Bär also zunächst sein, ihre Bereiche abzustecken – auch im Hinblick auf Kanzleramtschef Helge Braun, der ebenfalls für Digitales zuständig sein wird.