Kommentar: Donald Trump im Wahlkampfmodus

US-Präsident Donald Trump droht, die Grenzen seines Landes zu Mexiko zu schließen. Grund ist eine Einwanderungswelle aus Honduras. Dem will Trump einen Riegel vorschieben, notfalls mit militärischer Hilfe. (Bild: Reuters/Jonathan Ernst)
US-Präsident Donald Trump droht, die Grenzen seines Landes zu Mexiko zu schließen. Grund ist eine Einwanderungswelle aus Honduras. Dem will Trump einen Riegel vorschieben, notfalls mit militärischer Hilfe. (Bild: Reuters/Jonathan Ernst)

Kurz vor den Midterm-Wahlen in den USA schaltet der Präsident tatsächlich noch einen Gang höher. Was treibt ihn bloß an?

Ein Kommentar von Jan Rübel

Donald Trump ist ein Politiker, der stets im Wahlkampfmodus zu sein scheint. Immer poltert, polarisiert und mobilisiert er. Liebhabern eines Hotzenplotz-Stils mag das gefallen, Freunden der besonneneren Töne weniger.

Doch nun, kurz vor den Midterm-Wahlen im November, schafft er es noch eine Spur schriller daherzukommen. Bei den Urnengängen werden das Abgeordnetenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt. Die Unzufriedenheit mit Trumps Art zu Regieren war in den vergangenen Monaten derart gewachsen, dass alles nach einem klaren Sieg der oppositionellen Demokraten in beiden Häusern aussah – doch die Stimmung kippt. Es scheint eine merkwürdige Empfängnis für Ausbrüche à la Trump zu geben, und die liefert er im Wahlkampf en masse.

Dabei schreckt der Kaufmann im Weißen Haus nicht vor Lügen und unhaltbaren Anschuldigungen zurück. Da gibt es den Marsch verzweifelter Südamerikaner, die vor den Missständen in ihren Ländern fliehen; ein paar Dutzend haben die Grenze nach Mexiko überquert, mit dem Ziel USA. Nun brauchen die Vereinigten Staaten eine Reform ihrer Einwanderungspolitik, und zu nennenswerten Zahlen bringen es diese Fliehenden nicht; doch Trump nutzt alles nur aus, eine Lösungsorientiertheit ist ihm schlicht abzusprechen: Mit diesem Marsch schürt er im Wahlkampf Ängste und malt mit ihnen Halluzinationen an die Wand, in denen nach Amerika Fliehende wahlweise Terroristen, Drogenkriminelle oder Zombies sind.

Man kennt das aus Deutschland, da gab es in der Vergangenheit auch manch “Be-Grenzte”. Nur setzt sich Trump die Krone aller Hotzenplotze auf, indem er praktischerweise die Demokratische Partei und angebliche Geldflüsse für die “Karawane” verantwortlich macht. Das ist in etwa so, wie wenn die AfD behaupten würde, Angela Merkel hätte privat in ein Schleuserbusunternehmen investiert – noch also haben Deutschlands Rechtspopulisten in Trump ihren Meister gefunden, da kommt selbst das Gerede von “Asyltourismus” oder “Schlepperindustrie” nicht mit.

Nach rund einer Woche Fußmarsch haben Migranten aus Mittelamerika die Grenze zwischen Guatemala und Mexiko erreicht. Mexiko öffnete den Grenzübergang zunächst nicht – die Menschen begannen über die Zäune zu steigen. US-Präsident Trump hat eine klare Botschaft an sie. (Bild: dpa)
Nach rund einer Woche Fußmarsch haben Migranten aus Mittelamerika die Grenze zwischen Guatemala und Mexiko erreicht. Mexiko öffnete den Grenzübergang zunächst nicht – die Menschen begannen über die Zäune zu steigen. US-Präsident Trump hat eine klare Botschaft an sie. (Bild: dpa)

War da was?

Trump mobilisiert mit dem Gehetze seine Anhänger. Er setzt auf ihr Kurzzeitgedächtnis, welches vergessen möge, wie mager seine außenpolitische Bilanz ist: Seine “Gipfel” mit Kim Jong Un und Wladimir Putin, war da was? Und sein Buddy Mohammad bin Salman? Lieber sieht Trump sein Land durch Fliehende bedroht und verspricht nebenbei und völlig hanebüchen – weil unrealistisch – eine Steuersenkung. Brot und Spiele fürs Volk – das sich seit 2000 Jahren an diesem politischen Erfolgsrezept nichts geändert hat, spricht kaum für die menschliche Zivilisation. Und es bleibt die Hoffnung, dass Trump mit seinen Manövern nur alte Anhänger mobilisiert und keine neuen hinzugewinnt.

Und dann sind da echte Gefahren. Völlig überraschend hat Trump damit gedroht, aus einem Abrüstungsvertrag über Atomwaffen auszusteigen – weil Russland sich nicht an ihn halte. Für letzteres gibt es Hinweise, doch Trump behandelt dieses sensible Thema wie eine Pokerpartie. „Mit mir kann man dieses Spiel nicht spielen“, sagte er jüngst, um klarzumachen: Spielen will nur er selbst. Der US-Präsident sagte, die USA würden ihr Atomwaffenarsenal aufbauen, “bis sie zur Vernunft kommen. Wenn sie das tun, werden wir alle schlau sein und alle aufhören. Und übrigens nicht nur stoppen, wir werden reduzieren, was ich gerne tun würde.” Trump fügte hinzu: “Wir haben viel mehr Geld als jeder andere. Wir werden es aufbauen.”

Ich hätte eine Bitte: Können wir alle nicht vorneweg etwas schlauer sein? Trump will also mit Atomwaffen aufrüsten, um andere zum Abrüsten zu bringen?

Was uns droht

Es gibt in Oxford, England, ein Forschungsinstitut zur Berechnung der sogenannten X-Risiken. Das sind jene Faktoren, welche nachhaltig für ein Aussterben der Menschheit auf diesem Planeten verantwortlich sein könnten. Nach wie vor ganz oben auf der Liste: der Einsatz von Atomwaffen. Die Forscher gehen nicht von einem großen Krieg aus, bei dem viele sterben, sondern von begrenzten Schlägen, deren Feuer aber die Erdatmosphäre verändern, durch den Rauch weniger Sonne durchlassen und für einen “nuklearen Winter” sorgen; die Folge wäre ein massiver Nahrungsausfall für die Gattung Mensch und ihr darauffolgender Niedergang.

Trump denkt an die Midterms. Dabei sollten wir auch an etwas anderes denken, nämlich an das gefährliche Spiel mit Waffen als Bestandteil eines Pokers, an dessen Ende auch jenes der Menschheit stünde. Das klingt pathetisch, ist aber wahr. Amerika bleibt ein Freund Europas, trotz Trump. Sollte er nur im Wahlkampf von einer atomaren Aufrüstung tönen, bleibt Gelegenheit genug auf sein Umfeld dahingehend einzuwirken, wie wenig Europa von Trumps Muskelspielen hält. In der Zwischenzeit muss Trump halt ertragen werden.

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