Diese 6 Herausforderungen muss das fliegende Taxi vor der Marktreife meistern

Die technologischen Herausforderungen sind immens, der rechtliche Rahmen noch lange nicht geklärt – doch an Konzepten und Ideen für das Flugtaxi mangelt es nicht. Der Fahrdienstleister Uber etwa will schon in wenigen Jahren Menschen mit kleinen und elektrisch betriebenen Flugtaxen transportieren. Zunächst gesteuert von einem Piloten, später dann autonom.

„Es wird Skyports auf den Dächern von Hochhäusern geben, auf denen die Flugtaxen starten und landen können“, berichtete Claus Unterkircher, Head of Operation und Logistics von Uber in Österreich, kürzlich auf der Tagung Aviation Event in Düsseldorf. Erste Demonstrationsflüge will das Unternehmen ab 2020 durchführen – in Dallas, Los Angeles und einem noch nicht festgelegten Ort außerhalb der USA.

Das deutsche Start-Up Volocopter wiederum, an dem der Autokonzern Daimler beteiligt ist, träumt von einem System, das dem des Park & Ride ähnelt. Passagiere sollen mit dem Flugtaxi schnell und ohne Stau etwa vom Flughafen in die Innenstadt gelangen.

Der Volocopter sei kein Vehikel, das sich jeder auf sein Hausdach stelle, es sei eine Ergänzung bestehender Verkehrsträger, erklärte Volocopter-Mitgründer Alexander Zosel vor wenigen Wochen auf der IT-Messe Cebit in Hannover. Auch das deutsche Start-Up Lilium ist schon recht weit mit der Entwicklung seines senkrecht startenden Flugtaxis.

Und in Ingolstadt wollen der Luftfahrtkonzern Airbus und der Autohersteller Audi fliegende Taxen testen, unterstützt vom Bundesverkehrsministerium. Ende Juni wurde eine entsprechende Absichtserklärung im Kanzleramt unterzeichnet. Auch Hochschulen und Forschungsinstitutionen sind beteiligt. Audi und Airbus hatten im Frühjahr auf dem Genfer Autosalon ihr Konzept „Pop.Up Next“ vorgestellt, ein selbstfahrendes Auto, an das ein Propeller angedockt werden kann. In Ingolstadt sollen aber auch andere Ideen getestet werden.

Es tut sich also viel bei den fliegenden Autos. Und doch wird es wohl noch Jahre dauern, bis aus der auf den ersten Blick vielleicht verrückt anmutenden Idee Realität wird. Denn die Hürden sind groß.

Hürde 1 – Die Batterien

Wie beim E-Auto ist die Kapazität ein Nadelöhr. Aktuelle Lithium-Ionen-Akkus haben zwar mittlerweile eine beachtliche Energiedichte erreicht. Doch das Flugbenzin Kerosin kommt auf Werte, die 37mal höher sind. Ein elektrisch betriebenes Flugzeug muss also bezogen auf das Gewicht deutlich mehr Energie mit an Bord nehmen als ein herkömmlich angetriebenes.

Das lässt sich eindrucksvoll mit folgendem Beispiel verdeutlichen: Der Riesenjet Boeing 747 mit 400 bis 600 Fluggästen an Bord bräuchte 4,4 Millionen Laptopbatterien, um seine Fracht über eine typische Langstreckendistanz zu befördern. Hinzu kommt: Kerosin wird verbraucht, der Jet wird während des Fluges leichter und benötigt sukzessive weniger Energie. Batterien behalten ihr Gewicht. Auch das muss bei einer Effizienzrechnung berücksichtigt werden.

Deshalb kann der elektrische Antrieb in der Luftfahrt zunächst etwa für kleine Jets und die Kurzstrecke verwendet werden – oder eben Flugtaxis. Doch auch für den Einsatz in dieser Nische muss sich die Akku-Technik erst noch weiterentwickeln.

Die Berater von Roland Berger gehen in einer aktuellen Studie davon aus, dass die Energiedichte einer Batterie für den Einsatz in einem Luftgefährt mindestens 500 Kilowattstunden je Kilogramm Masse haben muss. Aktuell werden etwa beim Tesla Werte von 250 bis 350 erreicht. Selbst bei 500 Kilowattstunden je Kilogramm sei die Energiedichte aber immer noch um den Faktor 25 niedriger als die des Flugbenzins, so die Berger-Experten.

Hürde 2 – Die Piloten

Auch wenn das Ziel ein autonom fliegendes Taxi ist, in den ersten Jahren werden Flugtaxen Piloten benötigen. Zwar gebe es weit entwickelte Autopilot-Systeme, so die Experten von Roland Berger: „Die sind aber beschränkt auf Anwendungen ohne Passagiere oder für den Betrieb unter Aufsicht eines Piloten.“

Es ist auch kaum vorstellbar, dass in einem Land sofort selbstständig fliegende Autos behördlich zugelassen werden. In der Regel muss ein Mensch die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Flugbetrieb tragen und im Fall aller Fälle eingreifen können.

Die Flugzeugführer müssen aber erst noch ausgebildet werden, beziehungsweise muss die Ausbildung samt Inhalt erst noch festgelegt werden. Das US-Start-Up Kitty Hawk, das unter anderem von Google-Gründer Larry Page unterstützt wird, versucht diese Hürde mit einer sehr einfachen Steuerung zu bewältigen. Die sei innerhalb einer Stunde zu erlernen und so einfach wie die Bedienung des beliebten Computerspiels Minecraft, erklärte Kitty Hawk-Gründer Sebastian Thrun kürzlich.

Das Problem: Diese Aussage gilt nur für das Ein-Mann-Flug gerät Flyer, nicht für das ebenfalls von Kitty Hawk geplante Flugtaxi Cora. Der Pilot eines Gefährts, mit dem kommerziell Menschen befördert werden, wird ganz andere Voraussetzungen erfüllen müssen. Offen ist, ob etwa ausgebildete Verkehrspiloten diesen Job übernehmen könnten, falls in dieser Berufsgruppe überhaupt jemand Interesse anmelden sollte. Denn schon jetzt leidet die Luftverkehrsbranche weltweit unter Pilotenmangel.

Hürde 3 – Autonome Steuerung

Sie ist schon bei Autos eine Herausforderung. Bislang dürfen selbstfahrende Vehikel nur in ausgewiesenen Bereichen fahren, in Deutschland sind die Vorgaben sehr restriktiv. Wie schnell die Behörden eine Lockerung vornehmen werden, ist völlig offen.

„Um das Potential des elektrischen Antriebs in der Luftfahrt zu nutzen, ist eine neue Regulierung für neue Technologien, neue Plattformen neue Luftfahrtsysteme notwendig“, weisen die Experten von Roland Berger auf die gewaltige Herausforderung hin.

Hinzu kommt: Um unfallfrei vernetzt fliegen zu können, müssen alle Vehikel in der Luft miteinander kommunizieren, also vernetzt sein. Das aktuelle Mobilfunknetz kann das nicht leisten. Jeder Smartphone-Nutzer merkt beinahe täglich, wie beschränkt die Kapazität in dieser Technologie ist. Möglich ist eine solche Vernetzung wenn überhaupt wohl erst nach einem flächendeckenden Ausbau mit der 5G-Technologie. Das wird frühestens ab 2025 der Fall sein, glaubt man den Aussagen der großen Mobilfunkunternehmen.

Hürde 4 – Infrastruktur

Für einen Einsatz in größerer Zahl, etwa in Metropolen, benötigen die Flugtaxen Start- und Landeplätze. Dort muss auch die Infrastruktur zum Laden oder schnellen Tausch der Akkus vorgehalten werden. Das alles muss erst errichtet werden.

Das Beispiel des E-Autos zeigt aber, wie schwierig der Ausbau einer flächendeckenden Infrastruktur ist. Zahlreiche Partner müssen dazu zusammenarbeiten. Wahrscheinlich werden die Flugtaxen deshalb zunächst nur in kleineren Pilotprojekten starten.

Immerhin: Denkbar ist es, dass die kleinen Flug-Taxen zum Teil die bis dahin aufgebaute Infrastruktur für autonom fahrende Taxen mitbenutzen können.

Hürde 5 – Rechtliche Voraussetzungen

Die Luftfahrt ist weltweit eine der am stärksten regulierten Branchen. Das eingesetzte Gerät und auch die notwendige Infrastruktur am Boden müssen im Detail genehmigt werden, etwa hinsichtlich der Feuerbeständigkeit. Das gilt insbesondere für den umfangreichen Einsatz von Batterien an Bord. Die Probleme des Boeing Dreamliners, bei dem anfangs einige Batterien überhitzen und Anfang 2013 zu einem weltweiten „Grounding“ des Jets führten, zeigen, wie sensibel dieses Thema ist.

Jedes Flugobjekt muss zudem durch die Flugsicherung gesteuert werden, zumindest in gewissem Umfang. Dafür brauchen die nationalen Institutionen wie etwa die Deutsche Flugsicherung (DFS) ganz neue Technologien.

„Wenn etwa der Fahrdienstleister Uber in Zukunft ein Lufttaxi am Frankfurter Flughafen in Richtung Innenstadt starten will, will man die Genehmigung innerhalb einer Sekunde“, erklärt Klaus Dieter Scheurle, der Chef der DFS, die Herausforderung. Das erfordere eine andere Infrastruktur und erhebliche Investitionen. „Das ist nicht mehr in Millionen zu rechnen.“

Wer diese Investitionen stemmen soll, ist unklar. In der stark fragmentierten europäischen Flugsicherung gibt es schon jetzt einen Investitionsstau und Kapazitätsengpässe

Hürde 6 – Haftungsfragen

Ungeklärt ist bislang auch die Haftungsfrage. Für Versicherungskonzerne sind Flugtaxen eine völlig neues Genre. Die Konditionen für eine Versicherung dieser Gefährte muss erst noch entwickelt werden. Auch der Gesetzgeber muss erst noch Haftungsvorgaben formulieren. Das wird viel Zeit kosten, zumal ein solches Thema eventuell auch auf EU-Ebene geregelt werden muss.

Bei den Start-Up-Managern weiß man um die Herausforderungen. Die Euphorie und den Glauben an das fliegende Taxi bremst das zwar nicht, aber mittlerweile kehrt hier und da doch mehr Realismus ein. Bis zu zehn Jahre werde es wohl noch dauern, bis Flugtaxen ihren Realbetrieb aufnehmen können, erklärte Volocopter-Mitgründer Zosel jüngst auf der Cebit.

Und selbst dann warten die vielleicht größte Herausforderung noch auf sie: der Beweis, dass die Flugtaxen zu Preisen fliegen können, die rentable Geschäftsmodelle ermöglichen.