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Die Kunst hinter „Alien”: Wie HR Giger das berühmteste Monster der modernen Kinogeschichte erschuf

„Alien“ (Bild: 20th Century Fox/Alamy)
„Alien“ (Bild: 20th Century Fox/Alamy)

Die sommerliche Kinosaison wurde mit dem Kinostart von „Alien: Covenant“ am 18. Mai deutlich furchteinflößender. Der Film, der direkt an „Prometheus – Dunkle Zeichen“ aus 2012 anknüpft, ist Ridley Scotts zweites Prequel zu seinem bahnbrechenden „Alien“-Film aus dem Jahr 1979. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger, bei dem viele das Gefühl hatten, dass der Auftritt der Kultfigur zu lange auf sich warten ließ, liefert Scott in seinem neusten Werk einen intergalaktischen Monster-Film par exellence. Es ist eine angemessene und actionreiche Fortsetzung der Filmserie, die das Publikum seit beinahe vier Jahrzehnten den Angstschweiß auf die Stirn treibt – und die nicht überlebt, geschweige denn erfolgreich gewesen wäre, ohne die essentiellen Beiträge des verstorbenen Schweizer Künstlers HR Giger.

Ende der 1960er und Anfang der 1970er brachte es Giger in Zürich mit einer Serie aus Postern und Gemälden zu einiger Prominenz, die furchteinflößende und zugleich faszinierende, ineinander verschlungene Motive zu Geburt, Sex und Tod zeigten. Seine Werke verschmolzen menschliche und tierische Figuren mit technischen Elementen und erschufen dunkle, unheilvolle Tableaus, die wirkten, als seien sie den schwarzen Abgründen des Unterbewusstseins entsprungen. Als Surrealist eines deutlich düstereren Schlages – stellen Sie sich von Clive Barker überarbeite Werke von Hieronymus Bosch oder Salvador Dalí vor – kreierte Giger großformatige Ansichten weiblicher Körper, Gesichter, Wirbelsäulen und Unterleiber, die in an Maschinen erinnernde Strukturen verstrickt sind und schuf damit einige der originellsten und unvergesslichsten Bilder des 20. Jahrhunderts.

Es war das erste Kompendium seiner Werke, das Necronomicon aus dem Jahr 1977, das Gigers Leben und sein Vermächtnis radikal ändern sollte. Dank des Drehbuchautors Dan O’Bannon gelangte das Buch in die Hände von Regisseur Ridley Scott, der damals sein „Alien“ vorbereitete. Fasziniert von den Bildern – besonders Necronomicon IV und V — engagierte Scott Giger, um ihn bei der Erschaffung seines außerirdischen Filmmonsters, des „Facehuggers“ und seiner Eier sowie des Alien-Schiffes zu unterstützen. Giger kam dieser Aufgabe begeistert nach und übernahm selbst die Modellierung und das Bemalen seiner Designs.

Gemälde, das „Alien“ inspirierte. (Bild: HR Giger)
Gemälde, das „Alien“ inspirierte. (Bild: HR Giger)

Wie Scott später in der Einleitung an HR Giger Film Design schrieb: „Ursprünglich wollte Giger die Kreatur vollkommen neu erschaffen. Ich hingegen war so beeindruckt von seinen ‚Necronom IV’ und ‚V’ Gemälden aus dem ‚Necronomicon’-Buch, dass ich darauf bestand, er solle sich an ihrer Gestalt orientieren. Niemals in meinem Leben war ich mir so sicher gewesen wie hier. Sie waren ziemlich genau das, was ich mir für den Film vorgestellt hatte, besonders in der einzigartigen Weise, wie sie sowohl Horror als auch Schönheit verkörperten.“

Sehen Sie sich ein Video von Giger am Filmset an:

Giger gewann für seine Arbeit an „Alien“ 1980 den Oscar für die besten visuellen Effekte. Das Bonusmaterial der „Alien: Quadrilogy“-Blu-Ray-Box und die Dokumentation „Dark Star: HR Gigers Welt“ aus dem Jahr 2014 (sowie das Video oben) geben viele Backstage-Einblicke in seine Zusammenarbeit mit Scott. Als James Cameron 1986 für die Alien-Fortsetzung die Regie übernahm, entschieden er und 20th Century Fox sich allerdings gegen eine Zusammenarbeit mit dem Künstler. Es war eine überraschende (und offen gesagt unkluge) Entscheidung, für die Cameron sich später mit einem Brief beim Künstler entschuldigte.

Bei „Alien 3“ im Jahr 1992 lief es auch nicht viel besser. Giger wurde sowohl vom ursprünglichen Regisseur Vincent Ward als auch von seinem Ersatz David Fincher engagiert, um neue Variationen für sein Alien zu erschaffen. Sein aktualisiertes Design verlieh der Bestie ein wilderes Aussehen (da es aus dem Kadaver eines Tieres geboren wurde) und vorstehende Klauen zwischen den Fingern, die an Wolverine erinnern.

HR Giger
HR Giger

Doch nach der anfänglichen Zusammenarbeit mit Fincher engagierte die Produktion kurz darauf Tom Woodruff Jr. und Alec Gillis als Leiter der „Creature Effects“-Abteilung, worüber Giger sich später wie folgt äußerte: „Als ich hörte, dass Woodruff und Gillis ihre eigene Version des Aliens haben, kam mir der Gedanke, dass sie meine nicht zu schätzen wissen und Fincher vermutlich bereits von ihren Ideen überzeugen konnten. Aber es schien, als hätte meine Rolle in den Filmen nie die richtigen Leute erreicht… letztendlich haben sie einige meiner Ideen verwendet, aber was im Film gezeigt wurde, unterscheidet sich stark von meinem ersten Entwurf.“

Zumindest haben die Beteiligten von „Alien 3“ mit Giger gesprochen. Bei Jean-Pierre Jeunets „Alien: Die Widergeburt“ aus dem Jahr 1997 schien Giger nicht einmal in den Credits auf, woraufhin er einen erbosten Brief an Fox schrieb, der unter anderem diese Sätze enthält: „Wie würde er ohne meinen außerirdischen Lebensformen aussehen? Sehr wahrscheinlich würden alle Fortsetzungen zu ALIEN nicht einmal existieren!“

Wenig überraschend holte Regisseur Ridley Scott, der 2012 mit „Prometheus – Dunkle Zeichen“ zur Film-Serie zurückkehrte, auch Giger wieder mit ins Boot. Er erzählte Filmophilia (via Slashfilm): „Ich zeigte ihm, was wir machen, zeigte ihm die Handlung und es gefiel ihm sehr. Er macht also einige Dinge für mich. Einige Wandbilder, große Wandbilder, die wir in beinahe einer der ersten Kammern sehen werden, auf die wir nach der Landung stoßen werden.“

Scotts Team gab außerdem sein bestes, um dem Künstler den gebührenden Respekt zu zollen. Während das Prequel streng genommen vor „Alien“ spielt (und daher eine etwas primitivere Variation seiner Gestalt erforderte), erzählte Creature Designer Carlos Huante io9, er habe eine „ästhetische Form“ geschaffen, die „in meinen Augen den wunderschönen Giger-Stil, der den ersten Film durchdrungen hatte, perfekt ergänzte.“ Und Concept Artist Stephen Messing gestand, er habe als Easter Egg – ein verstecktes Gimmick – sogar einen „Altar“ im „Hauptraum“ eingebaut, der seiner Arbeit besonderen Tribut zollt:

„Prometheus“-Wandrelief. (Bild: 20th Century Fox)
„Prometheus“-Wandrelief. (Bild: 20th Century Fox)

„Ein weiteres Set, an dem ich gearbeitet habe, war als Hauptraum bekannt. Es war ein Zeremoniensaal, in dem unter dem gigantischen Steinkopf eines Konstrukteurs Hunderte Ampullen liegen… ich habe für dieses Set als Hommage an Giger auch einen Altarbereich modelliert – es ist eine Reliefskulptur, die von der Wand hängt und eine Alien-Form zeigt, die von fließenden Strukturen umgeben ist. In dieser Skulptur sind viele Easter Eggs – etwa mehrere versteckte Giger-Motive, die im Originalfilm nicht verwendet wurden.“

Gigers Designs wurden auch 2004 in „Alien vs. Predator“ und 2007 in dessen Fortsetzung „Aliens vs. Predator 2“ verwendet. Der Künstler starb im Mai 2014 im Alter von 74 Jahren, doch sein Einfluss ist im neuesten Film der Alien-Reihe allgegenwärtig. Giger, der einige der wunderschönsten Albtraumbilder erschuf, die jemals auf die Kinoleinwand übertragen wurden, ist bis heute bekannt als einer der einzigartigsten Visionäre der Kinogeschichte sowie als jener Mann, dem die Alien-Serie – zweifellos mehr als jedem anderen – ihre monströse Kraft verdankt.

Nick Schager
Redakteur
Yahoo Movies