Die Berlinale – kein gutes Pflaster für deutsche Filme

Im Fußball beispielsweise weiß man oft den Heimvorteil zu nutzen, geht deshalb nicht selten als Sieger vom Platz. Doch wenn deutsche Filme im Berlinale-Wettbewerb um den Goldenen Bären antreten, nützt ihnen die Rolle des Lokalmatadors herzlich wenig.

Von Thomas Lassonczyk

Die Berlinale, die vom 9. bis zum 19. Februar in unserer Bundeshauptstadt bereits zum 67. Mal über die Bühne geht, ist eines der ältesten Filmfestivals der Welt.

Dort wird Jahr für Jahr der Goldene Bär vergeben. Er ist neben dem Oscar und der Goldenen Palme von Cannes der wichtigste internationale Filmpreis. 2017 versuchen auch wieder einige Deutsche, den Hauptpreis der Berliner Filmfestspiele zu gewinnen, darunter der Regieveteran Volker Schlöndorff mit “Return to Montauk", einer Hommage an den Schriftsteller Max Frisch, Thomas Arslan mit seinem Vater-Sohn-Drama “Helle Nächte” und Andres Veiel mit “Beuys”, einer Dokumentation über den gleichnamigen Künstler. Doch die Chancen für die einheimischen Produktionen stehen denkbar schlecht, denn obwohl die Berlinale auf deutschem Boden stattfindet, konnte kaum jemand diesen Heimvorteil auch wirklich nutzen.

Der letzte, der siegreich hervorging, war der türkisch-stämmige Fatih Akin, der 2004, also vor 13 Jahren, für sein radikales Liebesdrama “Gegen die Wand" ausgezeichnet wurde. Es gab aber auch einmal eine Epoche, da sahnten Deutsche einen Gold-Bären nach dem anderen ab. Das war in den legendären 1980er Jahren, als der Neue Deutsche Film Opas Kino der 1950er erfolgreich den Kampf angesagt hatte und in dieser Phase seine Blütezeit erlebte - mit Regisseuren wie Werner Herzog, Wim Wenders (erhielt vor zwei Jahren immerhin einen Ehrenbären) oder dem bereits erwähnten Volker Schlöndorff. Diese kulturelle Revolution spiegelte sich auch auf der Berlinale wider: Von 1979 bis 1986 gingen allein fünf (!) nationale Produktionen als Sieger des Hauptpreises hervor.

Darunter Rainer Werner Fassbinders “Die Sehnsucht der Veronika Voss", ein Drama über den tiefen Fall eines deutschen Film-Stars der UFA-Ära, und der Politkrimi “Stammheim”, in dem Reinhard Hauff den Prozess gegen die RAF-Terroristen Baader, Meinhof und Co. begleitet. Dann aber folgre die große Durststrecke in den 1990ern, die im Prinzip bis zum heutigen Tag anhält. Zwar versuchten es namhafte zeitgenössische Filmemacher immer wieder, den Wettbewerb der Berlinale für sich zu entscheiden, doch sie scheiterten allesamt:

Christian Petzold (Bild), Hans-Christian Schmid und Oskar Roehler schafften es im Lauf ihrer Karriere sogar mehrfach auf die Berlinale, mussten aber stets den Goldenen Bären der internationalen Konkurrenz überlassen. Das Jahr 2006 markierte immerhin einen kleinen Lichtblick: Mit Roehlers “Elementarteilchen", Schmids “Requiem”, Matthias Glasners “Der freie Wille” und Valeska Grisebachs “Sehnsucht” waren gleich vier Deutsche im Wettbewerbsprogramm. Zwar ging der Hauptpreis an “Esmas Geheimnis - Grbavica”, einen bosnisch-kroatischen Film mit deutsch-österreichischer Beteiligung, aber drei Silbernen Bären blieben in der Heimat:

Sandra Hüller (im Bild mit dem Bayerischen Filmpreis 2016), deren aktueller Film “Toni Erdmann" gerade um den Auslands-Oscar kämpft, wurde für “Requiem” zur besten Darstellerin gekürt, Moritz Bleibtreu (“Elementarteilchen”) gewann als bester Darsteller und Jürgen Vogel bekam für seine besondere künstlerische Leistung als Schauspieler, Co-Autor und Co-Produzent für “Der freie Wille” ebenfalls einen Bären. Wie man überhaupt sagen muss, dass die Berlinale-Jury zumindest die Performance der hiesigen Akteure zu honorieren weiß. So blieben in den letzten Jahren doch zahlreiche dieser Nebenauszeichnungen in Deutschland. 2001 gewannen Bibiana Beglau und Nadja Uhl für “Die Stille nach dem Schuss”, 2005 wurde Julia Jentsch für “Sophie Scholl” geehrt,

2007 war Nina Hoss (für “Yella") die glücklicher Gewinnerin. Zuletzt ging Birgit Minichmayr (für Maren Ades “Alle Anderen”) 2008 mit dem Silbernen Bären nach Hause. Generell muss man allerdings feststellen, dass es viele deutsche Filme mangels Qualität und Anspruch nicht verdient gehabt hätten, im Berlinale-Wettbewerb zu reüssieren. Aber auch hier gibt es Ausreißer in die andere Richtung. So wären etwa Andreas Dresens “Halbe Treppe” (2002), Doris Dörries “Kirschblüten - Hanami” (2008) oder Sebastian Schippers “Victoria” (2015) durchaus würdige Preisträger gewesen.

Bilder: ddpImages (6)