Deutschland und Katar wollen trotz Differenzen Zusammenarbeit vertiefen

Deutschland und das Emirat Katar wollen trotz offener Differenzen in Menschenrechtsfragen ihre politische Zusammenarbeit vertiefen.
Deutschland und das Emirat Katar wollen trotz offener Differenzen in Menschenrechtsfragen ihre politische Zusammenarbeit vertiefen.

Deutschland und das Emirat Katar wollen trotz offener Differenzen in Menschenrechtsfragen ihre politische Zusammenarbeit vertiefen. In Katars Hauptstadt Doha unterzeichneten Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und ihr katarischer Kollege Mohammed bin Abdurrahman Al Thani am Mittwoch eine Absichtserklärung über einen neuen "strategischen Dialog" zwischen beiden Ländern. Diese Form des Austausches mit dem Emirat verfolge das Ziel, "in Zukunft noch enger zusammezuarbeiten und uns auszutauschen", sagte Baerbock in Doha.

Außenminister Al Thani stellte weitere Investitionen seines Landes in Deutschland und eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Energiewende in Aussicht. "Unsere bilateralen Beziehungen haben sich stark entwickelt", sagte Al Thani.

Baerbock wies bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrem Kollegen auf anhaltende Differenzen etwa bei den Menschenrechten hin, die bei der angestrebten Vertiefung der Beziehungen nicht ausgespart werden dürften. "Belastbare bilaterale Beziehungen zeichnen sich dadurch aus, dass wir uns auch zu Themen austauschen können, bei denen wir deutlich unterschiedliche Sichtweisen haben" - etwa bei den Menschen- und Freiheitsrechten, sagte Baerbock.

Auf die Frage einer Journalistin, ob bei der Zusammenarbeit mit einem so energiereichen und finanzstarken Land wie Katar der Markt wichtiger sei als die Moral, entgegnete Baerbock: "Nein, ich sehe da keinen Gegensatz."

Lobend hob die Ministerin hervor, dass sich die rechtliche Lage der rund 2,6 Millionen Arbeitsmigranten in Katar durch Reformen der Regierung verbessert hätten. Sie mahnte aber weitere Anstrengungen an: "Wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen." Mit den Reformen hatte das Fußball-WM-Gastgeberland Katar auf die internationale Kritik an den harschen Arbeitsbedingungen reagiert.

Al Thani wies Kritik an der Menschenrechtslage in seinem Land zurück. Derartige Vorwürfe beruhten auf "Vorurteilen", sagte der Minister. Katar habe Fortschritte im Bereich der Arbeitnehmer- und Menschenrechte gemacht. Im Verhältnis zu Deutschland respektiere seine Regierung, "dass es unterschiedliche Sichtweisen zwischen uns gibt".

Das kleine Golfemirat ist wegen seiner reichen Gasvorkommen und seiner enormen Finanzkraft ein wichtiger wirtschaftlicher Partner für Deutschland. Auch außenpolitisch spielt es wegen seiner aktiven Diplomatie eine wichtige Rolle in der Region.

Bei dem Treffen von Baerbock und Al Thani kamen auch der Ukraine-Krieg und seine Folgen zur Sprache. Der katarische Außenminister betonte mit Blick auf die Ukraine, sein Land stehe für die Achtung der Souveränität und territorialen Integrität jedes Landes. Baerbock begrüßte diese Haltung: Sie zolle ihrem Kollegen für "die klaren Worte zum russischen Angriffskrieg meine Anerkennung und Wertschätzung", sagte sie.

Die politischen Beziehungen zwischen Berlin und Doha hatten sich zuletzt abgekühlt. Als Gastland der Fußball-WM 2022 war Katar in den Fokus internationaler Kritik geraten. In Katar hatte es für Verstimmung gesorgt, dass solche Kritik auch von deutschen Regierungsvertretern geäußert wurde.

Das Verhältnis zu Deutschland sei dadurch aber nicht nachhaltig beschädigt worden, sagte nun Außenminister Al Thani. Seine Regierung verwahre sich lediglich gegen "Kritik, die grundlos ist". Ansonsten gelte aber: "Wir in Katar begrüßen stets konstruktive Ratschläge von unseren Freunden."

Deutschland und Katar unterhalten intensive Handelsbeziehungen. Die Bedeutung des Emirats als Gaslieferant für Deutschland wird weiter wachsen. Im vergangenen Jahr schlossen beiden Länder einen auf 15 Jahre befristeten Vertrag zur Lieferung von Flüssiggas (LNG) ab.

Der Warenaustausch summierte sich 2021 auf insgesamt 1,3 Milliarden Euro. Davon entfielen 1,1 Milliarden Euro auf deutsche Exporte nach Katar. Katar ist einer der größten ausländischen Investoren in Deutschland und unter anderem an Volkswagen, der Deutschen Bank, Siemens und Hapag-Lloyd substanziell beteiligt. Im vergangenen Jahr übernahm Katar zehn Prozent des deutschen Energiekonzerns RWE.

pw/ju