Debatte um Pause für Talkshows bei ARD und ZDF

Der Sprecher des Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, befürwortet einen Vorstoß des Deutschen Kulturrats, wonach die öffentlich-rechtlichen Sender ein Jahr Talkpause machen sollten. „Beste Idee! Machen!“, schrieb der Bundestagsabgeordnete auf Twitter.

Der Geschäftsführer des Kulturrats, Olaf Zimmermann, hatte seinen Vorschlag mit Blick auf den ARD-Talk von Sandra Maischberger gemacht. Zimmermann nahm konkret Bezug auf die Sendung am Mittwoch mit dem Titel: „Die Islamdebatte: Wo endet die Toleranz?“.

In der Talkrunde sei „allen Ernstes schwerpunktmäßig über das Händeschütteln als einen vermeintlichen Ausdruck deutscher Kultur debattiert“ worden, sagte Zimmermann. Daher finde er, dass die Talkshows im Ersten und im ZDF sich eine einjährige Auszeit nehmen und ihre Konzeptionen überarbeiten sollten. „Vielleicht wird die talkshowfreie Zeit der Integration in unserem Land nützlich sein?“

Zimmermann bezweifelte generell den Nutzen von Talkrunden für den politischen Diskurs. „Mehr als 100 Talkshows im Ersten und im ZDF haben uns seit 2015 über die Themen Flüchtlinge und Islam informiert und dabei geholfen, die AfD bundestagsfähig zu machen“, sagte er und fügte hinzu: „Die Spaltung der Gesellschaft hat seit 2015 deutlich zugenommen.“

Die „Maischberger“-Sendung am Mittwochabend hatte schon vor ihrer Ausstrahlung für Diskussionen gesorgt. „Maischberger“ war direkt im Anschluss an die Verfilmung von Michel Houellebecqs Bestseller „Unterwerfung“ geplant, der von einer schleichenden Islamisierung Frankreichs erzählt. Auf Twitter war die Talksendung zunächst mit der Leitfrage „Sind wir zu tolerant gegenüber dem #Islam?“ angekündigt worden – was in den sozialen Medien kritische Nachfragen provozierte, wer hier mit „wir“ gemeint sei und wer nicht dazugehöre.

In der später korrigierten Version hieß die Leitfrage dann: „Die Islamdebatte: Wo endet die Toleranz?“. Allerdings gab es auch für den Korrekturvorgang selbst auf Twitter umgehend Kritik. Hinzu kam Frank Plasberg: Der ARD-Moderator hatte sich am Montagabend in seiner Sendung „hart aber fair“ im Ersten das Thema „Flüchtlinge und Kriminalität – Die Diskussion!“ vorgenommen. Dass Plasberg und Maischberger kurz hintereinander Themen aus dem Spektrum gewählt hatten, zu dem sich oft die AfD zu Wort meldet, störte ebenfalls manchen.

Überlagert wird die Debatte von Plasbergs Ankündigung, künftig auf Alexander Gauland als Gast verzichten zu wollen, nachdem der AfD-Chef beim Bundeskongress der AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative gesagt hatte: „Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.“ Von seinen Talkshow-Kolleginnen kam umgehend Widerspruch.

Den Partei- und Fraktionsvorsitzenden der größten Oppositionspartei öffentlich auszuschließen gehe am eigentlichen Problem meilenweit vorbei, sagte Anne Will. „Als Redaktion eines ARD-Talkformats haben wir eine staatsvertraglich festgeschriebene Pflicht zu einer Berichterstattung, die alle gesellschaftlichen Kräfte angemessen berücksichtigt. Zugleich lassen wir uns nicht instrumentalisieren und bleiben bei unserem klaren Kurs: Wir entscheiden nach journalistischen Kriterien, wen wir einladen und wen nicht.“ Ähnlich äußerten sich Maischberger und ZDF-Talkerin Maybrit Illner.