Free-TV-Premiere von "Babylon Berlin": Das Erste in der zweiten Reihe

Volker Bruch in “Babylon Berlin” (Bild: Das Erste)
Volker Bruch in “Babylon Berlin” (Bild: Das Erste)

Im Herbst letzten Jahres landete der Pay-TV-Sender Sky mit “Babylon Berlin” einen Riesenhit. Auch der Produktionspartner ARD strahlte “Babylon Berlin nun aus. Die Serie nach den Kriminalromanen von Volker Kutscher startete im Ersten am 30. September. Doch wird der Sender noch etwas vom Erfolgskuchen abbekommen?

Am 30. September war es so weit, die deutsche Megaserie “Babylon Berlin” war endlich auch im deutschen Free-TV, in der ARD also, zu sehen. Ab jetzt laufen die restlichen 13 Episoden immer donnerstags um 20:15 Uhr. Der Sender blickte voller Vorfreude auf die Premiere. Schließlich handelte es sich dabei um das “TV-Ereignis des Jahres”, wie es in der Pressemitteilung heißt, um eine Fernsehproduktion, die “von der Kritik hochgelobt, vielfach preisgekrönt und international erfolgreich” ist.

Die ARD-Verantwortlichen stimmen in den Chor der Begeisterten mit ein. Für Programmdirektor Volker Herres ist “Babylon Berlin” eine “einzigartige deutsche Serie”, die “Erzählkunst vor zeitgeschichtlichem Hintergrund mit dem Schauwert des großen Kinos vereint”. Und Christine Strobl, Programmgeschäftsführerin der ARD-Tochter Degeto-Film, ist sich sicher: “Babylon Berlin” ist die derzeit “spannendste und innovativste Serie aus Deutschland”.

Viele Gewinner, einige Verlierer

Tatsächlich ist “Babylon Berlin” ein Gewinn für die hiesige Fernsehlandschaft. Die Verfilmung von Volker Kutschers Romanzyklus um den Kriminalkommissar Gereon Rath, der im pulsierenden Berlin der 1920er Jahre ermittelt, ist nicht nur in künstlerischer Hinsicht der nächste Höhepunkt des deutschen Fernsehens, das sich zuletzt schon mit einigen auch international gefeierten Serien-Projekten wie “Deutschland 83”, “Dark” und “Bad Banks” ausgezeichnet hat.

Szene aus “Babylon Berlin” (Bild: Das Erste)
Szene aus “Babylon Berlin” (Bild: Das Erste)

Auch wirtschaftlich setzt “Babylon Berlin” Maßstäbe. Der Pay-TV-Sender Sky, neben der ARD einer der Produktionspartner, freute sich über Rekord-Zuschauerzahlen und einen mutmaßlich enormen Zulauf von neuen Abonnenten, als die Serie dort im Herbst letzten Jahres angelaufen war. Und auch bei Beta-Film, dem dritten im Bunde der Geldgeber, klingelten laut die Kassen, hat der Weltvertrieb die Serie doch bereits in mehr als 60 Länder weltweit verkauft.

Zweifelsohne sind aus “Babylon Berlin” so manche Sieger hervorgegangen. Dass ausgerechnet die ARD noch nichts von dem Kuchen abbekommen hat, ist das kleine aberwitzige Kapitelchen in dieser Erfolgsgeschichte. Viele Beobachter sind sich einig: Der Senderverbund hat sich mit seinen Partnern auf einen mehr als fragwürdigen Deal eingelassen. Denn während jene durch die Serie reicher geworden sind und durch Ausstrahlung/Verkauf der “spannendsten und innovativsten” deutschen Serie ihr Image aufpolieren konnten, darf das Erste die übriggebliebenen Krümel einsammeln.

Gescheitertes Experiment?

So bemerkenswert wie die erste Kooperation eines öffentlich-rechtlichen Senders mit einem Pay-TV-Sender in Deutschland sind auch die Bedingungen, unter denen das Produkt das Publikum erreicht. Sky hat sich neben dem Erstausstrahlungs- auch das Recht gesichert, “Babylon Berlin” mit einjährigem Vorlauf zeigen zu dürfen. Und das obwohl die ARD den größten Teil, nämlich 15 Millionen der fast 40 Millionen Euro Produktionskosten der ersten beiden Staffel übernommen hat. Auf Sky fielen rund fünf Millionen Euro, der Rest des Budgets stammt von Beta-Film und mehreren Förderanstalten, darunter der Medienboard Berlin Brandenburg und die Film- und Medienstiftung NRW.

Spielt die weibliche Hauptrolle in “Babylon Berlin”, Liv Lisa Fries (Bild: Das Erste)
Spielt die weibliche Hauptrolle in “Babylon Berlin”, Liv Lisa Fries (Bild: Das Erste)

Zu Recht wurde und wird der Deal vielfach kritisiert. Diejenigen, die dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen Trägheit und Behäbigkeit attestierten, sehen sich mit der Abmachung einmal mehr bestätigt. Schon in der Drehbuchentwicklung und dann bei der Produktion waren die Macher von einer Hürde zur nächsten gestolpert. Zwischenzeitlich hieß es sogar, dass das Projekt wackle. Als die Serie dann endlich fertig war, mussten die Zuschauer des Hauptgeldgebers die bittere Pille schlucken, dass sie auf die Serie, die sie mit ihren Gebühren mitermöglicht haben, ein Jahr warten müssen. Auch sie gehören zu den Verlierern des Sky/ARD-Pakts.

Wie hanebüchen die Situation ist, zeigt auch der Umstand, dass man bei ARD und Sky Berichten zufolge erst nach dem Start von “Babylon Berlin” im Ersten über das weitere Schicksal der Serie entscheiden will. Und das obwohl die Filmemacher um Tom Tykwer schon längst an der Fortsetzung arbeiten. Wie “Babylon Berlin” bei den ARD-Zuschauern ankommt, wird man aber erst Anfang 2019 wissen. Ja, die Mühlen im Ersten mahlen langsam.

Doch noch ist nicht aller Tage Abend. Dass es mit “Babylon Berlin” weitergehen wird, dürfte gewiss sein. Sollte auf Seiten der Produktion und Finanzierung alles beim Alten bleiben, dann wäre das Erste besser beraten, sich zumindest um ein kürzeres Zeitfenster zwischen Sky- und ARD-Ausstrahlung zu bemühen. Schließlich müsste es sich doch auch in den Reihen des öffentlichen Fernsehens herumgesprochen haben: Mehr denn je zeichnen sich Serien durch ihren kurzlebigen Hype aus. Serien mit einjähriger Verspätung schauen ist wie Zeitung von gestern lesen.

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