Bundestag debattiert umstrittene Wahlrechtsreform
Der Bundestag hat am Freitag kontrovers über die Reform-Pläne der Ampel-Koalition für das Wahlrecht debattiert. CSU-Landesgruppen-Chef Alexander Dobrindt kritisierte das Vorhaben als "Akt der Respektlosigkeit" gegenüber den Wählern und der Demokratie. Denn es könne dazu führen, dass in den Wahlkreisen direkt gewählte Abgeordnete nicht mehr ins Parlament einzögen. Die Ampel stelle damit das "Existenzrecht der CSU in Frage" und wolle die Linke "aus dem Parlament drängen".
Der parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Jan Korte, sagte, die Reform sei "der größte Anschlag" auf das Wahlrecht als Grundpfeiler der Demokratie "seit Jahrzehnten". Profitieren würden die Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP. Dagegen sollten die CSU und die Linke "politisch eliminiert" werden. Die Reform sei "vergleichbar mit den Tricksereien der Trump-Republikaner", sagte Korte und kündigte den Gang vor das Bundesverfassungsgericht an: "Wir werden uns in Karlsruhe sehen."
Der Obmann der SPD in der Wahlrechtskommission, Sebastian Hartmann, verteidigte das Vorhaben. Die Reform sei überfällig. Die Verkleinerung des Parlament von derzeit 736 auf 630 Stimmen sei klar und nachvollziehbar, betonte er. Die Abschaffung der Grundmandatsklausel, die bisher die Vertretung von Parteien ermöglicht, die weniger als bundesweit fünf Prozent der Stimmen erreichen, sei eine "klare Systementscheidung" und stärke den Gedanken des Verhältniswahlrechts. Aus Sicht der Ampel stehe der Vorschlag fest in der deutschen Verfassungstradition.
Der Bundestag müsse zeigen, dass er nicht nur von den Bürgern Reformbereitschaft erwarte, sondern selbst auch dazu in der Lage sei, sagte der FDP-Politiker Konstantin Kuhle. Überhang- und Ausgleichsmandate hätten dazu geführt, dass der Bundestag von Jahr zu Jahr größer werde. Künftig könnten nur so viele Abgeordnete ins Parlament einziehen wie es Zeitstimmen gebe. Damit sorge das neue Wahlrecht "für Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit". Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann betonte ihrerseits, der Vorschlag sei "fair und verfassungsgemäß"
Der Bundestag soll nach der Debatte am Vormittag namentlich über die Wahlrechtsreform abstimmen. Der AfD-Abgeordnete Albrecht Glaser verwies darauf, dass der Ampel-Vorschlag "nahezu identisch" sei mit einem Plan der AfD von 2020. Dass die angestrebte Mandatszahl "in letzter Sekunde" aber von ursprünglich 598 auf 630 erhöht worden sei, könne die Partei aber nicht mittragen. Sie werde deshalb dem Vorschlag nicht zustimmen.
mt/pw