„Dora oder die sexuellen Neurosen unserer Eltern“: Drama mit Victoria Schulz und Lars Eidinger

Für ihre dritte Regiearbeit hat sich die Schweizer Filmemacherin Stina Werenfels ein heikles Sujet zur Brust genommen: die sexuelle Selbstbestimmung einer geistig behinderten Frau. In „Dora oder die sexuellen Neurosen unserer Eltern“ legt sie das Tabuthema sensibel, facettenreich und gleichzeitig humorvoll offen.

Dora (Victoria Schulz) ist nicht wie andere 18-Jährige. Sie ist geistig auf dem Stand einer 10-Jährigen. An ihrem Geburtstag sind Luftballons und Torte das Wichtigste für sie. Doch seit Mutter Kristin (Jenny Schily) heimlich ihre Medikamente abgesetzt hat, verändert sich etwas. Dora ist nicht länger ruhiggestellt. Mit einem Mal kann sie mehr Anteil an der Welt nehmen.

Gleichzeitig entdeckt sie auch ihr Interesse für das andere Geschlecht. Als sie den zwielichtigen Peter (Lars Eidinger) auf einem Markt kennenlernt, fühlt sie sich sofort zu ihm hingezogen. Die beiden schlafen miteinander. Doras Eltern erfahren erst davon, als sich herausstellt, dass Dora schwanger ist. Die Familie droht an dieser Neuigkeit zu zerbrechen. Schließlich versucht auch die Mutter schon länger erfolglos, noch ein weiteres Kind zu bekommen. Eifersucht und Hilflosigkeit lähmen die Eltern.

Die Filmcrew 2015 auf der 65. Berlinale (Bild: Getty Images)
Die Filmcrew 2015 auf der 65. Berlinale (Bild: Getty Images)


Stina Werenfels’ Drama basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück von Lukas Bärfuss. Die Regisseurin nutzt das Kino-Format, um ganz nah an ihre Hauptcharaktere heranzugehen. Sie zeigt die pure Verwirrung in den Gesichtern der Eltern, die nicht mehr weiter wissen. Und sie zeigt Doras völlig naiven Blick auf ihre Umgebung. Durch den Wechsel der Perspektiven legt Werenfels den Zuschauer nicht auf eine Sichtweise fest. In „Dora oder die sexuellen Neurosen unserer Eltern“ gibt es kein Schwarz und Weiß, sondern nur sehr viele verschiedene Grautöne.

Ob Stina Werenfels mit ihrem Werk enttabuisieren kann? Um dies zu erreichen, verlangte sie ihren Schauspielern bei den Dreharbeiten alles ab. Für Victoria Schulz ist es eine der ersten richtigen Hauptrollen in der Karriere. Sie trainierte so hart und konzentriert, dass sie nun auf der Leinwand gänzlich mit ihrer Figur verschmilzt. Die geistig Behinderte mimt sie perfekt – ohne zu überdreht oder reduziert zu wirken. Und selbst der versierte Theaterdarsteller Lars Eidinger bezeichnet seine Rolle als eine große Herausforderung. Aber auch er meistert sie mit Bravour.

„Dora oder die sexuellen Neurosen unserer Eltern“ kommt am 21. Mai 2015 in die deutschen Kinos.