Schauspielerin Annie Girardot gestorben

Die französische Schauspielerin Annie Girardot ist tot. Der TV-Sender
BFM berichtete unter Berufung auf ihre Familie, sie sei am Montag im
Alter von 79 Jahren in einem Pariser Krankenhaus gestorben. Die
populäre Schauspielerin, die zuletzt an der Alzheimer-Krankheit litt,
kann auf mehr als 100 Filme zurückblicken und galt als eine der Großen
des französischen Filmgeschäfts.

Zu
ihren Erfolgen zählten Filme wie «Rocco und seine Brüder» (1960) von
Luchino Visconti mit Alain Delon oder «Drei Zimmer in Manhattan» (1965)
von Marcel Carné, für den sie auf der Biennale in Venedig den Preis der
besten Darstellerin erhielt. «Aus Liebe sterben» (1970) machte sie zum
Weltstar. Es war ein Film, den André Cayatte nach einer wahren
Begebenheit drehte: Eine Klassenlehrerin verliebt sich in einen Schüler
und wird in den Tod getrieben.

Als das «schönste dramatische
Talent der Nachkriegszeit» hat der Dichter Jean Cocteau sie einmal
bezeichnet. «Sie hatte ein enormes Talent», sagte auch ihr Kollege Jean
Rochefort am Montag über sie. Als außergewöhnliche Frau sowohl vor wie
hinter der Kamera bezeichnete sie der Schauspieler Claude Lellouche:
«Sie war vielleicht sogar die größte Schauspielerin des französischen
Nachkriegs-Kinos.» 1992 war Girardot auch Jury-Präsidentin der
Berlinale.

Die als sensibel und impulsiv beschriebene gelernte
Krankenschwester spielte in rund 40 Jahren in künstlerisch
ambitionierten, aber auch in «nur» unterhaltsamen Filmen. Sie übernahm
dabei die verschiedensten Berufe, als Richterin, Rechtsanwältin,
Taxichauffeurin oder Polizistin. Von glamourös bis burschikos fand sie
sich in allen Genre-Rollen zurecht. Sie verkörperte den bodenständigen,
emanzipierten und auch engagierten starken Frauen-Charakter, der mit
beiden Beinen im Leben stand. In «Dillinger ist tot» (1968) von Marco
Ferreri war sie Partnerin von Michel Piccoli.

Ihr Kinodebüt hatte
sie bereits 1956 - zwei Jahre, nachdem sie ihre erste Theaterrolle an
der Comédie Francaise spielte. Drehbuchautor Michel Audiard schrieb ihr
mehrere Filmrollen. In «La Gifle» von Claude Pinoteau tröstete sie ihre
Filmtochter Isabelle Adjani, als Lino Ventura diese ohrfeigte. Pinoteau
würdigte sie am Montag als «große Schauspielerin«: «Sie hatte ein
seltenes Schauspielertalent und verstand es instinktiv, in eine Rolle
zu schlüpfen». Unvergessen bleibt sie auch als komisches Talent in «Der
Querkopf» von Claude Zidi an der Seite von Louis de Funès.

Die
mit drei César-Filmpreisen ausgezeichnete Schauspielerin thematisierte
zuletzt in einem Dokumentarfilm ihre Alzheimer-Krankheit. 1962 hatte
sie den italienischen Schauspielerkollegen Renato Salvatori geheiratet,
mit dem sie eine Tochter hatte und später bis zu dessen Tod in
Scheidung lebte.