Der Deutsche im Film – das Klischee lebt weiter

Der Deutsche - den gibt es nicht. Kategorisierungen dieser Art funktionieren nur im Film gut, weil man dort nicht komplexe Menschen mit Widersprüchen, sondern Charaktere benötigt. Film lebt von der Vereinfachung und Zuspitzung: Ein Böser muss richtig böse, ein Guter ohne Makel sein, eine Liebe vielleicht kompliziert aber am Ende glücklich.

So ist es wohl kein Wunder, dass auch die Darstellung bestimmter Nationalitäten im Film oft klischeehaft ist. Wir erinnern uns an den brutalen Russen der 80er Jahre, den Franzosen mit Baskenmütze, den lebensfrohen, quasselnden Italiener oder den vornehmen Engländer.

Neben den biertrinkenden Männern in Lederhosen und Frauen im Dirndl,
ist der „Deutsche" im Film meist ein Nazi oder Ex-Nazi - mindestens ein
kalter Verbrecher. Keine historische Episode taucht im Film öfter auf, als die Nazizeit und der Zweite Weltkrieg. In Filmen wie „Das dreckige Dutzend", „Die Brücke von Arnheim", Kubricks "Dr. Strangelove", „Indiana Jones" und vielen weiteren. Am Ende siegen zum Glück immer die Amerikaner und die Welt ist wieder in Ordnung.

So kennt man den Deutschen im Film, als kriegerischen Nazi in "Indiana Jones"

65 Jahre nach Kriegsende konnte so auch Quentin Tarantino mit „Inglourious Basterds" punkten, indem er einen Mix aus B-Movie und Kriegsfilm rührte. Die meisten Deutschen darin sind natürlich Kampfmaschinen oder miese Typen wie Daniel Brühls Figur Fredrick Zoller. Tom Cruise versuchte sich mit „Valkyrie" (2008) an einem Heldenepos und damit einem Gegenbild vom typischen, deutschen Soldaten im amerikanischen Film.

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Daniel Brühl in "Inglourious Basterds"

Diane Kruger, unsere Frau in Hollywood, sagte in einem Interview, man schätze dort die Eigenschaften der Deutschen sehr: „Pünktlichkeit, Ordnung, Disziplin, Gewissenhaftigkeit, Zuverlässigkeit." Fehlen eigentlich nur noch „Gehorsam und Durchhaltevermögen", dann ist das Soldaten-Film-Klischee erfüllt.

Schauen wir mal, ob es auch andere Darstellungen der Deutschen im Film gibt:

Ein witziges deutsches Klischee erfüllt Augustus Glupsch in „Charlie und die Schokoladenfabrik". Der dicke Junge kommt aus Deutschland und isst ständig, hat ebenso dicke Eltern und der Vater ist Metzger. Er macht „Wurst" - ein Wort, das inzwischen international ist. Das Klischee hier: der genussfreudige Deutsche.

Philip Wiegratz und Franziska Troegner in "Charlie und die Schokoladenfabrik"

Franka Potente durfte in zwei „Bourne" Filmen an der Seite von Matt Damon die deutsche Freundin geben. Kann man das „Weltenbummlertum" ihres Charakters (Die Deutschen als "Reiseweltmeister") als typisch deutsche Eigenschaft zählen?

Hardy Krüger in "Der Flug des Phönix"

Blond und blauäugig entsprach Hardy Krüger dem Klischee vom deutsch-dämonischen Herrenmenschen. Er hatte aber diesen nachdenklichen Zug, der ihn zu mehr als dem Bösewicht geeignet erscheinen ließ. Als Ingenieur bastelt er in „Der Flug des Phönix" (1965) nach einem Absturz in der Wüste aus den Wracktrümmern ein neues Flugzeug. Am Ende wollen die anderen ihn lynchen, als sie entdecken, dass er bislang nur Spielzeugflieger konstruierte. Da ist er wieder der Film-Deutsche: eben ein bisschen größenwahnsinnig, aber doch ein gewissenhafter Erfinder.

Ins Segment „Bösewicht" fallen die Gruber-Brüder aus "Die Hard" Teil 1 und 3. Vermutlich aus Gründen nationaler Rücksichtnahme, hieß Hans Gruber in der deutschen Fassung „Jack". Jeremy Irons spielt in Teil 3 den Bruder Simon Gruber mit dem schillernden Decknamen „Peter Krieg". Den Bösen besetzt man in Hollywood traditionell gern mit Deutschen oder Osteuropäern. In letzter Zeit holen aber die Araber auf.

Armin Müller-Stahl in "The International"

In der Tom Tykwer Großproduktion „The International" (2009) gibt es den Ex-Stasi General Wilhelm Wexler (Armin Mueller-Stahl), der in die illegalen Machenschaften einer Bank verwickelt ist. Da ist es wieder, das Klischee vom deutschen Experten, der ohne Skrupel tut, „was getan werden muss".

Der Herrenmensch, der disziplinierte Soldat, der kalt kalkulierende Bösewicht - das sind offenbar die Klischees der Deutschen in Filmen. Die Welt war und ist komplex, zu komplex für 90 Minuten Spannung und Unterhaltung. Da hält man sich im Kino lieber an Klischees und schafft eine vereinfachte Welt, in der jeder in eine Schublade passt und die Bösen einen Akzent haben. Problematisch ist es nur für Leute, die das für die Wirklichkeit da draußen halten.

Fotos: ddp