Biden befürchtet mit Ende von Abschieberegelung "chaotische" Zustände

Die USA bereiten sich mit dem Auslaufen einer umstrittenen Corona-Abschieberegelung auf einen Ansturm von Migranten und Asylsuchenden an der Grenze zu Mexiko vor. Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas warnte am Mittwoch vor "potenziell sehr schwierigen Herausforderungen" mit dem Ende der unter dem Namen Title 42 bekannten Regelung in der Nacht auf Freitag. US-Präsident Joe Biden räumte ein, die Lage an der Südgrenze werde "für eine Weile chaotisch sein."
Die US-Regierung hat 24.000 Grenzpolizisten im Einsatz und zusätzlich zu den bereits 2500 an der Grenze zur Unterstützung eingesetzten Soldaten weitere 1500 Soldaten mobilisiert. Sie verschärfte zudem die Asylregeln, um eine abschreckende Wirkung gegen illegale Grenzübertritte zu erzielen.
Hintergrund ist das Auslaufen von Title 42 am Donnerstagabend um 23.59 Uhr US-Ostküstenzeit (Freitag 05.59 Uhr MESZ). Die im März 2020 zu Beginn der Corona-Pandemie unter Bidens Vorgänger Donald Trump eingeführte Regelung sieht vor, dass an der Grenze zu Mexiko aufgegriffene Migranten umgehend abgewiesen werden können. Begründet wurde dies mit dem Kampf gegen das Coronavirus. Kritikern zufolge war die Pandemie aber nur ein Vorwand, um eine harte Grenzpolitik durchzusetzen.
Die Abschieberegelung endet nun zeitgleich mit dem Auslaufen des nationalen Corona-Gesundheitsnotstandes in den USA in der Nacht auf Freitag. Das bedeute aber nicht, "das unsere Grenze offen ist", betonte Heimatschutzminister Mayorkas am Mittwoch. "Schmuggler arbeiten schon seit langer Zeit hart an der Verbreitung der Falschinformation, dass die Grenze nach dem 11. Mai offen sein wird. Das wird nicht so sein. Sie lügen."
Der Minister sagte, die Regierung arbeite an Wegen einer legalen Einreise in die USA und wolle zugleich "jenen härte Konsequenzen auferlegen, die sich entscheiden, diese Wege nicht zu beschreiten". Gemäß einer neuen Regelung sollen Menschen ihren Anspruch auf Asyl verlieren und abgeschoben werden, wenn sie illegal in die USA einreisen. Ausnahmen soll es unter anderem geben, wenn den Menschen in ihrer Heimat Folter droht.
Mit dem Ende von Title 42 will die Biden-Regierung sich grundsätzlich auf ein unter dem Namen Title 8 bekanntes älteres Regelwerk stützen, das in den vergangenen Jahren parallel zu Title 42 angewandt wurde. Dieses ist stellenweise schärfer als die Corona-Regeln und sieht unter anderem Strafen für versuchte illegale Grenzübertritte vor.
Derzeit sammeln sich an den Grenzübergängen zehntausende Menschen. Im an Mexiko angrenzenden US-Bundesstaat Texas haben die Städte El Paso, Brownsville und Laredo den Ausnahmezustand erklärt. Dort halten sich bereits hunderte Menschen aus zentralamerikanischen Staaten und südamerikanischen Ländern wie Venezuela und Kolumbien auf.
Biden sagte am Dienstag auf die Frage, ob die USA auf einen Ansturm von Menschen an der Grenze vorbereitet seien: "Das bleibt abzuwarten. Es wird für eine Weile chaotisch sein."
Für den Präsident ist die Krise an der Grenze zu Mexiko politisch äußerst heikel - und die Grenzpolitik ein schwieriger Balanceakt. Die oppositionellen Republikaner werfen dem Demokraten vor, ungehindert hunderttausende Ausländer ins Land zu lassen, und schüren Ängste vor einer Zunahme von Kriminalität und Drogenproblemen.
Eine Gruppe von Senatoren der Republikaner warf der Regierung am Mittwoch vor, "die Krise an unserer Grenze" unterschätzt zu haben. Ihr werde erst "in letzter Minute" klar weden, dass das Ende von Title 42 "verheerende Auswirkungen auf die Sicherheit unserer Nation" haben werde.
Zugleich steht Biden unter dem Druck des linken Flügels seiner Demokratischen Partei. Dort wird dem Präsidenten vorgeworfen, sein Wahlversprechen einer humaneren Flüchtlings- und Einwanderungspolitik nicht einzulösen.
fs/kbh