Berlin: Schaffensraum für ukrainische Künstlerinnen und Künstler

Mit viel Akribie erstellt Sofiia Yesakova eine großflächige Zeichnung. Das Werk soll die getöteten ukrainischen Soldatinnen und Soldaten darstellen. Es ist Teil des Projekts "Art Shelter", angelehnt an "air shelter" für "Luftschutzbunker". In einem ehemaligen Berliner Bordell leben seit Juni Künstlerinnen und Künstler, die wegen des Kriegs aus der Ukraine geflohen sind.

18 Künstlerinnen und Künstler auf 500 Quadratmetern

Sofiia Yesakova ist eine von ihnen. Sie erzählt: "In den ersten zwei Monaten [nach Kriegsbeginn] konnte ich weder einen Stift noch einen Pinsel in die Hand nehmen, keinen klaren Gedanken fassen. Alles schien wegen des Krieges nutzlos und bedeutungslos. Menschen starben, also was hätte ich malen sollen? Aber in meinen letzten zwei Wochen in Kiew und als ich hier ankam, habe ich aufgehört zu verzweifeln und mit dem Zeichnen angefangen."

Deutsche Organisationen haben bei der Gründung des Künstlerkollektivs geholfen. Es nennt sich "Ukrainian Cultural Community". In der 500 Quadratmeter großen Wohnung im zentralen Berliner Stadtteil Charlottenburg leben und arbeiten 18 ukrainische Künstlerinnen und Künstler. Sybill Schulz, eine der Gründerinnen, hebt die guten Voraussetzungen Berlins hervor. "Ich glaube, es ist eine sehr offene Weltstadt. Eine Stadt, wo sich viele Kulturen begegnen und wo wir eben auch viele Räume haben, Menschen unterzubringen, Menschen zu unterstützen, zusammenzubringen."

Geflüchtete bringen eigene Sicht auf die Welt mit

Viktoriia Temnova stammt aus der von russischen Truppen besetzten Stadt Cherson im Süden der Ukraine. Dort war sie eine bekannte Modefotografin. In Berlin präsentiert sie Bilder aus der Stadt vor dem Krieg, um den Menschen das wahre Gesicht ihrer Heimat zu zeigen. Ihre Stadt habe sich völlig verändert, erklärt sie. "Es ist immer noch die Ukraine, aber ohne Regeln. Es sind Leute da, die unserem Volk einfach nur Gewalt antun wollen."

Rund 70.000 ukrainische Geflüchtete leben in Berlin. Sie alle bringen ihre jeweils eigenen Geschichte mit, ihr eigenes Leid und ihre eigenen Hoffnungen, stellt euronews-Reporter Jona Källgren fest: "Migranten und Geflüchtete bringen immer etwas in ihre Ankunftsländer mit. Die Künstlerinnen und Künstler hier in Berlin haben ihre Kunst mitgebracht, ihre eigene Sicht auf die Welt."